Projekt auf der Kippe

Brandenburg: Kürzungen bedrohen Fakultät

Der Brandenburger Landeshaushalt sieht eine Halbierung der Mittel für die Fakultät für Gesundheitswissenschaften vor. Das Echo fällt verheerend aus.

Von Bejamin Lassiwe Veröffentlicht:
Den Rotstift angesetzt: Das Budget der Fakultät für Gesundheitswissenschaften in Brandenburg soll jetzt nur noch 2,5 Millionen Euro betragen.

Den Rotstift angesetzt: Das Budget der Fakultät für Gesundheitswissenschaften in Brandenburg soll jetzt nur noch 2,5 Millionen Euro betragen.

© Gina Sanders / stock.adobe.com

Potsdam. Die von der Universität Potsdam, der Brandenburgischen TU Cottbus und der Medizinischen Hochschule Brandenburg (MHB) gemeinsam getragene Fakultät für Gesundheitswissenschaften (FGW) fürchtet um ihre Existenz.

„Wenn der Haushalt so bleibt, hat die Fakultät keine Zukunft“, sagte ihr Gründungsdekan, Professor Cornelius Frömmel, am Mittwoch im Wissenschaftsausschuss des Landtags. Die für die FGW vorgesehenen jährlichen Mittel von fünf Millionen Euro sollen im Haushalt 2022, der in der kommenden Woche vom Landtag beschlossen werden soll, auf 2,5 Millionen Euro gekürzt werden.

Fünf Studiengänge auf der Kippe?

„Damit sind statt der bisherigen 16 nur noch sechs Professuren berufbar“, sagte Frömmel. Zudem habe man sechs Studiengänge in der Aufbauphase. Davon müssten wahrscheinlich fünf Studiengänge wegfallen. „Mit zehn Professuren ist die Fakultät nicht lebensfähig.“

Die Fakultät für Gesundheitswissenschaften war 2018 als hochschulübergreifendes Projekt gegründet worden. „Durch die Vernetzung von Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Kliniken im Gesundheitscampus entsteht nicht nur ein in dieser Form einmaliges Netzwerk in Deutschland“, hatte die damalige Wissenschaftsministerin Dr. Martina Münch (SPD) bei der Gründung der Fakultät vor drei Jahren erklärt. „Es ergeben sich auch neue Chancen für die Fachkräftesicherung und die medizinische und pflegerische Versorgung im Flächenland Brandenburg sowie für die weitere Stärkung der Wissenschafts- und Forschungslandschaft im Gesundheitsbereich.“

16 Professuren sind an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften (FGW) geplant. Bei einer Halbierung der Landesmittel könnten nur noch sechs von ihnen realisiert werden, warnt der Gründungsdekan der FGW Professor Cornelius Frömmel.

Heute gibt es an der Fakultät bislang vier besetzte Professuren, etwa für Rehabilitationsmedizin, medizinische Ethik mit dem Schwerpunkt Digitalisierung und Versorgungs- und Gesundheitssystemforschung, die in Potsdam und Neuruppin angesiedelt sind. Für die zwölf übrigen Professoren laufen die Ausschreibungs- und Berufungsverfahren.

MHB-Präsident Professor Hans-Uwe Simon sagte, der geplante Studiengang „Versorgungsforschung“ an der MHB würde ohne die FGW neu aufgestellt werden müssen. „Zur Strategie der MHB gehört die Versorgungsforschung, das ist klar“, sagte Simon. „Die Frage ist aber, wie wir das ohne die FGW könnten.“ Derzeit habe man keinen Plan B. Zudem sei die FGW für die MHB wichtig, weil mit den gemeinnützigen und kommunalen Trägern ein Promotions- und Habilitationsrecht verknüpft sei.

Medizinische Fakultät betroffen

Die Cottbuser Universitätspräsidentin Professor Gesine Grande warnte vor den Folgen der Einsparungen für den Ruf des Landes Brandenburg. „Ich mag nicht daran denken, was geschehen würde, wenn man alle Berufungsverfahren rückgängig machen würde“, sagte Grande. „Das wäre ein Desaster für unser Renomeé.“ Generell sei man nicht in der Lage, die Fakultät mit dem halben Budget weiterzuführen. „Das geht einfach nicht.“Der Potsdamer Universitätspräsident Professor Oliver Günther verwies darauf, dass die Fakultät auch beim Aufbau der geplanten medizinischen Fakultät in der Lausitz eine Rolle spiele. Angesichts der bevorstehenden Kürzungen könnte er geplante Berufungen von Professuren, die zusammen mit der Helmholtz-Gesellschaft vorgenommen werden sollten, nicht mehr umsetzen.

Auf Kritik stießen die geplanten Kürzungen auch in der Opposition. So sprach die wissenschaftspolitische Sprecherin der Linken, Isabelle Vandré, von einem, so wörtlich, „ziemlichen Arschtritt für die Universitäten“, den sie nicht nachvollziehen könne. Sie appellierte an die Regierungskoalition, die Kürzungen noch zu streichen, auch wenn die Chance dafür „supergering“ sei.

Dagegen erklärte Wissenschaftsstaatssekretär Tobias Dünow, das Land habe nicht vor, die FGW abzuwickeln. „Die eine oder andere Haltung, dass wir hier einen Frevel an einer blühenden Wissenschaftslandschaft in Brandenburg ausüben, finde ich sehr übertrieben vor dem Hintergrund, dass wir bald eine komplette staatliche Universitätsmedizin in Cottbus haben werden.“

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