Prävention

Schulungen reduzieren das Depressionsrisiko von Diabetikern

Viele Diabetiker leiden an depressiven Verstimmungen. Um einer manifesten Depression vorzubeugen, ist eine frühe Intervention wichtig. Meist hilft eine Schulung oder auch eine kurze Verhaltenstherapie.

Wolfgang GeisselVon Wolfgang Geissel Veröffentlicht:
Zuversicht: Wer seinen Diabetes in den Griff bekommt, hat auch weniger Ängste vor Komplikationen.

Zuversicht: Wer seinen Diabetes in den Griff bekommt, hat auch weniger Ängste vor Komplikationen.

© Getty Images/iStockphoto

NEU-ISENBURG. Depressionen kommen bei Menschen mit Diabetes doppelt so häufig vor wie in der Allgemeinbevölkerung. Die seelische Krankheit geht dabei mit einem hohen Suizid-Risiko einher. Betroffene vernachlässigen zudem oft die Therapie, was wiederum das Risiko für Folgeerkrankungen erhöht.

Diabetes und Depressionen befeuern sich gegenseitig: Psychischer Stress führt bei Betroffenen durch eine ständige Aktivierung der Stressachse unter anderem zu Entzündungsprozessen an den kleinen wie großen Gefäßen. Dies vergrößert bei Diabetikern das ohnehin schon hohe kardiovaskuläre Risiko zusätzlich. Auch beeinträchtigt psychischer Stress die Wirkung von Insulin.

Um bei Menschen mit Diabetes schlechte Blutzuckerwerte und Folgeerkrankungen zu vermeiden, müssen Depressionen früh erkannt werden. Die Symptome sind sehr verschieden: Außer tiefer Niedergeschlagenheit, Mut- und Hoffnungslosigkeit können oft ja auch Angst, Schlafstörungen oder Schmerzen Hinweise sein. Aufmerksamkeit ist angebracht, wenn sich die Einstellung zur Erkrankung ins Negative wandelt. Mindestens einmal im Jahr sollte das Befinden abgeklärt werden. Dazu eignet sich zum Beispiel der WHO-5-Fragebogen aus dem Gesundheitspass Diabetes.

Beim Screening findet sich meist eine depressive Verstimmung. Betroffene können dann besonders von einer Diabetes-Schulung profitieren, betont Professor Norbert Hermanns vom Forschungsinstitut der Diabetes-Akademie Bad Mergentheim (FIDAM). Durch sachlichen Umgang mit der Stoffwechselkrankheit werden Ängste etwa vor Hypoglykämien oder Folgeschäden abgebaut. Bei der DDG-Herbsttagung hat Hermanns zum Beispiel das PRIMAS-Programm für Typ-1-Diabetiker empfohlen.

DIAMOS – Diabetesmotivation stärken

Zur Depressions-Prävention wurde am FIDAM zudem die Kurzzeit-Verhaltenstherapie DIAMOS (Diabetesmotivation stärken) entwickelt. In fünf Sitzungen à 90 Minuten lernen die Patienten Probleme im Zusammenhang mit dem Diabetes zu identifizieren, Lösungsstrategien zu erarbeiten, negative Einstellungen zu verändern und Ressourcen zu aktivieren. Am Ende der Intervention steht eine Vereinbarung über konkrete Schritte zur Belastungs-Reduktion.

In einer Studie wurde das Programm bei 214 Typ-1- und Typ-2-Diabetikern mit einer herkömmlichen Diabetes Schulung verglichen (Diab Care 2015; 38: 551). Ergebnis: Selbstmanagement und Zufriedenheit der Patienten wurden von beiden Interventionen ähnlich gut verbessert. Aber was die Reduktion depressiver Symptome und diabetesbezogener Belastungen betrifft, war DIAMOS eindeutig effektiver. So lag die Wahrscheinlichkeit, eine behandlungsbedürftige Depression zu entwickeln, bei den Teilnehmern der Kurzzeit-Therapie 37 Prozent niedriger "Damit beugt DIAMOS erwiesenermaßen einer schweren Depression vor", so Hermanns.

Liste aller "Fachpsychologen Diabetes DDG": www.diabetes-psychologie.de

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Lesen sie auch
Mehr zum Thema

Blick in eine Modellpraxis

DiGA bald auch in der ePA

Studie mit über 10.000 Personen

Leberzirrhose: Niedrigere Komplikationsrate unter SGLT-2-Inhibitoren

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Gegen unerwartete Gesprächssituationen gewappnet

Tipps für MFA: Schlagfertigkeit im Praxisalltag

Lesetipps
HSK im Fokus: Der Hauptstadtkongress 2024 findet von 26. bis 28. Juni in Berlin statt.

© Rolf Schulten

Themenseite

Hauptstadtkongress: Unsere Berichte im Überblick

Die Hand eines Labortechnikers mit einem Blutröhrchen und einem Regal mit anderen Proben.

© angellodeco / stock.adobe.com

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa

Chronisch entzündliche Darmerkrankung noch vor Ausbruch identifizieren

Bei Leberzirrhose liegt das Risiko für eine Dekompensation im ersten Jahr nach Diagnosestellung bei bis zu 30 Prozent; eine der häufigsten Formen der Dekompensation, Aszites, entwickelt sich im Laufe des Lebens bei bis zu 40 Prozent der Personen mit Leberzirrhose.

© Dr_Microbe / stock.adobe.com

Studie mit über 10.000 Personen

Leberzirrhose: Niedrigere Komplikationsrate unter SGLT-2-Inhibitoren