Streit in Bayern

Aiwanger will Arbeitslose für Pflege rekrutieren

Bayerns Wirtschaftsminister und Freie-Wähler-Chef Aiwanger möchte Langzeitarbeitslose zu Diensten in der Pflege verpflichten. CSU-Gesundheitsminister Holetschek weist den Vorschlag zurück. Auch Pflegeverbände sind empört.

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Erntet massive Kritik für seinen Vorschlag, Langzeitarbeitslose zwangsweise zu Diensten in der Pflege einzusetzen: Hubert Aiwanger (Freie Wähler), Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident.

Erntet massive Kritik für seinen Vorschlag, Langzeitarbeitslose zwangsweise zu Diensten in der Pflege einzusetzen: Hubert Aiwanger (Freie Wähler), Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident.

© Frank Hoermann / SVEN SIMON / picture alliance

München/Berlin. Äußerungen von Bayerns Vize-Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) zum Einsatz langzeitarbeitsloser Menschen in der Pflege sorgen für Knatsch in der Landesregierung des Freistaats.

„Unser Ziel ist es, die Pflege zu professionalisieren und den Beruf aufzuwerten. Mit Zwangsdiensten wird uns das nicht gelingen“, kommentierte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) die Vorschläge seines Kabinettskollegen.

Aiwanger, der auch Spitzenkandidat seiner Partei bei der Bundestagswahl ist, hatte im Gespräch mit dem Nachrichtensender „Welt“ vorgeschlagen, Langzeitarbeitslose für soziale Dienste zu verpflichten. Sie könnten in Altenheimen, in Parks oder auf dem Bauhof eingesetzt werden.

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Deutschland befinde sich mitten im „Pflegenotstand“, da werde jede „helfende Hand“ dringend gebraucht, so Aiwanger. Pflegefachkräfte müssten mitunter die Küche putzen, arbeitslose Menschen wiederum würden gerne arbeiten und säßen zu Hause. Schlügen Arbeitslose die Dienstverpflichtungen aus, solle ihnen Hartz IV gekürzt werden.

„Völliges Fehlverständnis des Pflegeberufs“

Der Vorschlag zeuge von „völliger Unkenntnis der Situation in der Pflege und einem völligen Fehlverständnis des Pflegeberufs“, sagte Holetschek. Die Pflege brauche qualifizierte Fachkräfte. Zu diesem Zweck seien die Ausbildung zu stärken sowie Arbeitsbedingungen und Gehälter zu verbessern. Arbeitslose könnten sich gerne zu Pflegern umschulen lassen. Dafür müsse der Betreffende gut ausgebildet sein und der Umstieg freiwillig sein.

CSU und Freie Wähler regieren seit Oktober 2018 gemeinsam im Freistaat. Zuletzt hatte die Weigerung Aiwangers, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen, für Misstöne innerhalb der Koalition geführt.

Pflegerat spricht von abwegigem Vorschlag

Auch der Deutsche Pflegerat wies den Vorstoß Aiwangers scharf zurück. „Solche abwegigen Vorschläge hatten wir schon häufiger“, sagte Vize-Präsidentin Irene Maier. In der Vergangenheit seien für die Pflegearbeit bereits „Schlecker-Frauen“ oder Personen vorgeschlagen worden, die Sozialstunden abzuleisten hätten. All diese Vorstöße seien Ausdruck einer mangelnden politischen Einstellung zur Pflegeprofession.

Grundsätzlich müsse es Krankenhäusern und Pflegeunternehmen gelingen, fähige Personen zu gewinnen und gut auszubilden, sagte Maier. Käme nicht ausreichend qualifiziertes Personal in der Pflege zum Einsatz, seien Patienten und Bewohner in Gefahr. (hom)

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Kommentare
Margot Lechner 15.09.202115:58 Uhr

Na ja, immerhin könnten Berufsfremde die Pflegefachkräfte entlasten, indem sie zum Beispiel Essen ausgeben, sich mit den Pfleglingen beschäftigen, Betten beziehen, halt alles, wofür man keine Fachkraft braucht.

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