Kritik
Hessische Heimbetreiber: Besuchsregeln zu rasch gelockert!
Zu wenig Zeit zur Umsetzung, zu wenig Personal und zu wenig Schutzmasken – bpa und Wohlfahrt fühlen sich von Bouffier überrumpelt.
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Woher sollen die Schutzmasken für die wieder zugelassenen Besucher in den Heimen kommen?
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Wiesbaden. Private wie gemeinnützige Betreiber von Pflegeheimen in Hessen haben die am Dienstag verkündeten Erleichterungen für Besuche in Heimen kritisiert.
In einem offenen Brief an Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) wiesen der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) und die Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen darauf hin, die Umsetzung der Lockerungen bereits zum 4. Mai erfolge viel zu kurzfristig. Sie plädieren auf eine 14-tägige Vorbereitungszeit.
Bouffier und Sozialminister Kai Klose (Grüne) hatten angekündigt, von kommenden Montag an wieder Besuche von einer Stunde pro Woche für nahe Angehörige erlauben zu wollen.
„Besonders die alten und kranken Menschen, die in Heimen keine Besuche mehr von ihren Ehepartnern, Kindern oder Enkeln empfangen durften, leiden sehr unter der Situation“, hatte Klose die Lockerung begründet.
Erhebliche räumliche Anpassungen
„Völlig unverständlich ist uns, warum diese Öffnung praktisch ohne Vorbereitungszeit vollzogen wird“, heißt es in dem Schreiben vom Donnerstag. Der Schritt erfolge gegen die wiederholte Einschätzung der Einrichtungsvertretungen, dass es für die Umsetzung Zeit brauche. So müssten erhebliche räumliche Anpassungen erfolgen, Besucherzimmer müssten hergerichtet werden und es bedürfe einer Personalplanung zur Begleitung der Besucher in den Heimen.
Die von Bouffier und Klose genannte Bedingung des individuellen Schutzkonzepts jeder Einrichtung, stelle nur eine trügerische Sicherheit dar. Zwar verfüge jedes Heim über ein solches Konzept, dies sei aber nicht auf zusätzliche Besucher eingestellt. Um dies auf die neuen Besuchsregeln umzustellen, bedürfe es mehr Zeit.
450 Pflegekräfte in Quarantäne
Erschwerend käme hinzu, dass aktuell rund 450 Pflegekräfte in hessischen Pflegeheimen in Quarantäne seien. Dabei bedürfe es zur Begleitung der Besucher sogar mehr Personals. Nötig sei ebenso eine regelmäßige Testung der Pflege- und Betreuungskräfte wie auch der Bewohner auf das Coronavirus.
Auch das als weitere Bedingung genannte Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes mindestens auf OP-Masken-Standard sei nicht zu gewährleisten. Die Lieferungen reichten nicht ansatzweise aus, um neben der vorrangigen Versorgung von Bewohnern und Pflege- und Betreuungskräften auch noch Besucher auszustatten.