COVID-19

Chloroquin gegen das Coronavirus – Mehr Schaden als Nutzen?

Vor dem Einsatz des laut US-Präsidenten Donald Trump „starken Medikaments“ Chloroquin in Kombination mit dem Antibiotikum Azithromycin bei COVID-19-Patienten warnen deutsche Kardiologen eindringlich: beide Mittel können schwere Herzrhythmusstörungen auslösen.

Anne BäurleVon Anne Bäurle Veröffentlicht:
Sowohl Chloroquin als auch Azithromycin können bei Patienten mit vorbestehender Herzerkrankung bedrohliche Herzrhythmusstörungen mit Todesfolge auslösen.

Sowohl Chloroquin als auch Azithromycin können bei Patienten mit vorbestehender Herzerkrankung bedrohliche Herzrhythmusstörungen mit Todesfolge auslösen.

© Alain Delpey / ABACAPRESS.COM / picture-alliance

Frankfurt/Main. Vor wenigen Tagen pries US-Präsident Donald Trump das seit fast 100 Jahren als Malariamittel bekannte Chloroquin als „starkes Medikament“ bei der Behandlung von COVID-19-Patienten an. Anschließend startete in den USA geradezu ein Run auf Apotheken, viele Menschen wollten sich vorsorglich mit dem Mittel eindecken.

Doch ob Chloroquin tatsächlich wirkt, ist unklar: Zwar verhinderte das Medikament in Zellkultur die Infektion mit SARS-CoV-2 (Cell Res 2020; 30: 269–271) und es gibt Berichte, wonach Chloroquin (beziehungsweise sein Derivat Hydroxychloroquin) bei COVID-19-Patienten in China und Frankreich eingesetzt worden sein soll. Publizierte Daten über eine tatsächliche Wirkung gibt es allerdings nicht. Und noch viel wichtiger: Chloroquin kann in Kombination mit Azithromycin – die laut Trump sogar noch besser wirkt und ein „Game Changer“ sein soll – sogar lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen auslösen.

„Kombinationstherapie verbietet sich eigentlich“

Davor warnt auch die Deutsche Herzstiftung: „Man weiß, dass jedes der beiden Medikamente zu bösartigen Herzrhythmusstörungen führen kann und sich eine Kombinationstherapie beider Medikamente eigentlich verbietet“, wird Professor Thomas Meinertz vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung in der Mitteilung zitiert.

Bevor eine solche problematische Therapie zum Einsatz komme, müsse man deren Wirksamkeit und das Auftreten unerwünschter Wirkungen unter klinischen Bedingungen kritisch untersuchen. „Nur, wenn die Wirksamkeit die Nebenwirkungshäufigkeit bei Weitem überwiegt – was durchaus sein könnte – ist ein klinischer Einsatz einer solchen Therapie gerechtfertigt“, betont Meinertz.

Sowohl Chloroquin als auch Azithromycin können in jeweils seltenen Fällen, häufiger aber bei Patienten mit vorbestehender Herzerkrankung, bedrohliche Herzrhythmusstörungen mit Todesfolge auslösen. Da gerade Menschen mit Vorerkrankungen wie Herzkrankheiten ein höheres Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf haben, könnte der Schaden, den eine Therapie mit den beiden Medikamenten anrichtet, womöglich größer sein als der Nutzen.

Zugrunde liegt das Long-QT-Syndrom

Während der Verlängerung des QT-Intervalls beim Long-QT-Syndrom besteht eine Phase erhöhter elektrischer Empfindlichkeit des Herzens.

Während der Verlängerung des QT-Intervalls beim Long-QT-Syndrom besteht eine Phase erhöhter elektrischer Empfindlichkeit des Herzens.

© Deutsche Herzstiftung

Der zugrunde liegende Mechanismus, das Long-QT-Syndrom (LQT), ist für beide Medikamente ähnlich, erinnert die Herzstiftung: eine Verlängerung des QT-Intervalls und eine damit einhergehende elektrische Instabilität des Herzens. Im EKG-Diagramm zeige sich hierbei eine sichtbare Verlängerung des Intervalls zwischen dem Beginn der Q-Zacke und dem Ende der T-Welle.

Man müsse davon ausgehen, dass sich diese gefährlichen unerwünschten Wirkungen der beiden Medikamente addieren: „Chloroquin verlängert in höheren Dosen die QT-Zeit deutlich. Gibt man dann Azithromycin, das selbst die QT-Zeit meist nur mäßig verlängert, dazu, kann sich die QT-Zeit noch einmal verlängern“, erklärt der Kardiologe Professor Klaus von Olshausen, ehemals Asklepios-Klinik Hamburg Altona, in der Mitteilung.

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