Corona-Therapie

Evidenz abwarten und Fake News bekämpfen!

Studien zu Hydroxychloroquin gegen COVID-19 dauern weiter an. Die Arznei darf aber nicht außerhalb der Untersuchungen verwendet werden, betonen Experten und verurteilen Fehlinformationen von Prominenten hierzu.

Wolfgang GeisselVon Wolfgang Geissel Veröffentlicht:
Hydrochloroquin sollte gegen COVID-19 nicht außerhalb von Studien verwendet werden, betonen Experten.

Hydrochloroquin sollte gegen COVID-19 nicht außerhalb von Studien verwendet werden, betonen Experten.

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Neu-Isenburg. Trotz negativer Ergebnisse aus klinischen Studien wird Hydroxychloroquin weiter zur Therapie von Patienten mit COVID-19 in Studien geprüft. Wie auch die anderen zurzeit untersuchten Arzneikandidaten werde das Malaria-Medikament sicher kein Wundermittel gegen das neue Coronavirus, meint Professor Peter Kremsner aus Tübingen. Es bestehe aber weiter die große Hoffnung, dass man die Wirksamkeit der Arznei gegen das SARS-CoV-2 belegen könne, sagte er zur „Ärzte Zeitung“.

Bestmögliche Evidenz wird generiert

Der Direktor des Instituts für Tropenmedizins der Uniklinik Tübingen koordiniert die beiden klinischen Studien in Deutschland, in denen Hydroxychloroquin bei COVID-19 geprüft wird. Zum einen sollen Wirksamkeit und Sicherheit der Substanz bei 220 Betroffenen in der stationären Therapie untersucht werden. Zum anderen hat eine Studie zu Hydroxychloroquin mit 2700 ambulanten und damit weniger schwer erkrankten COVID-19-Patienten begonnen.

In den verblindeten placebo-kontrollierten und multizentrischen Studien werde die bestmögliche Evidenz generiert, sagte Kremsner. Allerdings sei die Rekrutierung schwierig, weil 97 Prozent der COVID-19-Patienten in Deutschland von den Studien ausgeschlossen werden müssten. Diese dürften wegen Komorbiditäten nicht an den Untersuchungen teilnehmen. Bei belegter Wirksamkeit sei das Mittel aber theoretisch auch für multimorbide Patienten geeignet und nicht nur für einen kleinen Kreis von COVID-19-Kranken gedacht.

Fatale Fehlinformationen von Prominenten

Wie viele andere Ärzte kritisiert Kremsner den unkontrollierten Einsatz von Hydroxychloroquin bei COVID-19 außerhalb von Studien scharf. Besonders Fehlinformationen von Prominenten wie Donald Trump oder Elon Musk zu Hydroxychloroquin haben hier in den vergangenen Wochen zu bedenklichen Entwicklungen geführt.

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So hatte der US-Präsident vor gut einem Monat in Tweets für das Malaria-Mittel bei COVID-19 geworben („a real chance to be one of the biggest game changers in the history of medicine“) und Patienten ermutigt, das Medikament auszuprobieren („What do you have to lose? Take it!).

In Folge solcher Tweets waren auf „google“ Suchanfragen nach Online-Kaufmöglichkeiten für Hydroxychloroquin im Vergleich zum Februar um 1389 Prozent hochgeschnellt, hat eine im Fachblatt „JAMA Internal Medicine“ veröffentliche Studie der Universität Oxford ergeben (2020; online 29. April).

Prinzipien nicht über Bord werfen!

Der unsachgemäße Einsatz des Mittels habe dabei offenbar auch zu Todesfällen geführt, warnen Dr. Colette DeJong und Dr. Robert D. Wachter vom „Department of Medicine“ an der „University of California in San Francisco“ in einem Brief an das Medizin-Journal. Die bisher verfügbare Evidenz spreche nicht für einen weitverbreiteten Einsatz von Hydroxychloroquin bei COVID-19.

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Die beiden Ärzte weisen vor allem auf das Risiko der Substanz für QT-Verlängerungen und plötzlichen Herztod hin. „In diesen Zeiten von Unsicherheit und Angst kann man sicher versucht sein, Prinzipien über Bord zu werfen. Um Patienten aber am besten zu schützen, sollten wir uns nach der wissenschaftlichen Evidenz richten und Fehlinformationen bekämpfen“, betonen sie.

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