Antikoagulation

Was bieten die "Neuen"?

Welche klinischen Vorteile bieten neue orale Antikoagulanzien als Wirkstoffklasse im Vergleich zur konventionellen Gerinnungshemmung? Antworten liefert die bis dato umfangreichste Metaanalyse von Daten großer Vergleichsstudien.

Veröffentlicht:

NEU-ISENBURG. Metaanalysen als Zusammenfassungen unterschiedlicher Einzelstudien haben ihre methodischen Stärken und Schwächen. Je heterogener die zugrunde liegenden Einzelstudien, desto fragwürdiger das Ergebnis einer integrierten Analyse ihrer Ergebnisse.

Im Falle der neuen oralen Antikoagulanzien (NOAK) - einige davon sind so neu nicht mehr, weshalb sich zunehmend der Begriff direkte orale Antikoagulanzien (DOAK) einbürgert - sind die Voraussetzungen für eine Metaanalyse jedoch vergleichsweise gut.

Mittlerweile sind vier DOAK - der direkte Thrombinhemmer Dabigatran und die direkten Faktor-Xa-Hemmer Rivaroxaban, Apixaban und Edoxaban - in vier großen prospektiven randomisierten Studien in der Prophylaxe von Schlaganfällen und systemischen Embolien bei Patienten mit Vorhofflimmern geprüft worden.

Gemeinsames Kennzeichen dieser Studien: Referenzsubstanz ist stets der Vitamin-K-Antagonist Warfarin. Auch unter anderen Aspekten wie Durchschnittsalter der Teilnehmer und Anteil der Frauen gleichen sich die Untersuchungen. Unterschiede zwischen den Studienpopulationen bestehen allerdings etwa im Ausgangsrisiko für Schlaganfälle.

Eine internationale Forschergruppe um Dr. Christian T. Ruff aus Boston hat nun erstmals die Daten aller vier Mega-Studien (RE-LY, ROCKET-AF, ARISTOTLE, ENGAGE-AF-TIMI-48) in eine Metaanalyse integriert (The Lancet 2013, online 4. Dezember).

 Gemeinsam kommen sie auf eine beeindruckende Zahl von 71.682 Studienteilnehmern, von denen 42.411 mit einem DOAK und 29.272 mit Warfarin behandelt worden sind. Die Beobachtungsdauer betrug im Median zwischen 1,8 und 2,8 Jahren.

Zwei DOAK - nämlich Dabigatran und Edoxaban - waren in zwei unterschiedlichen Dosierungen getestet worden. Für den Vergleich der Wirksamkeit wurden zunächst nur die jeweils mit den hohen Dosen (Dabigatran 150 mg zweimal täglich, Edoxaban 60 mg einmal täglich, sowie Rivaroxaban 20 mg einmal täglich, Apixaban 5 mg zweimal täglich) erzielten Ergebnisse herangezogen.

Schlaganfälle um 19 Prozent reduziert

Insgesamt wurde mit diesen DOAK das relative Risiko für Schlaganfälle und systemische Embolien im Vergleich zu Warfarin signifikant um 19 Prozent reduziert. Einen Eindruck vom absoluten Nutzen dieser Therapie geben dabei folgende Zahlen: In der DOAK-Gruppe kam es bei 29.312 Teilnehmern zu 911 Ereignissen, in der Warfarin-Gruppe bei 29.229 Teilnehmern zu 1107 Ereignissen.

Zu erklären ist dieser Unterschied primär mit der signifikanten Reduktion von hämorrhagischen Schlaganfällen, deren Zahl von 263 (Warfarin) auf 130 (DOAK) verringert wurde (relative Risikoreduktion: 51 Prozent).

Die Schlaganfall-Prophylaxe mit DOAK war auch mit einer signifikanten relativen Abnahme der Gesamtmortalität um 10 Prozent assoziiert (2022 versus 2245 Todesfälle). Die Raten für ischämische Schlaganfälle und für Herzinfarkte unterschieden sich nicht signifikant.

Die Rate schwerer Blutungen war unter DOAK-Prophylaxe nicht signifikant um 14 Prozent niedriger als unter Warfarin. Das Risiko für intrakranielle Blutungen (einschließlich hämorrhagischer Schlaganfälle) wurde dabei durch DOAK signifikant um 52 verringert - bei allerdings gleichzeitiger Zunahme von gastrointestinalen Blutungen um 25 Prozent.

Die niedrig dosierten DOAK-Regime (Dabigatran 110 mg zweimal täglich, Edoxaban 30 mg einmal täglich) erwiesen sich in der Schlaganfall-Prophylaxe als ebenso wirksam wie Warfarin.

Allerdings beugten sie ischämischen Schlaganfällen weniger effektiv vor als Warfarin, was jedoch durch eine signifikant stärkere Reduktion von hämorrhagischen Schlaganfällen wieder ausgeglichen wurde. Auch die niedrig dosierte DOAK-Therapie war mit einer signifikanten Reduktion der Gesamtmortalität assoziiert.

Beim Blick in Subgruppen bot sich ein ähnliches Bild. Unter anderem ergaben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Qualität der INR-Einstellung unter Warfarin Einfluss auf die Effizienz einer DOAK-Therapie hatte.

Verglichen wurden dabei Zentren, an denen die "Zeit im therapeutischen Bereich" höher oder niedriger als 66 Prozent war. Beobachtet wurde allerdings eine relativ stärkere Reduktion von Blutungen unter DOAK bei unbefriedigender INR-Einstellung. (ob)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Eine schwierige Entscheidung

Schlaganfall: Das sind Grenzfälle der Thrombolyse

Zusätzlich zu Arztneimitteln

Stumme Karotisstenose: Lohnt sich die Revaskularisation?

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Das könnte Sie auch interessieren
PAP senkt Mortalität signifikant

© ResMed

Lancet: Neue Meta-Analyse

PAP senkt Mortalität signifikant

Anzeige | ResMed Germany Inc.
Wie UKPS den Weg zurück in die Therapie öffnet

© ResMed

PAP scheitert oft

Wie UKPS den Weg zurück in die Therapie öffnet

Anzeige | ResMed Germany Inc.
Schlafstörungen als Warnsignal

© shapecharge | iStock

Früherkennung Demenz

Schlafstörungen als Warnsignal

Anzeige | ResMed Germany Inc.
Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

© DG FotoStock / shutterstock

Update

Neue Podcast-Folgen

Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Herz mit aufgemalter Spritze neben Arm

© Ratana21 / shutterstock

Studie im Fokus

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Prävention durch Influenzaimpfung?

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Junge Frau spricht mit einer Freundin im Bus

© skynesher | E+ | Geytty Images

Update

Impflücken bei Chronikern

Chronisch krank? Grippeimpfung kann Leben retten

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Kommentare
Karl-Georg Vaith 21.03.201417:50 Uhr

Das Bessere ist des guten Feind !

Dieses Sprichwort gilt auch für die neuen Gerinnungshemmer wie Epixaban oder Rivaroxaban.
Wobei die Serumspiegel bei Eliquis optimaler erscheinen.
Die 2x Dosierung von 1 Tabl.5 mg Eliquis pro die, lässt die Serum (Berg und Tal) Spitzen doch weniger NW beinhalten.

Was soll man nun denn bevorzugen ?

Xarelto 20 mg mit 1x1 Tabl. pro die oder Eliquis 5 mg pro Tag ?

Grüsse Karl-G. Vaith

Sonderberichte zum Thema
SCD-PROTECT-Studie-- Frühe Phase nach Diagnose einer Herzinsuffizienz – deutlich höheres Risiko für den plötzlichen Herztod als in der chronischen Phase.

© Zoll CMS

SCD-Schutz in früher HF-Phase

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: ZOLL CMS GmbH, Köln
Abb. 1: Risikoreduktion durch Bempedoinsäure gegenüber Placebo in der CLEAR-Outcomes-Studie für den primären 4-Komponenten-Endpunkt (A) und den sekundären 3-Komponenten-Endpunkt (B) stratifiziert nach Diabetes-Status

© Springer Medizin Verlag

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Kardiologie und Hausärzteschaft im Dialog

© Springer Medizin Verlag

Kardiologie und Hausärzteschaft im Dialog

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Puren Pharma GmbH & Co. KG, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Risikofaktoren identifiziert

Für wen könnten Harnwegsinfekte gefährlich werden?

Laterale Ellbogenschmerzen

Diese sechs Kriterien sprechen gegen einen „Tennisarm“

Metaanalyse

Subjektive Krankheitsbelastung bei Krebs prognostisch relevant

Lesetipps
Übersichtsarbeit: Wie wirken Hochdosis-, rekombinante und mRNA-Vakzinen verglichen mit dem Standardimpfstoff?

© Sasa Visual / stock.adobe.com

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Serotoninkristalle, die ein Muster ergeben.

© Michael W. Davidson / Science Photo Library

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an