Verändertes Gen für Protein p53: Hohes Risiko für aggressiven Hirntumor

Eine Veränderung im Gen für das Protein p53 führt zu einer geradezu explosionsartigen Umlagerung großer Teile des Erbguts von Krebszellen.

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NEU-ISENBURG (eb). An einer besonders aggressiven Gruppe von Hirntumoren bei Kindern haben Heidelberger Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und dem European Molecular Biology Laboratory (EMBL) eine Veränderung im Gen für das Protein p53 entdeckt. Die Chromosomen Explosion lässt Zellen offenbar besonders leicht zu Krebs entarten (Cell 2012; online am 19. Januar).

Menschen mit ererbten Defekten im Gen für das Protein p53 erkranken oft an Krebs. Intaktes p53 hält nach Erbgutschädigung die Zellteilung auf, so dass die Zelle Zeit gewinnt, die DNA-Defekte zu reparieren. Sind die Schäden irreparabel, leitet p53 den Zelltod (Apoptose) ein.

Auch bei einem kleinen Mädchen, das am aggressiven SHH-Medulloblastom erkrankt war, war p53 verändert. Als Wissenschaftler das Tumorerbgut entzifferten, wurden sie von einem beispiellosen Chaos überrascht: Abschnitte einzelner Chromosomen waren an unzähligen Stellen zerbrochen und regelwidrig wieder zusammengebaut, sodass ganze Abschnitte fehlten, andere vervielfältigt oder falsch eingebaut waren. Diese Schäden unterscheiden sich von bisher bekannten in Tumorzellen.

Ein solches Desaster im Erbgut, Chromothripsis, tritt bei zwei bis drei Prozent aller Krebserkrankungen auf. Es entsteht wahrscheinlich durch ein einzelnes Ereignis, das die Chromosomen geradezu explodieren lässt. Eine allmähliche Anhäufung einzelner Mutationen wie bei den meisten Krebserkrankungen kann das Durcheinander nicht erklären.

Signifikanter Zusammenhang zwischen p53-Defekt und Chromosomen-Chaos

Die Heidelberger Forscher analysierten daraufhin Gewebeproben von 98 Medulloblastomen, in 13 entdeckten sie die Chromothripsis. 11 dieser 13 Proben stammten von den besonders aggressiven SHH-Medulloblastomen. Unter diesen 11 fanden die Forscher in 10 Fällen Mutationen im Gen für p53, die größtenteils erblich bedingt waren.

"Bei allen Patienten mit einem ererbten p53-Defekt finden wir das Chromosomen-Chaos in den Krebszellen. Dagegen weist keine Tumorprobe mit intaktem p53-Gen das Schadensmuster auf - der Zusammenhang ist hochsignifikant", wird Professor Peter Lichter vom DKFZ in einer Mitteilung des Zentrums zitiert.

"Eine p53-Mutation prädisponiert die Zelle offenbar für Chromothripsis. Allerdings wissen wir noch nicht, ob die Mutation die Chromosomen anfälliger und zerbrechlicher macht oder aber ob sie die Zelle trotz Chromosomen-Chaos am Leben erhält. Eigentlich wäre der Zelltod die normale Reaktion auf so massive Erbgutschäden", ergänzt sein Kollege Dr. Jan Korbel.

Die Genomanalyse der Medulloblastome ist Bestandteil des Forschungsprojekts "PedBrain-Tumor", einer deutschen Beteiligung am Internationalen Krebsgenom-Konsortium (ICGC). Der internationale Verbund hat zum Ziel, die charakteristischen Genveränderungen bei wichtigen Krebserkrankungen zu erfassen.

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