„Impfturbo“ zünden?
Corona-Impfungen: Bayerns Ärztekammer macht der Landesregierung Druck
Gesundheitsminister Holetschek hat den „Impfturbo“ für Bayern versprochen. Trotz einer Erhöhung des Tempos arbeiten die bayerischen Impfzentren nach wie vor unter der Kapazitätsgrenze. Die Ärzte werden ungeduldig.
Veröffentlicht:München. Angesichts der nach wie vor schleppenden Corona-Impfkampagne steigt der politische Druck auf Bund und Länder für einen Kurswechsel. Die bayerische Landesärztekammer forderte am Dienstag die schnellstmögliche Beteiligung der niedergelassenen Ärzte an der Impfaktion. „Wir sind an einem gewissen Wendepunkt angekommen, an dem das staatliche Impfstoff-Monopol nicht mehr weiter aufrechterhalten werden kann“, kritisierte Ärztekammerpräsident Dr. Gerald Quitterer am Dienstag in München.
Die Staatsregierung will aber bei dem Zeitplan bleiben, den die Gesundheitsminister der Länder am Montag vereinbart hatten. Demnach werden die Hausärzte erst ab nächstem Monat impfen dürfen. „Das System rollt dann im April an“, sagte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) nach der Kabinettssitzung in München. „Es wird auch nicht am Anfang von der Impfstoffmenge gleich möglich sein, alles so schnell zu bedienen.“ Die Hausärzte sollen dann – orientiert an den Richtlinien der Ständigen Impfkommission – selbst bestimmen, welche Patientinnen und Patienten die Impfung am nötigsten haben. Die 100 bayerischen Impfzentren wird es weiter geben.
Zu wenig Tempo in Bayerns Impfzentren
Zehn Wochen nach dem Start der Corona-Impfungen wird nach den Zahlen des Landesgesundheitsministeriums in Bayerns Impfzentren nach wie vor deutlich weniger geimpft als möglich wäre. In der vergangenen Woche gab es demnach im Schnitt pro Tag knapp 36.400 Impfungen, maximal möglich wären 49.000. Das Tempo ist jedoch bereits erhöht worden, Bayern liegt laut einer Impf-Übersicht des Bundes an fünfter Stelle im Bundesländer-Vergleich. Nach Holetscheks Worten hatte es bis Dienstag 1.373.428 Impfungen in Bayern gegeben.
„Wir haben die Landkreise angewiesen, die Kapazitäten in den kommenden Wochen auszubauen und bis April rund 110.000 Impfungen pro Tag zu ermöglichen“, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums – dafür hatte Holetschek den Begriff „Impfturbo“ erfunden.
Dennoch sind sowohl Ärzte als auch Unternehmen ungeduldig. Je schneller geimpft wird, desto schneller können die Beschränkungen des Alltags gelockert werden. Für die Wirtschaft bedeutet jede Woche Lockdown-Verlängerung Milliardeneinbußen. Die Gesundheitsminister der Länder wollen sich am Mittwoch auf einen konkreten Starttermin für die Impfungen durch Hausärzte verständigen, wie es in Berlin hieß. Auch die Betriebsärzte sollen nach der Strategie des Bundes erst im zweiten Quartal in die Impfungen eingebunden werden.
Mehr Impfstofflieferungen für den Freistaat
In den kommenden Wochen werden wesentlich mehr Impfstofflieferungen erwartet. Nach Bayern sollen in den fünf Wochen von Anfang März bis Anfang April 1,67 Millionen Impfdosen geliefert werden. Das wären innerhalb eines Monats mehr als seit Beginn der Impfkampagne Ende Dezember.
Dass die Impfungen wirken, lässt sich an den Infektionszahlen in den Alten- und Pflegeheimen ablesen. Mittlerweile sind nach Holetscheks Worten 81 Prozent der Bewohner und 57 Prozent des Personals geimpft. „Das Ausbruchsgeschehen hat sich Gott sei Dank dramatisch verringert“, sagte der Gesundheitsminister. Am 5. Januar hatte es nach Holetscheks Worten einen Höchststand von 6949 Infektionen bei Heimbewohnern gegeben, mittlerweile sind es weniger als 300. Deswegen will die Staatsregierung die Besuchbeschränkungen Ende März lockern.
Quitterer verlangt unbürokratisches Vorgehen
Die Landesärztekammer fordert ein möglichst unbürokratisches Vorgehen: „Es sollte weder eine ausufernde Dokumentation noch eine Registrierung über das Online-Terminvereinbarungs-Portal BayIMCO nötig sein“, sagte Quitterer. Holetschek sagte ebenfalls, dass Bürokratie abgebaut werden müsse. Bis Montag hatten sich laut Ministerium knapp 2,7 Millionen Bürger auf dem Impfportal registriert.
Ein Problem deutschlandweit ist bislang, dass viele Bürger sich nicht mit dem AstraZeneca-Präparat impfen lassen wollen. Mittlerweile nimmt die Skepsis jedoch offensichtlich ab. „Das ist aus meiner Sicht deutlich weniger geworden“, sagte Holetschek dazu. (dpa)