Kinderonkologen

Kooperation beschert krebskranken Kindern mehr Lebenszeit

Die meisten Kinder mit Krebs sind in klinische Studien eingebunden und profitieren so am meisten von der Therapie.

Peter LeinerVon Peter Leiner Veröffentlicht:
Krebskranke Kinder haben mittlerweile gute Überlebenschancen.

Krebskranke Kinder haben mittlerweile gute Überlebenschancen.

© imago/Olaf Döring

MÜNSTER. Da es sich bei pädiatrischen Tumoren um seltene Erkrankungen mit meist tödlichem Ausgang handelte, entschlossen sich bereits in den frühen 1970er-Jahren Kinderonkologen für eine systematische Zusammenarbeit.

Im Zusammenhang mit der akuten lymphatischen Leukämie (ALL) arbeiten inzwischen mehr als 70 Kliniken in Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammen.

Auch aus anderen Ländern wie Italien steuern immer mehr Kinderonkologen ihre Erfahrungen bei.

Studie zu endokrinen Tumoren

Um den Kampf gegen pädiatrische Tumoren zu stärken, vereinigten sich 1991 die Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Leukämieforschung und die Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie zur Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH).

Wie Dr. Claudia Rössig von der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin - Pädiatrische Hämatologie und Onkologie in Münster und ihre Kollegen berichten, werden mehr als 90 Prozent der Kinder und Jugendlichen mit Krebserkrankung in Multicenter- und Registerstudien aufgenommen, zum Beispiel in die GPOH-MET Registerstudie zur Erfassung maligner endokriner Tumoren (Pediatric Blood & Cancer 2013; online: 5 Juni).

Insgesamt betrachtet konnte die Fünfjahres-Überlebensrate von weniger als 20 Prozent vor 1950 auf mehr als 80 Prozent bei jenen Kindern angehoben werden, bei denen Krebs zwischen 1995 und 2004 diagnostiziert worden war.

Zwischen 2000 und 2009 wurde in Deutschland bei Kindern unter 15 Jahren mit einem Anteil von 25,9 Prozent am häufigsten eine ALL diagnostiziert.

Seltener waren unter anderem Neuroblastome (7,2 Prozent), Wilms-Tumor (5,4 Prozent), Non-Hodgkin-Lymphom (5 Prozent), Hodgkin-Lymphom (4,9 Prozent) und akute myeloische Leukämie (4,6 Prozent).

Fünfjähres-Überlebensrate von 90 Prozent

Ein Musterbeispiel für die erfolgreiche Entwicklung kurativer Therapiestrategien sind Kinder mit ALL. Denn durch die gemeinsamen Anstrengungen von Kinderonkologen in Deutschland und sechs weiteren Ländern konnte eine Fünfjahres-Überlebensrate von 90 Prozent erzielt werden.

Um die Therapie weiter zu optimieren, läuft seit 2003 die internationale, prospektive ALL-SCT BFM-Studie, in der der Nutzen einer Transplantation allogener hämatopoetischer Stammzellen geprüft wird.

Auch bei Kindern mit einem Neuroblastom sind Erfolge in der Therapie zu verzeichnen. So konnte bei Kindern im Stadium 4 der Erkrankung durch eine intensive Kombi-Chemotherapie eine Fünfjahres-Überlebensrate von 33 Prozent erzielt werden - allerdings mit einem nicht akzeptabel hohen Risiko für Todesfälle im Zusammenhang mit der Behandlung.

Die Applikation des Zytokins G-CSF zur Prophylaxe konnte zumindest neutropenisches Fieber bekämpfen. Sekundäre Leukämien zwangen die Onkologen aber dann dazu, die Etoposid-haltige Erhaltungstherapie zu ändern.

2005 konnte in einer Studie belegt werden, dass die Kinder im Vergleich zu einer Erhaltungschemotherapie von einer Hochdosis-Chemotherapie mit anschließender Stammzelltransplantation mehr profitieren.

Studie mit Patienten aus 19 Ländern

Bei manchen Kindern mit lokalisiertem Tumor oder im asymptomatischen 4S-Stadium kann sogar eine Chemotherapie weggelassen werden ("watch and wait"-Strategie), und zwar bei jenen, deren MYCN-Gen nicht übermäßig exprimiert wird.

Mit dieser Strategie kann 57 Prozent dieser Patienten, selbst mit nicht resezierbarem Neuroblastom, eine Chemo erspart werden, ohne die Gesamtüberlebensrate von 98 Prozent zu reduzieren.

Die Kinderonkologen sind nun vor neue Herausforderungen gestellt. Wegen der vergleichsweise seltenen Erkrankungen versuchen sie, die Phase der Aufnahme von Patienten in die Studien zu verkürzen, in dem noch mehr internationale Zentren für eine Teilnahme an entsprechenden Studien geworben werden.

Wie Rössig und ihre Kollegen berichten, werden in eine Studie zu rezidivierter ALL Patienten aus 19 Ländern auf drei Kontinenten aufgenommen.

Und noch eine Schwierigkeit, mit denen Kinderonkologen zu kämpfen haben: Erhöhte Kosten und zunehmende Bürokratisierungen würden dazu führen, dass viele klinische Studien nicht mehr als solche weitergeführt werden könnten, sondern als Registerstudien, wodurch die Gewinnung von Daten begrenzt sei, so die Wissenschaftler.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Erfolg aufs Spiel gesetzt

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