Herz in Gefahr

Vorhofflimmern: Ist schon ein Glas Wein täglich riskant?

Egal ob Bier, Wein oder Spirituosen: Bereits eine geringe Menge Alkohol pro Tag scheint das Risiko für Vorhofflimmern zu erhöhen. Das legt jetzt eine Studie mit mehr als 100.000 Teilnehmern nahe.

Von Joana Schmidt Veröffentlicht:
Vorhofflimmern: Warum bereits geringe Alkoholmengen mit einem erhöhten Risiko einhergingen, können die Forscher bisher nicht erklären.

Vorhofflimmern: Warum bereits geringe Alkoholmengen mit einem erhöhten Risiko einhergingen, können die Forscher bisher nicht erklären.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Frage: Geht Alkoholkonsum mit einem erhöhten Risiko für Vorhofflimmern einher?
  • Antwort: Der tägliche Konsum von einem Achtel Wein oder einem kleinen Bier ist bereits mit einem erhöhten Risiko für Vorhofflimmern assoziiert.
  • Bedeutung: Die Ergebnisse sollten bei der Prävention von Vorhofflimmern berücksichtigt werden.
  • Einschränkung: Es handelt sich um eine Beobachtungsstudie und der Alkoholkonsum der Studienteilnehmer beruht auf Eigenangaben.

Hamburg. Der englische Begriff für einen abstinenten Menschen lässt keine Zweifel aufkommen: Der sogenannte Teetotaller hat dem Alkohol abgeschworen und widmet sich stattdessen mit Genuss harmlosen Heißgetränken.

Einer aktuellen Studie zufolge macht er alles richtig: Schon ein kleines Glas eines alkoholischen Getränks pro Tag geht mit einem um 16 Prozent erhöhten Risiko für Vorhofflimmern einher, verglichen mit dem Verzicht auf Alkohol, stellten Forscher fest (European Heart Journal 2021; online 13. Januar).

Während frühere Studien ergeben hatten, dass ein hoher Alkoholkonsum das Risiko für andere Herzerkrankungen steigert, geringe Mengen aber auch schützende Effekte haben können, lieferten Untersuchungen zu Vorhofflimmern widersprüchliche Ergebnisse.

Die bisher größte Studie dazu zeigt jedoch, dass auch ein niedriger regelmäßiger Alkoholkonsum mit einem erhöhten Risiko für Vorhofflimmern assoziiert ist.

Daten von fast 100.000 Menschen

Forscher um Dr. Dora Csengeri vom universitären Herz- und Gefäßzentrum Hamburg analysierten Daten von fast 100.000 Menschen aus unterschiedlichen Ländern, die zu Studienbeginn kein Vorhofflimmern hatten. Sie wurden medizinisch untersucht und zu Trinkgewohnheiten, Risikofaktoren und Lebensstil befragt, zudem lagen Klinikdaten zu Erkrankungen vor. Bei gut 54.000 Studienteilnehmern wurden kardiale Biomarker wie NT-proBNP oder hochsensitives Troponin I gemessen.

Innerhalb der 14-jährigen Nachbeobachtungszeit entwickelten knapp 6000 Personen Vorhofflimmern. Je höher der regelmäßige Alkoholkonsum, desto größer war das Risiko für die Erkrankung: Im Vergleich zu abstinenten Personen war es bei einem Drink täglich um 16 Prozent, bei bis zu zwei Getränken pro Tag um 28 Prozent und bei mehr als vier Getränken um 47 Prozent erhöht. Die Assoziationen unterschieden sich nicht nach Art des Alkohols oder nach Geschlecht.

Ein Drink war definiert als 12 g Alkohol, was einem Achtel Wein (120 ml) oder einem kleinen Bier (330 ml) entspricht. Im Schnitt lag der Alkoholkonsum bei 3 g täglich. Die Probanden waren durchschnittlich 48 Jahre alt, die Hälfte waren Frauen.

Risiko und Nutzen abwägen

„Die Ergebnisse sind insofern wichtig, als regelmäßiger Alkoholkonsum, das „Gläschen Wein am Tag, um das Herz zu schützen“, wie es mitunter in der Publikumspresse empfohlen wird, möglicherweise nicht länger vorgeschlagen werden sollte, ohne das Risiko und den Nutzen für alle kardiovaskulären Erkrankungen abzuwägen, einschließlich Vorhofflimmern“, so die Autoren.

Warum bereits geringe Alkoholmengen mit einem gesteigerten Risiko für Vorhofflimmern einhergingen, können die Forscher nicht erklären. Es wurden lediglich Assoziationen beobachtet, aber keine kausalen Zusammenhänge nachgewiesen.

Mehr Informationen zu Kardiologie gibt es auf www.springermedizin.de.

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