Schilddrüse

Schalter für Hormonproduktion entdeckt

Wie ist es möglich, dass TSH, Autoantikörper und Mutationen unabhängig voneinander die gleiche aktivierende Wirkung auf die Schilddrüse haben können? Die Antwort dafür liegt im TSH-Rezeptor selbst. Leipziger Forscher erhoffen sich nun neue Therapieansätze.

Veröffentlicht:

LEIPZIG. Obwohl Schilddrüsenerkrankungen in der Bevölkerung sehr häufig vorkommen, konnte die Wissenschaft bisher eine grundlegende Frage dazu nicht ausreichend beantworten: Wie wird die Produktion von Hormonen in der Schilddrüse eigentlich molekular reguliert?

Wissenschaftler der Universität Leipzig haben nun unter der Leitung von Professor Torsten Schöneberg in einer Studie wichtige Erkenntnisse über diesen Prozess gewonnen (The Journal of Biological Chemistry 2015; online 18. November).

Die Resultate ihrer Arbeit liefern auch neue Ansätze, wie Erkrankungen der Schilddrüse und auch anderer, ähnlich funktionierender Drüsen therapiert werden könnten, wie die Universität in Leipzig mitgeteilt hat.

TSH-Rezeptor als Schaltstelle

Die Schilddrüse ist eine Hormonfabrik, die unter normalen Bedingungen durch das Schilddrüsen-stimulierende Hormon TSH reguliert wird, erinnert die Universität Leipzig. TSH bindet an einen speziellen Rezeptor, den TSH-Rezeptor, der sich an der Oberfläche von Schilddrüsenzellen befindet. Dieses TSH-Signal führt zu einer Produktion und Freisetzung der beiden Schilddrüsenhormone Thyroxin und Triiodthyronin.

Diese beiden Hormone sind für nahezu alle Prozesse im Körper - Stoffwechsel, Entwicklung und Wachstum, Reproduktion - essenziell. Manchmal jedoch können auch Autoantikörper oder Mutationen, die die gleiche Wirkung auf den TSH-Rezeptor haben, die Schilddrüse unkontrolliert aktivieren. Dies führt dann zu einer übermäßigen Hormonproduktion mit zum Teil fatalen Folgen für den Gesamtorganismus.

Ein Wissenschaftlerteam vom Institut für Biochemie der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig widmete sich nun der Frage, wie TSH, Autoantikörper und Mutationen unabhängig voneinander die gleiche aktivierende Wirkung auf die Schilddrüse haben können. Die Antwort dafür lag im TSH-Rezeptor selbst.

"Wir fanden eine kurze Peptidsequenz - wir nennen diese p10, da sie aus zehn Aminosäuren besteht - innerhalb des TSH-Rezeptors. Bei Bindung des TSH oder von Autoantikörpern funktioniert diese interne Sequenz als Aktivator für den Rezeptor. Der Rezeptor schaltet sich also selber an, wenn TSH, ein Autoantikörper oder eine Mutation ihn dazu bewegen", wird Studienleiter Schöneberg in der Mitteilung zitiert.

"Bei den meisten anderen Hormon-Rezeptorsystemen im Körper aktiviert das Hormon den Rezeptor direkt", erklärt die Nachwuchswissenschaftlerin und Erstautorin der Arbeit, Antje Brüser.

Diese neu gewonnenen Informationen über den Mechanismus des An- und Ausschaltens dieser Rezeptorfamilie können Wissenschaftler nun nutzen, um gezielt therapeutische Substanzen zu entwickeln, heißt es in der Mitteilung. "Zum Beispiel ist es uns gelungen, mit modifizierten p10 Peptiden die Aktivierung des TSH-Rezeptors durch Autoantikörper zu blockieren.

Auch wenn man diese Peptide noch nicht therapeutisch einsetzen kann, so zeigen sie, dass es prinzipiell möglich ist, solche Rezeptorfehlfunktionen direkt zu beeinflussen", erläutert Schöneberg. Diese Ergebnisse eröffnen nun die Möglichkeit zur Entwicklung von Pharmaka, die bei Schilddrüsenerkrankungen und Fertilitätsstörungen ihren Einsatz finden könnten. (eb)

Mehr zum Thema

„ÄrzteTag extra“-Podcast

Die Schilddrüse tickt in jedem Lebensalter anders

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt am Main
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Porträts: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

© Portraits: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

„ÄrzteTag extra“-Podcast

Die Schilddrüse tickt in jedem Lebensalter anders

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt am Main
Abb. 1: Studie DECLARE-TIMI 58: primärer Endpunkt „kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz“ in der Gesamtkohorte

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [4]

Diabetes mellitus Typ 2

Diabetes mellitus Typ 2 Präventiv statt reaktiv: Bei Typ-2-Diabetes mit Risikokonstellation Folgeerkrankungen verhindern

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Porträt: Dr. Jörg Sandmann | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

© Porträt: Dr. Jörg Sandmann | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

„ÄrzteTag extra“-Podcast

Der hypogonadale Patient in der Hausarztpraxis

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Besins Healthcare Germany GmbH, Berlin
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Arzt untersuch das Knie eines Patienten

© gilaxia / Getty Images / iStock

Interview mit Leitlinien-Koordinator

Gonarthrose-Therapie: „Nur wenige Maßnahmen wirken“

Für die Einarbeitung sollten Neulinge eine feste Ansprechpartnerin im Team haben. (Motiv mit Fotomodellen)

© Manu Reyes / Stock.adobe.com

Willkommenskultur

Neu im Team? Was Praxen beim Onboarding beachten sollten