Aktionsbündnis will Münster zur schmerzfreien Stadt machen

Die Schmerztherapie macht seit Jahren erhebliche Fortschritte, trotzdem haben viele Betroffene einen langen Leidensweg hinter sich, bevor ihnen geholfen wird. In Münster soll ihnen dieser bald erspart bleiben.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Unterstützen das Aktionsbündnis: Markus Lewe (Oberbürgermeister), Michael Nake (Privatuni Salzburg), Ingrid Spohr (Leiterin Medizin Mundipharma), Birgit Fischer (BarmerGEK), Esther Pogatzki-Zahn (Uniklinik Münster), Jürgen Osterbrink (Projektleiter), Gerhard Brodner (Fachklinik Hornheide). © Terrahe

Unterstützen das Aktionsbündnis: Markus Lewe (Oberbürgermeister), Michael Nake (Privatuni Salzburg), Ingrid Spohr (Leiterin Medizin Mundipharma), Birgit Fischer (BarmerGEK), Esther Pogatzki-Zahn (Uniklinik Münster), Jürgen Osterbrink (Projektleiter), Gerhard Brodner (Fachklinik Hornheide). © Terrahe

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Der Kampf gegen den Schmerz hat künftig einen Namen: Münster. In den kommenden drei Jahren will das "Aktionsbündnis Schmerzfreie Stadt Münster" die Versorgung von Schmerzpatienten in der westfälischen Stadt untersuchen und Optimierungs-Konzepte entwickeln. "Wir werden mehr erfahren über Schmerz und schmerzbedingte Beeinträchtigungen bei Betroffenen und pflegenden Angehörigen", sagte Projektleiter Professor Jürgen Osterbrink bei der Auftaktveranstaltung in Münster. "Dieses Wissen können wir nutzen, um das Schmerzmanagement und das Symptommanagement interprofessionell zu verbessern", erläuterte der Vorstand des Instituts für Pflegewissenschaft an der Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg.

Für das Versorgungsforschungsprojekt wurde Münster aus acht Städten ausgewählt. "Wir haben eine typisch deutsche Stadt mit einer stabilen Einwohnerstruktur gesucht", sagte Osterbrink. Für die Universitätsstadt sprachen auch das medizinisch-pflegerische Umfeld und die etablierten Strukturen der Gesundheits- und Pflegekonferenz.

Einbezogen in das Projekt sind die sechs Krankenhäuser der Stadt, ohne die Uniklinik, die sich bereits am Vorgängerprojekt "Schmerzfreies Krankenhaus" beteiligt hat. Hinzu kommen jeweils zehn Einrichtungen der stationären Altenhilfe und ambulante Pflegedienste, zwei Hospize und zwei Schmerzpraxen. In den Praxen steht die Versorgung von Patienten mit chronischen Rückenschmerzen im Fokus, bei den Kliniken der postoperative Akutschmerz, in der Altenhilfe der chronische und der akute Schmerz sowie bei den ambulanten Pflegediensten und den Hospizen der Tumorschmerz.

"Wir möchten ein ganzheitliches Schmerzmanagement aufbauen, mit der Schmerzmessung als Beginn einer guten Schmerztherapie bestehend aus medikamentöser und nicht-medikamentöser Therapie und Schulungen", sagte Osterbrink.

Zunächst wird in den verschiedenen Einrichtungen der Ist-Zustand erhoben und evaluiert. Auf dieser Basis entwickelt ein interprofessionelles Team Verbesserungsvorschläge. "Dann folgt die Intervention in Form der Beratung und Schulung von Ärzten, Pflegern und Apothekern", erläuterte er. Parallel werden die Bürger der Stadt Münster über das Thema aufgeklärt. Zum Ende des Projekts erfolgt die Re-Evaluation, um zu überprüfen, ob die eingeleiteten Maßnahmen greifen. Die Projektgruppe wird die Hausärzte in Münster und die schmerztherapeutisch tätigen Fachärzte zu ihren Fortbildungs-Wünschen befragen. "Dann werden wir ihnen ein maßgeschneidertes Fortbildungsangebot machen", kündigte Osterbrink an. Es gebe in Münster gute medizinische Strukturen. Oft fehle es aber an der Verknüpfung.

Das Projekt "Schmerzfreies Krankenhaus" habe gezeigt, dass es bei der stationären Versorgung der Patienten noch große Defizite gibt, sagte Professor Esther Pogatzki-Zahn, Oberärztin an der Uniklinik Münster. Ein Ziel des Projekts sei es, in Münster die Leitlinien etwa zur Akutschmerztherapie in allen Kliniken zu implementieren.

Ein Forschungsprojekt wie das "Aktionsbündnis Schmerzfreie Stadt Münster" sei dringend notwendig, betonte die Vorstandsvorsitzende der Barmer GEK Birgit Fischer. Bislang wird nach ihrer Einschätzung nicht genug für die Schmerzvermeidung getan. Die Datenlage zu chronischen Schmerzen sei schlecht, da es hierfür erst seit 2009 einen eigenen ICD-Code gebe. Nach einer aktuellen Analyse der Barmer GEK gab es im Jahr 2009 hochgerechnet auf die GKV 280 000 chronische Schmerzpatienten in Deutschland. 61 Prozent von ihnen waren jünger als 65 Jahre.

Die Partner des Aktionsbündnisses

Das "Aktionsbündnis Schmerzfreie Stadt Münster" wird von der Stadt Münster, dem Land Salzburg und dem Pharmahersteller Mundipharma gefördert. Am Aktionsbündnis beteiligen sich weitere 14 Kooperationspartner: Apothekerkammer Westfalen-Lippe, Barmer GEK, Bezirksregierung Münster, Gesellschaft für Qualifizierte Schmerztherapie Certcom, Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe, Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin, Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes, Facharzt Initiative Münster, Hausärzteverbund Münster, MEDICA Deutsche Gesellschaft für Interdisziplinäre Medizin, Palliativnetz Münster, Praxis für ganzheitliche Schmerztherapie Münster, Schmerztherapiezentrum Münster, Universitätsklinikum Münster.

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