Kardiologie

Phosphodiesterase 2: Neues Target bei Herzschwäche?

Das Enzym Phosphodiesterase 2 (PDE2) senkt im Herzen die Schlagfrequenz. Und: Höhere Mengen von PDE2 schützen vor Arrhythmien und wirken nach Herzinfarkt einem Pumpversagen entgegen.

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MANNHEIM. Forscher aus Deutschland und Frankreich melden einen neuen Ansatzpunkt für eine Therapie bei Herzinsuffizienz. Es geht um das Enzym Phosphodiesterase 2, kurz PDE2, ein potenzielles Bindeglied zwischen NP(natriuretisches Peptid)-Signalkaskaden und dem Schutz vor toxischer Sympathikus-Aktivierung.

Herzinsuffizienz zeichnet sich ja durch dauerhafte Aktivierung des sympathischen Nervensystems und des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) aus sowie durch vermehrte Bildung natriuretischer Peptide (NP), erinnert die Universitätsmedizin Mannheim in einer Mitteilung zu den neuen Forschungsergebnissen.

Sympathikus und RAAS werden blockiert

Während Sympathikus- und RAAS-Aktivierung zunächst zur Aufrechterhaltung der Herzleistung und des Blutdrucks entscheidend beitragen, führt eine dauerhafte Aktivierung der beiden Systeme zu einem molekularen und strukturellen Umbau des Herzgewebes. Die zentralen Strategien bei Herzinsuffizienz zielen entsprechend darauf ab, diese beiden Systeme zu hemmen: Sympathikus mit ß-Blocker und RAAS zum Beispiel mit AT1-Blocker.

Natriuretische Peptide wirken nach heutigem Verständnis sowohl der RAAS-Aktivierung als auch den Umbauprozessen des Herzgewebes entgegen. Seit 2015 ist ein dualer Wirkstoff (LCZ696) zur Therapie bei Herzinsuffizienz zugelassen, der den AT1-Blocker Valsartan mit Sacubitril, einem Inhibitor des NP-degradierenden Enzyms Neprilysin, kombiniert. Im Vergleich zur Standardtherapie, der einfachen Hemmung des RAAS, traten in klinischen Studien mit LCZ696 weniger Todesfälle auf.

Natriuretische Peptide erneut im Fokus

Mit dem Erfolg dieses Wirkstoffs rückten natriuretische Peptide erneut in den Fokus der Herzinsuffizienztherapie, so die Universitätsmedizin Mannheim in ihrer Mitteilung. Bislang sei allerdings der Mechanismus, über den Sacubitril seine positive Wirkung entfaltet, weitgehend ungeklärt.

Eine Forschergruppe, die sich aus Wissenschaftlern aus Mannheim, Göttingen/Dresden und Paris zusammensetzt, beschäftigt sich mit dem Enzym Phosphodiesterase 2 (PDE2). PDE2 ist ein potenzielles Bindeglied zwischen NP-Signalkaskaden und dem Schutz vor toxischer Sympathikus-Aktivierung.

cAMP und cGMP stehen sich gegenüber

In der Herzmuskelzelle stehen sich auf molekularer Ebene zyklisches Adenosinmonophosphat (cAMP) als Effektor der ß-adrenergen Signalkaskade und zyklisches Guanosinmonophosphat (cGMP) als Effektor des NP-Signalwegs gegenüber.

PDE2 baut cAMP ab und wird durch cGMP in hohem Maße aktiviert: Die Bindung von cGMP steigert den PDE2-abhängigen Abbau von cAMP um ein Vielfaches und hemmt auf diese Weise die Folgen einer Sympathikus-Aktivierung in der Herzmuskelzelle.

Erhöhte PDE2-Spiegel

Vorarbeiten der Arbeitsgruppe hätten ergeben, dass bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz der Spiegel an PDE2 im Herzen erhöht ist, heißt es in der Mitteilung.

Um die Bedeutung von PDE2 im Zusammenhang mit der chronischen Aktivierung des Sympathikus aufzuklären, verfolgten die Wissenschaftler zwei experimentelle Ansätze: Zum einen erhöhten sie die Expression von PDE2 spezifisch in Herzmuskelzellen der Maus, zum anderen untersuchten sie den Effekt eines PDE2-spezifischen Hemmstoffs im Tiermodell.

Die Ergebnisse (Circulation Research 2016, online 31. Oktober) belegen, dass PDE2 im Herzen eine die Schlagfrequenz senkende Wirkung hat und höhere Mengen von PDE2 sowohl vor Arrhythmien schützen als auch einem nach Herzinfarkt einsetzenden Pumpversagen entgegenwirken.

Ansatz: Direkte Aktivierung von PDE2

Die Ergebnisse stellen deshalb PDE2 ins Zentrum eines Mechanismus, der vor erhöhter Sympathikus-Aktivierung in Herzmuskelzellen schützt, so die Universitätsmedizin Mannheim in ihrer Mitteilung. Trotz der Hochregulation von PDE2 im kranken Herzen scheine dieser protektive Effekt ohne zusätzliche Bereitstellung von cGMP jedoch nicht ausreichend zu sein.

Aus dieser Erkenntnis erwachse ein neuer vielversprechender Ansatz, den die Arbeitsgruppe derzeit experimentell verfolgt, nämlich die direkte Aktivierung der PDE2. Neben der indirekten Aktivierung, wie sie bei der Hemmung des NP-Abbaus durch Sacubitril zu erwarten ist, könnte die direkte PDE2-Aktivierung eine neue therapeutische Option zur Therapie bei chronischer Herzinsuffizienz darstellen. (eb)

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