Innere Uhr

Woher Muskeln wissen, wie spät es ist

Muskeln haben wohl ihre eigene "innere Uhr" mit der sie Fett- und Proteinstoffwechsel steuern.

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MÜNCHEN. Wie bereiten sich Muskelzellen auf einen anstrengenden Arbeitstag vor? Münchner Wissenschaftler haben diese Frage untersucht (PLOS Biology; online 10. August).

Ihre Arbeit deckt ein ganzes Stoffwechselnetzwerk auf, das wider Erwarten nicht durch das Gehirn sondern über die "innere Uhr" der Muskelzellen gesteuert wird, berichtet das Helmholtz Zentrum München.

Die Forscher hatten zwei Proteine im Blick, die als sogenannte Master Regulatoren der inneren Uhr fungieren. "Diese beiden Moleküle binden an die DNA und stoßen alle nachfolgenden Prozesse an", wird Erstautor Dr. Kenneth Dyar in der Mitteilung des Zentrums zitiert. In Myozyten von Mäusen ermittelten die Forscher die Aktivität dieser beiden Proteine im Tagesverlauf sehr genau.

In Zusammenarbeit mit italienischen und österreichischen Kollegen arbeiteten die Wissenschaftler bestimmte Vorgänge heraus, die nachts von den Regulatoren der inneren Uhr angeschaltet werden: Darunter fielen etwa das Speichern von Fett, der Zuckerstoffwechsel oder die Insulin-Sensitivität, heißt es in der Mitteilung.

Gleichzeitig würden gegenläufige Prozesse wie Fettsäureoxidation oder Proteinabbau heruntergefahren. Diese Muster seien vor allem in den Stunden vor dem Aufwachen ausgeprägt und bereiten die Muskeln auf den kommenden Tag vor.

Im letzten Schritt untersuchten die Wissenschaftler Eingriffsmöglichkeiten in diese Vorgänge. Dazu beobachteten sie Mäuse, bei denen einer der Master Regulatoren fehlte. Ohne ihre innere Uhr bildeten die Tiere deutlich weniger Fettmasse und die Produktion von Muskelproteinen wurde erhöht.

"Zusammengenommen deckt unsere Arbeit auf mehreren Ebenen ein ganzes Stoffwechselnetzwerk auf", erklärt Studienleiterin Professor Henriette Uhlenhaut. "Biologisch spannend dabei ist auch, dass der Taktgeber dafür nicht wie zu vermuten zentral im Gehirn sitzt, sondern die innere Uhr der Muskelzellen selbst ist."

Langfristig wollen die Autoren die Mechanismen auch im Menschen untersuchen und eine Möglichkeit finden, darin einzugreifen. So wäre es demnach denkbar, Insulinresistenz bei Typ-2-Diabetes zu bekämpfen, oder die Energieverbrennung anzukurbeln, um Adipositas zu reduzieren. (eb)

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