Neue Studie

Sind Erstklässler fitter als gedacht?

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Sind Erstklässler fitter als gedacht?

© Robert Kneschke / Fotolia

MÜNCHEN. Erstklässler haben in der vergangenen Dekade (2006 -2015) nicht an körperlicher Kraft eingebüßt, Schnelligkeit und Gleichgewichtsfähigkeit seien sogar besser geworden (Frontiers in Pediatrics 2017; online 29. September), meldet die TU München. Lediglich die Ausdauer sei schlechter geworden – und zwar nur bei den Jungen.

"Entgegen des meist negativen Tenors bisheriger Studien konnten wir nachweisen, dass sich bei Erstklässlern mit Blick auf die sportmotorische Leistungsfähigkeit in den vergangenen zehn Jahren in Summe keine Verschlechterung ergeben hat", wird Filip Mess, Professor für Sport- und Gesundheitsdidaktik an der Technischen Universität München (TUM), zitiert. Die in der Region Baden-Baden erhobenen Daten seien aber nicht ohne Weiteres auf ganz Deutschland übertragbar. Mess und seine Mitarbeiterin Dr. Sarah Spengler analysierten einen Datensatz von Fitnesstests mit insgesamt 5001 Erstklässlern. I

In den Jahren 2006 bis 2015 wurden im Raum Baden-Baden jährlich rund 500 Erstklässler untersucht. Sämtliche der 18 Grundschulen der Region beteiligten sich an dem Projekt, das durch die Sportstiftung Kurt Henn gefördert wurde. Untersucht wurden neben der Ausdauerleistung (6-Minuten-Lauf) die Kraft (Liegestütze), die Schnelligkeit (20-Meter-Sprint) und die Gleichgewichtsfähigkeit (Balanceübung).

"Bei diesen vier Tests zeigte sich eine nachweisbare Verschlechterung lediglich bei der Ausdauerleistung von Jungen. Bei Mädchen blieb diese dagegen konstant. Die Schnelligkeit und die Gleichgewichtsfähigkeit sind bei beiden Geschlechtern sogar besser geworden", resümiert Spengler in der Mitteilung der TU München.

Jährlich wurden Daten erhoben

Im Vergleich zu bisherigen Forschungsprojekten weise das Studiendesign eine besondere Qualität auf: "Die Untersuchungen wurden in jedem der zehn Jahre durchgeführt, während bisherige Projekte zumeist nur zwei Messzeitpunkte verwendeten, die dann beispielsweise im Abstand von zehn Jahren liegen. Das Problem ist, dass ein solches Forschungsdesign anfällig für Verzerrungen ist", erläutert Mess. So könnte zum Beispiel in einem Jahr eine eher unsportliche Klasse untersucht werden und im nächsten eine recht sportliche – das Ergebnis würde zu Unrecht pauschalisiert.

Die zweite Besonderheit sei die Tatsache, dass sämtliche der 18 Grundschulen in der Region sich an der Studie beteiligten. Verzerrungen durch einen zu großen Anteil städtischer oder regionaler Teilnehmer entfallen somit, wie die TU München berichtet. "Für die Region Baden-Baden sind die Daten repräsentativ", sagt Mess. Allerdings bedeutet die regionale Auswahl auch eine Einschränkung der Ergebnisse. "Die Untersuchung hat mit Blick auf die Langzeitschlüsse sicherlich eine höhere Aussagekraft als die bisherigen Forschungen. Allerdings lassen sich die Daten nicht ohne Weiteres auf ganz Deutschland übertragen. Denn die eher wohlhabende und ländliche Region Baden-Baden unterscheidet sich möglicherweise von anderen Regionen Deutschlands", sagt der Professor für Sport- und Gesundheitsdidaktik.

Für Mess sollten die Ergebnisse daher ein Anstoß sein, um für künftige Aussagen über langfristige Entwicklungen der motorischen Leistungsfähigkeit von Kindern ähnliche Forschungsdesigns zu verwenden, wie die TU München berichtet. So sollen zum Beispiel in Hessen sportmotorische Untersuchungen für jeden Grundschüler eingeführt werden.

Spengler betont: "Wir konnten zeigen, dass sich bei den vier Tests lediglich die Jungs in Bezug auf die Ausdauerleistung signifikant verschlechtert haben. Trotzdem darf dies kein Anlass für Schulterklopfen sein. Denn die Daten sagen nicht aus, dass die Leistungen der Kinder auch tatsächlich gut sind. Sie sind halt nur nicht schlechter geworden." Gerade in Bezug auf Bewegung bestünden weiterhin große Herausforderungen, sagt Spengler. Damit aus Kindern gesunde Erwachsene werden. (eb)

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