Kommentar zu Anticholinergika

Kognition im Auge behalten

Für Neurologen mit älteren Patienten heißt es bei der Verordnung von Anticholinergika, den kognitiven Status zu bedenken.

Von Markus Weih Veröffentlicht:

Bisherige Studien zu dieser Thematik waren relativ klein und mit den üblichen Fehlerquellen und Verzerrungen retrospektiver Studien behaftet. Vor allem war bislang unklar, ob es sich nur um die inhärenten Nebenwirkungen handelt, die nach Absetzen rasch abklingen sollten, oder ob wirklich die Grunderkrankung Demenz ungünstig beeinflusst wird. Durch die großen Zahlen in dieser Studie konnten die Medikamente differenzierter betrachtet werden. Die negativen Effekte von Antipsychotika und Trizyklika sind gut bekannt. Sie sollten bei älteren, kognitiv eingeschränkten Patienten sehr vorsichtig, besser gar nicht verordnet werden. Auch bestimmte Blasenmedikamente (Oxybutynin, Solifenacin, Tolterodin, Trospium) wurden als Risikofaktoren identifiziert, ebenso ältere Antiparkinsonmittel wie Biperiden oder Trihexyphenidyl. Bei den Antiepileptika bleibt unklar, welche gemeint sind; es ist ja durchaus ein Unterschied, ob Diazepam oder Carbamazepin / Oxcarbazepin verschrieben wird.

Ansonsten bestätigen sich in etwa die aus anderen Studien bekannten Effektstärken mit Risikosteigerungen für Demenz um etwa 50 Prozent, was kausal gesehen ein kleinerer Effekt ist, sich aber wegen der Häufigkeit der verordneten Medikamente durchaus addiert. Es kann davon ausgegangen werden, dass 10 Prozent der Demenzen durch Optimierung oder Absetzen der Medikation vermeidbar wären. Bessere Zahlen lassen sich für gängigere vermeidbare Risikofaktoren wie Hypertonus, Diabetes, Nikotin und körperliche Inaktivität auch nicht zeigen. Was die Autoren allerdings durch ihr Studiendesign nicht erklären können, ist die Assoziation mit der vaskulären Demenz, wobei unklar bleibt, wie valide die Kriterien in den Hausarztpraxen erhoben wurden und wie stringent eine Kontrolle mit Bildgebung erfolgte.

Für den Neurologen / Psychiater bedeutet dies, dass er den kognitiven Status von älteren Patienten, denen er anticholinerge Psychopharmaka verordnet, im Auge behalten muss.

Professor Markus Weih ist Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Nervenärztliche Gemeinschaftspraxis | Nürnberg

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Große Datenbankanalyse

Schwindel als mögliches Warnsignal für Alzheimer

Das könnte Sie auch interessieren
Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

© Aleksandr | colourbox.de

Fatal verkannt

Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

© polkadot - stock.adobe.com

Vitamin-B12-Mangel

Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
B12-Mangel durch PPI & Metformin

© Pixel-Shot - stock.adobe.com

Achtung Vitamin-Falle

B12-Mangel durch PPI & Metformin

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Sexuelle Dysfunktion unter Antidepressiva!

© zoranm | gettyimages (Symbolbild mit Fotomodellen)

Metaanalyse

Sexuelle Dysfunktion unter Antidepressiva!

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Photosensibilisierung: So schützen Sie Ihre Patienten

© Studio4 | iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Sommer, Sonne, Nebenwirkung?

Photosensibilisierung: So schützen Sie Ihre Patienten

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Prognostizierbares Therapieansprechen?

© Stockbyte | gettyimages (Symbolbild mit Fotomodellen)

Antidepressiva

Prognostizierbares Therapieansprechen?

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 2: AIOLOS-Studie: Therapieabbrüche nach Gründen

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [3]

Aktive schubförmige Multiple Sklerose

Ofatumumab: Wachsende Evidenz stützt frühe hochwirksame Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg
Abb. 1: Alle Kinder hatten B-Zell-Werte im altersspezifischen Normbereich

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [5]

MS-Therapie in Schwangerschaft und Stillzeit

Ocrelizumab: einfache und flexible Therapie in jeder Lebensphase

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen
Abb. 1: CHAMPION-NMOSD – Zeit bis zum ersten bestätigten Schub bei Patientinnen und Patienten mit NMOSD (primärer Endpunkt)

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [7]

Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen

Mit Ravulizumab Schubfreiheit erreichen

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: Alexion Pharma Germany GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Studie mit über 10.000 Personen

Leberzirrhose: Niedrigere Komplikationsrate unter SGLT-2-Inhibitoren

Lesetipps
Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung

HSK im Fokus: Der Hauptstadtkongress 2024 findet von 26. bis 28. Juni in Berlin statt.

© Rolf Schulten

Themenseite

Hauptstadtkongress: Unsere Berichte im Überblick