Leitartikel

Ist Angelina Jolie naiv oder eine mündige Patientin?

Aus der Geschichte der Angelina Jolie, die sich einer prophylaktischen Mastektomie unterzogen hat, lässt sich allerhand lernen. Unter anderem dies: Alle reden vom mündigen Patienten - doch wehe, er macht von seiner Mündigkeit Gebrauch.

Dr. Robert BublakVon Dr. Robert Bublak Veröffentlicht:
Aus Angst vor Krebs hat sich US-Star Angelina Jolie neue Brüste machen lassen.

Aus Angst vor Krebs hat sich US-Star Angelina Jolie neue Brüste machen lassen.

© Angelika Warmuth / dpa

Angelina Jolie ist Schauspielerin, Drehbuchautorin, Regisseurin - und Trägerin des Brustkrebsgens BRCA1. Sie hat sich deshalb vorsorglich die Brüste abnehmen lassen. Das hat weltweit Aufmerksamkeit erregt.

Jolie hat ihre Entscheidung in der "New York Times" begründet, und von vielen Seiten ist ihre Wahl mit Respekt aufgenommen worden. Eine Reihe von skeptischen Äußerungen ließ indessen erkennen, dass dem mündigen Patienten manchenorts nicht allzu viel zugetraut wird, was seine Entscheidungskompetenz betrifft.

Immer wieder ist dabei von Schicksal die Rede. Der Journalist und Publizist Matthias Matussek etwa fasst seine Gedanken auf "Spiegel Online" unter der Überschrift "Jolie und die Macht des Schicksals" zusammen. "Warum also", fragt er, "führte uns die Hollywood-Aktrice ihre Schnitte in dieser Radikalität vor? Es liegt eine unangenehme kalte Makellosigkeit auch darin - sie demonstrierte, dass das Schicksal beherrschbar ist."

Vielleicht sei genau das der Wahn, von dem wir uns befreien sollten. Matussek klagt über fehlende Transzendenz. Die heutigen Menschen lebten im "Diesseitsreich der unbegrenzten wissenschaftlich-technischen Möglichkeiten". Eine dramatische Seinsverstümmelung, hedonistischer Stress, schlimmer als jede Operation am Busen, seien die Folge. "Denn wir operieren uns den Zufall heraus. Und damit das Glück, die Trauer, den Schmerz. Wir opfern uns als Menschen auf dem Altar der Planbarkeit und totalen Selbstbestimmung."

Jolie berichtet in ihrem Text für die "New York Times", ihre Mutter sei mit 56 Jahren an Krebs gestorben. Vermutlich weiß die Schauspielerin also aus eigener Anschauung, wie viel Verstümmelung des Seins ein Tumorleiden verursachen kann...

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