Kooperation | In Kooperation mit: Sanofi-Aventis

Struma nodosa

Malignität von Schilddrüsenknoten bei Erstdiagnose und im Verlauf

Wie hoch ist die Malignitätsrate von Schilddrüsenknoten in der Primär-/Sekundärversorgung? Dieser Frage sind Forscher aus Deutschland und Großbritannien nachgegangen. Ihre Antwort: Die Malignitätsrate ist viel niedriger als bisher berichtet.

Veröffentlicht:
Sind Schilddrüsen-Knoten größer als ein Zentimeter, müssen sie  durch einen Spezialisten mittels Sonographie nach TIRADS abgeklärt werden.

Sind Schilddrüsen-Knoten größer als ein Zentimeter, müssen sie durch einen Spezialisten mittels Sonographie nach TIRADS abgeklärt werden.

© NoSystem images / Getty Images / iStock

Steht der Befund „Schilddrüsenknoten“, konfrontieren die Patienten die behandelnden Ärzte häufig mit der Frage nach dem Malignitätsrisiko. Doch gerade diesbezüglich liefert die Literatur unterschiedliche Angaben, wonach 5-20 Prozent der Schilddrüsenknoten maligne entartet sind. Dabei bleibt meist offen, um welches Kollektiv es sich dabei handelt: alle sonographisch nachgewiesenen Schilddrüsenknoten, alle punktierten oder alle operierten Knoten?

Kaum Daten zur Malignitätsrate von allen sonographisch nachgewiesenen Schilddrüsenknoten

„Leider gibt es vor allem zur Malignitätsrate von allen sonographisch nachgewiesenen Schilddrüsenknoten kaum wissenschaftliche Arbeiten. Somit ist davon auszugehen, dass die publizierten Raten nicht der Praxis entsprechen und ein falsches Bild erzeugen. Denn in vielen Studien erfolgte die Berechnung der Malignitätsraten auf Basis der Patienten mit Schilddrüsenknoten, bei denen eine Feinnadelpunktion, eine Operation oder beides vorgenommen wurde. Alle anderen Schilddrüsenknoten wurden in der Regel nicht berücksichtigt. Das erklärt zum Teil die hohen Malignitätsraten in der Literatur“, so Professor Dr. med. Martin Grußendorf, Endokrinologe am Uniklinikum Düsseldorf und Erstautor der Studie.

Darüber hinaus würden viele Publikationen aus tertiären Zentren, sprich aus Universitätskliniken oder anderen spezialisierten Institutionen, und nicht aus der hausärztlichen (primäre Zentren) oder fachärztlichen Praxis (sekundäre Zentren) stammen. Da aber besonders in den tertiären Zentren suspekte, weiterabzuklärende Befunde kumulieren, komme es durch diese ausgeprägte Präselektion zu einer weiteren Verzerrung des Malignitätsrisikos.

Daten ausgewertet von 18.000 Patienten aus primären/sekundären Zentren

Grußendorf: „Dies war der Grund für die Auswertung von 17.952 Patientendaten von 1989 bis 2003 aus einem primären/sekundären Zentrum der thyreologischen Grundversorgung. Die Einschlusskriterien waren das Vorliegen einer Struma nodosa mit mindestens einem Schilddrüsenknoten einer Größe von über einem Zentimeter. Die Erhebung zeigte, dass lediglich 189 Patienten ein relevantes Schilddrüsenkarzinom aufwiesen. Dies entspricht einer Malignitätsrate von 1,1 Prozent.“

Zwei weitere Gründe für die stark variierenden Malignitätsraten in der Literatur seien der zunehmende histologische Nachweis von papillären Mikrokarzinomen und eine fehlende beziehungsweise zu kurze Nachbeobachtung (Follow-Up) im Studiendesign. So könne beispielsweise das Einbeziehen von papillären Mikrokarzinomen sowohl die Inzidenz als auch die Prävalenz von Schilddrüsenmalignomen stark beeinflussen.

Wer in der Breite sucht, der wird auch vieles finden

Grußendorf: „Ein Paradebeispiel dafür war das 1999 neu eingeführte, kostenfreie Schilddrüsenscreening mittels Sonographie in Südkorea. Dadurch kam es zu einer deutlichen Überdiagnostik von Schilddrüsenkrebs. Unabhängig davon ist es sinnvoll, ein Follow-Up im Studiendesign zu implementieren, um auch initial nicht verdächtigte Schilddrüsenknoten weiter zu beobachten. In unserem Kollektiv wurde ein Großteil der Malignome, ganze 82,0 Prozent, im ersten Jahr diagnostiziert, weitere 13,2 Prozent nach zwei bis fünf Jahren, 4,8 Prozent nach fünf bis zehn Jahren und keines nach zehn Jahren. Daraus ergibt sich für uns, dass man auf jahrelange sonographische Kontrollen unauffälliger Schilddrüsenknoten verzichten kann.“

Zusammenfassend lasse sich sagen, dass in der thyreologischen Grundversorgung eine deutlich niedrigere Karzinomprävalenz als in den tertiären Zentren zu finden ist – lediglich 1,1 Prozent. Der Unterschied zu den bisherigen Publikationen sei durch die einbezogenen Patientenkohorten, die unterschiedliche Präselektion der Probanden, eine fehlende oder nur kurze Nachbeobachtung sowie durch den Einschluss von papillären Mikrokarzinomen bedingt.

Bei symptomlosen Patienten auf Griff zum Schallkopf verzichten

Grußendorf: „Es setzt sich immer mehr durch, dass bei symptomlosen Patienten auf eine Ultraschalluntersuchung verzichtet werden sollte. Nach einer indizierten Sonographie oder bei einem Zufallsbefund gilt es, Knoten größer als ein Zentimeter durch einen Spezialisten mittels Sonographie nach TIRADS und gegebenenfalls eines Technetium-Szintigramms abklären zu lassen, um die Patienten für eine Feinnadelpunktion und eine eventuelle Operation zu selektionieren. Allgemein kann die erstmalig beschriebene niedrige Malignitätsrate von 1,1 Prozent die Sorge vor einer hohen Entartungsrate neuentdeckter Schilddrüsenknoten vermindern und dazu betragen, überflüssige Therapien, vor allem Operationen, und unnötige jahrelange Verlaufskontrollen zu reduzieren“

Quellen:


Mehr zum Thema

Schilddrüsen-Check

Latente Hyperthyreose verdoppelt Risiko für Vorhofflimmern

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Führen den BVKJ: Tilo Radau (l.), Hauptgeschäftsführer, und Präsident Michael Hubmann im Berliner Büro des Verbands.

© Marco Urban für die Ärzte Zeitung

Doppel-Interview

BVKJ-Spitze Hubmann und Radau: „Erst einmal die Kinder-AU abschaffen!“

Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch.

© Rolf Schulten

Interview

Diakonie-Präsident Schuch: Ohne Pflege zu Hause kollabiert das System