Krebs durch Infektionen

Krebs durch Impfung und Screening oft vermeidbar

Viele Malignome haben ihren Ursprung in einer Infektion. Mehr Prävention sowie frühe Therapien könnten weltweit für Entlastung sorgen.

Von Dr. Christine Starostzik Veröffentlicht:
Impfen kann vor Krebs schützen: Elf verschiedene Bakterien, Viren und Parasiten werden derzeit für die Entwicklung von Karzinomen verantwortlich gemacht.

Impfen kann vor Krebs schützen: Elf verschiedene Bakterien, Viren und Parasiten werden derzeit für die Entwicklung von Karzinomen verantwortlich gemacht.

© RAM / fotolia.com

LYON. Schätzungen zufolge entstehen 15,4 Prozent aller Krebserkrankungen durch Infektionen. Eine französische Studie macht deutlich, wie stark das jeweilige Infektions- beziehungsweise Krebsrisiko von der geografischen Region und den Lebensumständen der Menschen abhängen. So sind in weniger entwickelten Ländern nahezu ein Viertel der Krebserkrankungen infektionsbedingt.

Elf verschiedene Bakterien, Viren und Parasiten werden derzeit für die Entwicklung von Karzinomen verantwortlich gemacht. Martyn Plummer und Kollegen von der International Agency for Research on Cancer (IARC) in Lyon haben aus der Prävalenz von Infektionen bei Malignompatienten und dem relativen Infektionsrisiko für verschiedene Länder berechnet, wie viele Krebsfälle im Jahr 2012 auf eine Infektion zurückzuführen waren (attributable fraction, AF).

Weltweit häufigster Erreger: Helicobacter pylori

Der weltweit häufigste Erreger bei Patienten mit neu diagnostizierten Karzinomen im Jahr 2012 war Helicobacter pylori mit 770.000 Fällen von Magenkarzinom, gefolgt von Humanen Papillomaviren (HPV, 640.000 Fälle von Zervix-, Penis-, Anal- Vulva-, Vaginal-, Oropharynx-, Mundhöhlen- und Larynxkarzinom), Hepatitis-B-Virus (HBV, 420.000 Fälle von Leberkarzinom), Hepatitis-C-Virus (HCV, 170.000 Fälle von Leber- und Non-Hodgkin-Lymphom) und Epstein-Barr-Virus (EBV, 120.000 Fälle von Hodgkin-Lymphom, Burkitt-Lymphom und Nasopharyxkarzinom).

H. pylori, HPV, HBV und HCV machen zusammen weltweit 92 Prozent aller infektionsbedingten Krebserkrankungen aus. Als weitere karzinogene Erreger gelten HIV Typ 1, Humanes Herpesvirus Typ 8 (HHV-8 bzw. Kaposi-Sarkom-Herpesvirus), humanes T-lymphotropes Virus 1 (HTLV-1, T-Zell-Leukämien und Lymphome), Opisthorchis viverrini (Gallengangkarzinom), Clonorchis sinensis (Gallengangkarzinom) sowie Schistosoma haematobium (Blasenkarzinom).

Die Anteile infektionsbedingter Krebserkrankungen schwankt

Bei einer HIV-Infektion steigt das Krebsrisiko in Verbindung mit anderen karzinogenen Krankheitserregern. Wegen der Schwierigkeiten bei der Einschätzung der AF wurde HIV aus den Berechnungen ausgeschlossen.

Je nach geografischer Lage und Entwicklungsstand des Landes variierten die Anteile infektionsbedingter Krebserkrankungen (Lancet Glob Health 2016; 4:e609-16).

Am höchsten waren die AF-Quoten in den Ländern mit dem niedrigsten HDI (Human Development Index) und umgekehrt. In den USA, Kanada, Australien, Neuseeland und einigen Ländern West- und Nordeuropas etwa lag der AF unter 5 Prozent, während er in einigen Ländern Afrikas südlich der Sahara und in der Mongolei mehr als 40 Prozent erreichte.

Vermeidung durch frühe Therapie

Insgesamt erstreckte sich die Spanne von 3,6 Prozent in Schweden bis > 50 Prozent in Malawi und Mosambik. HHV-8-bedingte Karzinome etwa kommen in hoher Zahl nur in unterentwickelten Ländern vor (14 vs. 2 Prozent weltweit). Krebserkrankungen durch H. pylori dagegen sind auch in hoch und sehr hoch entwickelten Ländern von Bedeutung. Unabhängig vom Entwicklungsstand des Landes fanden sich höhere AF generell bei den jüngeren Altersgruppen zwischen 40 und 45 Jahren.

Die Autoren gehen davon aus, dass viele infektionsbedingte Krebserkrankungen durch Prävention oder frühe Therapie vermieden werden könnten. Hierzu wären unter anderem bevölkerungsweite Impfaktionen sowie Screening- und Therapieprogramme nötig, vor allem in den weniger entwickelten Ländern.

In Japan und Korea etwa haben Magenkarzinome trotz besonders hoher Inzidenz in diesen Ländern eine außerordentlich gute Prognose, was auf die nationalen endoskopischen Screening-Programme zurückgeführt wird. Dagegen werden hohe Zervix-Ca-Raten, abgesehen von hohen Prävalenzen an HPV-Infektionen, auf mangelndes Screening und Nichtbehandlung von Präkanzerosen zurückgeführt.

Plummer und Kollegen weisen auf den Wert von Impfungen gegen HBV und HPV sowie auf eine "Screen-and-Treat-Strategie" für HPV und HCV hin. Nicht zuletzt könne u. a. auch mit einer frühen kombinierten antiretroviralen Therapie HIV-positiver Personen die Entwicklung eines Karposi-Sarkoms, der zweithäufigsten Krebsart in Subsahara-Afrika, in den meisten Fällen verhindert werden.

Mehr zum Thema

Sie fragen – Experten antworten

Impfung gegen Gelbfieber: Ist eine Auffrischung nötig?

ARE in Grafiken

Weniger Praxisbesuche wegen Atemwegsinfektionen

Das könnte Sie auch interessieren
Alarmierender Anstieg: Hautpilz aus dem Barbershop

© David Pereiras | iStock (Symboldbild mit Fotomodell)

Dermatomykosen

Alarmierender Anstieg: Hautpilz aus dem Barbershop

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Effektive Therapie von Nagelpilz: Canesten® EXTRA Nagelset

© Irina Tiumentseva | iStock

Onychomykosen

Effektive Therapie von Nagelpilz: Canesten® EXTRA Nagelset

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Porträts: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

© Portraits: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

„ÄrzteTag extra“-Podcast

Die Schilddrüse tickt in jedem Lebensalter anders

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt am Main
Abb. 1: Studie DECLARE-TIMI 58: primärer Endpunkt „kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz“ in der Gesamtkohorte

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [4]

Diabetes mellitus Typ 2

Diabetes mellitus Typ 2 Präventiv statt reaktiv: Bei Typ-2-Diabetes mit Risikokonstellation Folgeerkrankungen verhindern

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg

ADHS im Erwachsenenalter

Wechseljahre und ADHS: Einfluss hormoneller Veränderungen auf Symptomatik und Diagnose

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MEDICE Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG, Iserlohn
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Willkommenskultur

Neu im Team? Was Praxen beim Onboarding beachten sollten

Interview mit Leitlinien-Koordinator

Gonarthrose-Therapie: „Nur wenige Maßnahmen wirken“

Lesetipps
Der Rücken eines Mannes mit Gürtelrose zeigt Vesikel.

© Chinamon / stock.adobe.com

Alter für Indikationsimpfung herabgesetzt

STIKO ändert Empfehlung zur Herpes zoster-Impfung

Mammografie-Screening bei einer Patientin

© pixelfit / Getty Images / iStock

Prävention

Mammografie-Screening: Das sind Hindernisse und Motivatoren