Urologie

Urologen sehen IQWiG-Abschlussbericht zum PSA-Screening kritisch

Bereits der Vorbericht des IQWiG zum PSA-Screening hatte bei Urologen Kritik ausgelöst. Mit Vorlage des Abschlussberichts hat sich daran nichts geändert.

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Zankapfel PSA-Screening: Auch der Abschlussbericht des IQWiG löst Kritik aus.

Zankapfel PSA-Screening: Auch der Abschlussbericht des IQWiG löst Kritik aus.

© Sherry Young / stock.adobe.com

Düsseldorf. Die Deutsche Gesellschaft für Urologie hat eine Stellungnahme veröffentlicht zum Abschlussbericht des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zum Thema „PSA-Screening“. Darin betont die Gesellschaft, dass ihrer Auffassung nach nicht bis zur Veröffentlichung von Studiendaten im Jahr 2028 gewartet werden sollte, um die individualisierte Früherkennung des Prostatakarzinoms unter Einbeziehung des PSA-Wertes allen informierten und interessierten Männern als Leistung der gesetzlichen Krankenkassen zu ermöglichen.

Auffassung jenseits der Leitlinien

Trotz der vielen Stellungnahmen nationaler und internationaler medizinischer Fachgesellschaften sowie des Bundesverbands Prostatakrebs Selbsthilfe habe das IQWiG bei seiner Interpretation des Begriffes Screening analog die Auffassung zugrunde gelegt, dass bei einem Prostatakrebsscreening mittels PSA-Test alle Männer in einem bestimmten Alter unabhängig von Begleiterkrankungen und Risikoprofil zu einem PSA-Test aufgefordert werden, heißt es in der Stellungnahme.

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Auch bei der intensiven Diskussion im Anhörungsverfahren beim IQWiG sei an dieser Interpretation des Begriffes festgehalten worden, obwohl ein derartiges PSA-basiertes Screening weder von den medizinischen Fachgesellschaften, noch den gängigen Leitlinien, noch von Patientenvertretern gefordert oder empfohlen werde.

Denn seit Jahren erfolge tatsächlich gemäß den gängigen Leitlinien das opportunistische Screening, also eine risikoadaptierte PSA-Diagnostik als Baustein der Prostatakarzinomfrüherkennung. Leider sei zwar vom IQWiG die Plausibilität des Konzepts einer PSA-basierten Frühdiagnostik eingeräumt worden, man habe aber auf die 2028 zu erwartenden Ergebnisse der ProScreen-Studie aus Finnland und der Göteborg-Studie anstatt auf die Ergebnisse der PROBASE-Studie hingewiesen, die noch Ende des Jahres publiziert werden.

Nicht bis 2028 warten!

Deshalb sei die Deutsche Gesellschaft für Urologie zusammen mit den anderen an der Behandlung der Prostatakarzinompatienten beteiligten Fachgesellschaften der Meinung, dass nicht bis zum Jahr 2028 gewartet werden sollte, um die Früherkennung informierten Männern als Leistung der gesetzlichen Krankenkassen zu ermöglichen.

Nur so könne eine rechtzeitige Erkennung und Therapie des häufigsten Tumors des Mannes gewährleistet und das vermehrte Auftreten von metastasierten Erkrankungsstadien verhindert werden, heißt es in der Stellungnahme weiter.

Es sei nun die Aufgabe des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) zu überprüfen, ob und wie über das Thema der Erstattungsfähigkeit des PSA-Tests entschieden wird. Der medizinische Nutzen des risikoadaptiert eingesetzten PSA-Tests als Baustein der Prostatakarzinomfrüherkennung bleibe unbestritten. Es liege an jedem einzelnen Patienten, sich hierüber bei einem Facharzt für Urologie zu informieren und zu entscheiden. (eb)

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 27.05.202018:45 Uhr

Die in „Annals of Internal Medicine“ veröffentlichte Re-Analyse maßgeblicher Studien kommt zum gegenteiligen Schluss. Das PSA-Screening ist danach in der Lage, das Mortalitätsrisiko für Prostatakrebs zu senken: Tsodikov A, Gulati R, Heijnsdijk EAM, et al.: "Reconciling the Effects of Screening on Prostate Cancer Mortality in the ERSPC and PLCO Trials."
http://annals.org/aim/article/2652567/reconciling-effects-screening-prostate-cancer-mortality-erspcplcotrials
Außerdem stützt eine Literaturstelle bei Keller et al.: Lenzen-Schulte, M "Prostatakrebs: Die Kritik am PSA wird immer leiser" Dtsch Ärztebl 2017; 114 (39): A-1757/B-1493/C-1463 in keiner Weise die von Keller geäußerten Hypothesen. M. Lenzen-Schulte "Die jetzt veröffentlichte Re-Analyse beider Studien bestätigt dies: Für jedes einzelne Jahr, das ein Prostatakrebs infolge der PSA-Testung früher entdeckt wurde, ging die prostatakrebsspezifische Mortalität um 7–9 % zurück. In der ERSPC-Interventionsgruppe hatte dies eine relative Risikoverminderung von 27–32% und in der PLCO-Studie eine relative Senkung des Risikos von 25–31% im Vergleich zu den jeweiligen Kontrollgruppen zur Folge" (Zitat Ende)
Erkenntnisse, die auf dem Deutschen Urologenkongress 2017 in Dresden vorgestellt wurden, konnten dies indirekt bestätigen:
https://www.urologenportal.de/fachbesucher/kongresse/dgu-kongress/69-dgu-kongress.html
Eine Forschungsgruppe den Münchner Prof. Dr. med. Christian Stief, hatte untersucht, wie sich die Tumorcharakteristik in den vergangenen 12 Jahren verändert hat.
Trotzdem behauptet die Homepage des Harding-Zentrums für Risikokompetenz weiterhin, dass die Prostatakrebs-Früherkennung keinen Einfluss auf die Anzahl der Toten durch Prostatakrebs habe: "1000 Männer ohne/mit Früherkennung - Nutzen - wie viele Männer starben an Prostatakrebs? 7..." Zugleich ist die Reduktion der Mortalität da. "Bei 11-jährigem Follow-up fand die ERSPC-Studie, dass 4 von 1.000 Männern in der Nichtscreeninggruppe und knapp unter 3 von 1.000 Männern in der Screeninggruppe starben."

Dr. Thomas Georg Schätzler 27.05.202018:17 Uhr

Die Entscheidung der U.S. Preventive Services Task Force (USPSTF) vom Mai 2012, der PSA-Test tauge wenig zum Prostatakrebs-Screening, war auf eine irregeleitete Hypothese zurückzuführen: Risiken, an einem Prostatatumor zu sterben, könnten durch das Screening selbst gesenkt werden? Darum sind Studienergebnisse inkonsistent und widersprüchlich. Um einen Todesfall zu verhindern, ist die "Number Needed to Screen" mit 300 bis über 1000 Patienten für substanzielle Ergebnisse deshalb unerreichbar hoch. Die Schlussfolgerungen der Publikation von B. Bhindi et al. (Universität Toronto/CAN) mit dem Titel: "Impact of the U.S. Preventive Services Task Force Recommendations Against PSA Screening on Prostate Biopsy and Cancer Detection Rates" sind inhaltlich dramatisch. Die Anzahl der Biopsien sinkt in Abhängigkeit von seltenerem PSA-Screening um 38 bis knapp 50 Prozent. Dass im Einzugsgebiet der Studie die Zahl der aufgedeckten niedrig malignen Prostatakarzinome geringer geworden ist, mag noch ermutigend sein, aber der plötzliche Absturz der Detektionsrate von hochmaligem Vorsteherdrüsen-Karzinomen mit Gleason-Score 7-10 sei beunruhigend, so die Autoren ["Conclusions - Following the USPSTF recommendation, the number of biopsies performed (total and first-time biopsies), based on referrals from our catchment area, have decreased. This is likely due to decreased use of PSA-screening. Although encouraging that fewer low risk PCs are being diagnosed, the sudden decrease in the detection rate of Gleason 7-10 PCs is concerning."]
Die Prävalenz unerkannter Prostata-Karzinome steigt, weniger inzidentelle, insbesondere hochmalige Prostatakarzinome werden frühzeitig detektiert. Die urologische Versorgung, Heilung und Linderung von frühen Stadien mit unterschiedlichen Malignitätsgraden sinkt. Kann das im Interesse unserer Patienten sein?
"Der Urologe" unter folgenden Link http://link.springer.com/article/10.1007/s00120-018-0697-0
Das IQWiG ist hier offensichtlich in eine wissenschaftliche Falle gelaufen.
Mf+kG, Dr.med.Th.G.Schätzler

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