Akute Myeloische Leukämie

Künstliche Intelligenz erkennt Blutkrebs

Künstliche Intelligenz hat für die Diagnostik bei Akuter Myeloischer Leukämie großes Potenzial. Das Verfahren könnte die herkömmliche Diagnostik unterstützen und den Therapiebeginn beschleunigen.

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Künstliche Intelligenz: Offenbar auch eine Chance für eine bessere und schnellere Leukämie-Diagnostik.

Künstliche Intelligenz: Offenbar auch eine Chance für eine bessere und schnellere Leukämie-Diagnostik.

© Andrea Danti / stock.adobe.com

Bonn. Künstliche Intelligenz kann eine Akute Myeloische Leukämie (AML) mit hoher Zuverlässigkeit erkennen. Das haben Forscher des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und der Universität Bonn in einer Machbarkeitsstudie nachgewiesen (iSciene 2019; online 18. Dezember).

Ihr Ansatz beruht auf der Analyse der Genaktivität von Zellen im Blut, teilen das DZNE und die Uni Bonn mit.

Fingerabdruck der Genaktivität

Den Forschern um Professor Joachim Schultze, Forschungsgruppenleiter am DZNE und Leiter der Abteilung Genomik und Immunoregulation am LIMES-Institut der Uni Bonn, ging es dabei um das „Transkriptom“, einer Art Fingerabdruck der Genaktivität. In jeder Körperzelle sind ja – je nach deren Zustand – immer nur bestimmte Gene „eingeschaltet“, was sich im Profil der Genaktivität widerspiegelt.

„Das Transkriptom enthält wichtige Informationen über den Zustand von Zellen. Die klassische Diagnostik beruht jedoch auf anderen Daten. Wir wollten deshalb herausfinden, was eine Analyse des Transkriptoms mit Hilfe künstlicher Intelligenz, also mittels lernfähiger Algorithmen, leisten kann“, wird Schultze in der gemeinsamen Mitteilung von DZNE und Uni Bonn zitiert. „Langfristig möchten wir diesen Ansatz auf weitere Fragestellungen anwenden, insbesondere im Bereich der Demenzerkrankungen.“

Die Forscher haben Messdaten von mehr als 12.000 Blutproben – diese stammten aus 105 verschiedenen Studien – berücksichtigt: der bislang größte Datensatz für eine Metastudie über AML. Rund 4100 dieser Blutproben kamen von Personen mit AML, wie es in der Mitteilung heißt. Die übrigen seien von Personen mit anderen Erkrankungen gewesen oder von Personen, die als gesund eingestuft worden waren.

Hohe Trefferquote

Die Wissenschaftler fütterten ihre Algorithmen mit Teilen dieses Datensatzes. Zum Input gehörte, welche Proben von AML-Patienten stammten und welche nicht. Die Algorithmen suchten dann im Transkriptom nach krankheitstypischen Mustern.

Mit der in diesem Prozess des maschinellen Lernens erworbenen Mustererkennung wurden dann weitere Daten von den Algorithmen analysiert und in Proben mit AML und ohne AML klassifiziert. „Uns war die Zuordnung, so wie sie in den Originaldaten verzeichnet war, natürlich bekannt, der Software jedoch nicht. Insofern konnten wir die Trefferquote überprüfen. Diese lag bei einigen Verfahren oberhalb von 99 Prozent. Wir haben diverse Verfahren aus dem Repertoire der künstlichen Intelligenz getestet. Es gab tatsächlich einen Algorithmus, der besonders gut war, aber die anderen lagen nur knapp dahinter“, erklärt Schultze in der Mitteilung.

Anwendung in der Praxis?

In der Praxis eingesetzt, könnte dieses Verfahren herkömmliche Diagnosemethoden unterstützen und helfen, Kosten zu sparen, meint der Bonner Wissenschaftler: „Prinzipiell könnte eine Blutprobe ausreichen, die der Hausarzt entnimmt und zur Analyse an ein Labor weiterleitet. Ich würde schätzen, dass die Kosten unterhalb von 50 Euro liegen.“

Die klassische AML-Diagnostik sei sehr umfangreich. Einzelne Verfahren daraus würden pro Durchlauf mit einigen hundert Euro zu Buche schlagen. Schultze: „Allerdings haben wir noch keinen praxistauglichen Test entwickelt. Wir haben nur gezeigt, dass das Verfahren prinzipiell funktioniert. Also Grundlagen dafür gelegt, dass man einen Test entwickeln kann.“ (eb)

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