Im MRT entdeckt

Vergrößertes Gehirn bei Depressionskranken

Patienten mit Depressionen haben einen vergrößerten Hypothalamus, offenbart eine Studie. Das könnte erklären, warum bei vielen Betroffenen der Spiegel des Stresshormons Cortisol erhöht ist, und sie sich ständig angespannt fühlen.

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Der Hypothalamus: Die Wissenschaftler haben beobachtet, dass diese Hirnregion umso größer war, je schwerer die Erkrankung war.

Der Hypothalamus: Die Wissenschaftler haben beobachtet, dass diese Hirnregion umso größer war, je schwerer die Erkrankung war.

© Sebastian Kaulitzki / stock.adobe.com

LEIPZIG. Obwohl Depressionen zu den häufigsten psychischen Leiden in Deutschland gehören, ist noch immer unklar, wodurch sie verursacht werden.

Eine aktuelle Studie des Max-Planck-Instituts (MPI) für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig und des Universitätsklinikums Leipzig hat nun mithilfe der hochlösenden Magnetresonanztomografie herausgefunden, dass bei Betroffenen der Hypothalamus vergrößert ist, berichtet das Institut in einer Mitteilung.

Solche Befunde zur Pathophysiologie von Depressionen sind wichtig, um neue Therapien entwickeln zu können. Das Problem ist riesig: Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) waren 2015 rund 322 Millionen Menschen weltweit von Depressionen betroffen, 4,4 Prozent der Weltbevölkerung.

Auf der Suche nach den Ursachen von Depressionen ist die bisherige Forschung zunehmend zu der Erkenntnis gekommen, dass es sich um eine Kombination aus Veranlagung und Stressfaktoren aus dem Umfeld handeln muss.

Sind Stresssysteme gestört?

So weiß man bislang, dass bei vielen Menschen mit einer erhöhten Veranlagung zur Depression eines der körpereigenen Stresssysteme nicht richtig funktioniert.

Dieses System, die sogenannte Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse, kurz HPA-Achse, wird normalerweise hochgefahren, wenn wir uns in einer stressigen Situation befinden.

Dann schüttet es vermehrt Cortisol aus, das wiederum bewirkt, dass der Körper mehr Energie bereitstellt und er sich seiner Herausforderung stellt. Sobald die Ausnahmesituation vorüber ist, sorgen verschiedene Stellschrauben innerhalb der HPA-Achse gewöhnlich dafür, dass das System wieder heruntergefahren wird.

Bei Menschen mit Depressionen oder einem erhöhten Risiko dafür ist das jedoch nicht der Fall. Hier funktioniert der Rückkopplungsmechanismus nicht. Sie leiden unter einem hyperaktiven Stresssystem, das auf Hochtouren läuft, obwohl es keine offensichtliche Stresssituation gibt.

Bisher ist jedoch wenig darüber bekannt, warum bei den Betroffenen das Stresssystem hyperaktiv ist und welche Rolle dabei möglicherweise der Hypothalamus als übergeordnete Steuereinheit dieses Systems spielt.

Um durchschnittlich fünf Prozent größer

Die MPI-Forscher haben nun in einer Studie mit 84 Probanden herausgefunden, dass bei Personen mit einer sogenannten affektiven Störung der linke Hypothalamus um durchschnittlich fünf Prozent größer ist als bei Gesunden (Acta Psychiatrica Scandinavica 2018; online 19. September).

"Wir haben beobachtet, dass diese Hirnregion sowohl bei Menschen mit einer Depression als auch mit einer bipolaren Störung, als zwei Formen der affektiven Störung vergrößert ist", wird Stephanie Schindler, Doktorandin an den beiden Forschungseinrichtungen und Erstautorin der Studie, in der MPI-Mitteilung zitiert.

Dabei habe sich in einer der depressiven Patientengruppen auch gezeigt, dass diese Hirnregion von der Größe einer Ein-Cent-Münze umso größer war, je schwerer die Krankheit war.

Medikamente wie Antidepressiva hätten wiederum keinen Einfluss auf die Größe des Hypothalamus gehabt.

Hochauflösende MRT-Bilder

Untersucht haben die Leipziger Wissenschaftler diese Zusammenhänge mithilfe der hochaufgelösten 7-Tesla-Magnetresonanztomografie. Die Schwere des psychischen Leidens ermittelten sie mithilfe von standardisierten Fragebögen und Interviews.

"Wir wissen zwar noch nicht, welche Rolle der größere Hypothalamus innerhalb der Depression oder bipolaren Störung spielt. Frühere Studien haben jedoch gezeigt, dass er bei Betroffenen aktiver ist. Eine höhere Aktivität könnte möglicherweise zu plastischen Veränderungen und damit zu einem größeren Volumen dieser kleinen Hirnstruktur führen", erklärt Privatdozent Dr. Stefan Geyer, einer der Studienleiter und Leiter der Forschungsgruppe Anatomische Analyse der Organisation des Gehirns des Menschen und nicht-humaner Primaten am MPI CBS, in der Mitteilung. (eb/eis)

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