Frakturen

Kompostierbare Schiene für kaputte Knochen

Weil man sie kompostieren kann, soll eine Schiene für Knochenbrüche helfen, Müll zu vermeiden.

Veröffentlicht:
Bei Knochenbrüchen könnte bald eine kompostierbare Schiene helfen.

Bei Knochenbrüchen könnte bald eine kompostierbare Schiene helfen.

© Mareen Friedrich / Fotolia

POTSDAM. Eine neue Schiene zur Ruhigstellung von Knochenbrüchen, die während der Behandlung mehrfach nachgeformt werden kann, hat das Potsdamer Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP zusammen mit der Firma Nölle Kunststofftechnik entwickelt. Das Nachformen eigne sich etwa, wenn die Schwellung nachlässt. Nach der Nutzung könne die Schiene kompostiert werden, teilt das IAP mit.

Möglich mache die Form- und Kompostierbarkeit der biobasierte Kunststoff Polymilchsäure (PLA). Beim Biopolymer-Kongress, der am 21. und 22. Mai 2019 in Halle/Saale stattfand, habe das Produkt namens RECAST den zweiten Preis des Biopolymer Innovation Awards erhalten, der für Produktneuheiten aus kompostierbaren Kunststoffen vergeben wurde.

Die Schiene funktioniere so, dass vorgeformte Teile aus PLA in verschiedenen Größen eingesetzt würden. Die Schienen würden auf 55 bis 65 °C erwärmt. Der nun formbare Kunststoff werde dann an die entsprechende Körperstelle angepasst. Etwa fünf Minuten dauere dieser Vorgang. Sollten Korrekturen notwendig sein, könne die erhärtete Schiene einfach erneut erwärmt werden.

“Wir möchten den Anwendern in Arztpraxen und Krankenhäusern eine schnellere, saubere und vor allem individuelle Versorgung Ihrer Patienten ermöglichen. Für die Patienten soll die Schiene in erster Linie deutlich bequemer und leichter sein“, wird Anselm Gröning, Geschäftsführer der Nölle Kunststofftechnik GmbH, in der Mitteilung zitiert. “Gleichzeitig war uns wichtig, einen Kunststoff einzusetzen, der Müll vermeidet, biologisch abbaubar, bezahlbar und nicht giftig ist“, so Gröning.

Große Anforderungen an das Material

Bei der Entwicklung des Materials arbeitete der Kunststoffverarbeiter eng mit den Polymerentwicklern des Fraunhofer IAP in Potsdam-Golm zusammen. “Die Anforderungen an das Material waren vielschichtig. Beispielsweise sollte es nur eine halbe bis drei Minuten verformbar bleiben und danach bei Körpertemperatur hart und stabil werden. Die Form sollte zudem mehrfach nachjustiert werden können“, erklärt Helmut Remde, der Leiter des Verarbeitungstechnikums am Fraunhofer IAP, in der Mitteilung.

Das Forscherteam entschied sich für den Einsatz von PLA, obwohl es für die meisten Anwendungen einen großen Nachteil hat: Er wird bereits bei etwa 58 °C weich. Für den Einsatz als orthopädische Schiene sei der niedrige thermische Erweichungspunkt von PLA jedoch ein großer Vorteil. Somit könne das Produkt mehrfach und schnell durch Erwärmen nachgeformt werden, heißt es.

Der Einsatz von PLA bringe noch einen weiteren entscheidenden Nutzen mit sich: Es ist bioabbaubar. Während der überwiegende Anteil an gängigen Immobilisationsmitteln große Mengen an Kunststoffmüll erzeuge, der in Mülldeponien entsorgt und verbrannt werde, können die PLA-Schienen im Industriekomposter biologisch abgebaut werden. “Auf diesem Weg könnten etwa 80 Prozent Abfall vermieden werden. 20 Prozent des Kunststoffabfalls könnten zudem allein durch die Möglichkeit der Wiederverwendung eingespart werden“, erklärt Gröning. Aktuell würde diese Kompostierung allerdings nur beim Einsatz in Arztpraxen oder privat über die Biotonne funktionieren, wenden die Forscher ein. Krankenhäuser haben eigene Müllkonzepte, bei denen Kompostierung nicht vorgesehen ist.

Um die Schiene für Patienten noch komfortabler zu machen, erhalten die RECAST-Produkte auch eine Vlies-Polsterung aus PLA und Viskose, die gemeinsam mit dem Sächsischen Textil Forschungsinstitut in Chemnitz entwickelt wurde. Auch diese ist bioabbaubar. (eb)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Nicht-medikamentöse Behandlung

Sport bei Kniegelenksarthrose? Move it or loose it!

Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: sPGA-Ansprechen über zwei Jahre

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [1]

Psoriasis-Therapie bei Kindern und Erwachsenen

PDE-4-Hemmer: erste orale Systemtherapie für Kinder − auch bei besonderen Manifestationen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Amgen GmbH, München
CRP-Wert-unabhängig therapieren mit Ixekizumab

© Sebastian Kaulitzki / stock.adobe.com

Axiale Spondyloarthritis (axSpA)

CRP-Wert-unabhängig therapieren mit Ixekizumab

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg v. d. H.
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Alter für Indikationsimpfung herabgesetzt

STIKO ändert Empfehlung zur Herpes zoster-Impfung

Lesetipps
Mammografie-Screening bei einer Patientin

© pixelfit / Getty Images / iStock

Prävention

Mammografie-Screening: Das sind Hindernisse und Motivatoren

Patient mit Hypoglykämie, der seinen Blutzuckerspiegel mit einem kontinuierlichen Blutzuckermesssensor und einer Smartphone-App überwacht.

© martenaba / stock.adobe.com

Trotz Schulung

Die wenigsten Diabetes-Patienten reagieren adäquat auf Hypoglykämie