Anti-Corona-Maßnahmen

Immer mehr Politiker fordern „Jahreswechsel-Lockdown“

Die aktuelle Anti-Corona-Strategie schlägt nicht durch, die zweite Welle ist noch immer nicht gebrochen, wie die Zahl der Neuinfektionen Tag für Tag zeigt. Wird die Gangart nach Weihnachten verschärft?

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Schluss für dieses Jahr? Härtere Kontaktbeschränkungen könnten Schließungen für den Einzelhandel bedeuten.

Schluss für dieses Jahr? Härtere Kontaktbeschränkungen könnten Schließungen für den Einzelhandel bedeuten.

© Oliver Berg/dpa

Berlin. Der Ruf nach einem harten Corona-Lockdown in der Zeit nach Weihnachten wird lauter.

Nach der Nationalen Wissenschaftsakademie Leopoldina plädieren auch immer mehr Politiker dafür, im Kampf gegen die hohen Infektionszahlen nach den Festtagen einschneidende Einschränkungen zu erlassen. In Bayern gelten bereits von diesem Mittwoch an strengere Regeln wie Ausgangsbeschränkungen, Alkoholverbot in Innenstädten und Ausgangssperren in Hotspots.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) plädierte dafür, die Zeit nach Weihnachten zu nutzen, um das öffentliche Leben weitgehend herunterzufahren. „Wir brauchen nach Weihnachten einen echten Jahreswechsel-Lockdown, um uns für 2021 wieder eine Perspektive hin zu mehr Normalität zu erarbeiten“, sagte er in Berlin.

„Von Weihnachten bis zum Ende der Ferien im neuen Jahr kann das Land am ehesten komplett heruntergefahren und so die Ausbreitung der Pandemie effektiv gestoppt werden“, betonte Laschet. „Zugleich halten wir in diesen Wochen die Schäden für Bildungschancen von Kindern sowie für Wirtschaft und Arbeitsplätze so gering wie in keiner anderen Zeit des Jahres.“

Spahn erwägt Runterfahren von Weihnachten bis Ferienende

Auch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kann sich so einen Schritt vorstellen. Seine ruhigste Zeit im Jahr seien tatsächlich die Tage um Weihnachten bis Anfang Januar. „Und mir fiele fast keine bessere Zeit im Jahr ein, in der Gesellschaft weiter runterzukommen, Kontakte zu reduzieren“, sagte Spahn bei „Bild live“.

Bildungsministerin Anja Karliczek sagte der „Rhein-Neckar-Zeitung“: „Die Zeit um den Jahreswechsel muss genutzt werden, um mit effektiven Maßnahmen die Zahl der Infektionen zurückzuführen.“

Die Nationale Wissenschaftsakademie Leopoldina hatte bereits am Dienstag gefordert, die Feiertage und den Jahreswechsel für einen harten Lockdown zu nutzen, um die Infektionszahlen schnell zu verringern.

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„Letzte Warnung der Wissenschaft“

Das Papier der Leopoldina sollte verstanden werden als „deutliche und letzte Warnung der Wissenschaft“, sagte der Virologe Professor Christian Drosten, der an der Stellungnahme mitgewirkt hatte, im neuen „Coronavirus-Update“ bei NDR-Info. Die Wahrscheinlichkeit sei groß, dass die Weihnachtszeit zu einem Anstieg der Fallzahlen führe. Werde jetzt nicht nachreguliert, drohe „Ende Januar und über den gesamten Februar hinaus“ ein Lockdown mit massiven Folgen für die Wirtschaft.

In Bayern treten bereits an diesem Mittwoch schärfere Regeln in Kraft. Landesweit gelten seit Mitternacht Ausgangsbeschränkungen wie im Frühjahr, wenn auch mit einer Vielzahl von Ausnahmen, etwa für Weihnachtseinkäufe oder Treffen mit einem anderen Hausstand.

Der Konsum von Alkohol in Innenstädten und an anderen öffentlichen Orten ist untersagt - wobei die Kommunen die genauen Orte benennen müssen.

Ausgangssperre von 21 Uhr bis 5 Uhr

Auch an den Schulen ändert sich einiges: Ab Klassenstufe acht wird mindestens auf einen Wechsel von Präsenz- und Distanzunterricht umgestellt. In Landkreisen und kreisfreien Städten mit mehr als 200 Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche gibt es nur noch Distanzunterricht, zudem gilt hier eine nächtliche Ausgangssperre von 21 bis 5 Uhr. Menschen dürfen ihre Wohnungen dann nur noch aus wenigen triftigen Gründen verlassen.

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Auch in Hessen gelten von kommenden Freitag an schärfere Regeln bei Inzidenzen höher als 200 je 100.000 Einwohner und Woche. „Für Hessen haben wir in unserem Eskalationsstufengesetz nun eine weitere Stufe Schwarz eingeführt und präzisiert, welche Maßnahmen dann vor Ort umgesetzt werden müssen, sagte Sozialstaatssekretärin Anne Janz (Grüne).

Die Gebietskörperschaften seien umgehend dazu aufgefordert worden, die Maßnahmen durch Allgemeinverfügungen ab Freitag umzusetzen. Diese könnten erst dann wieder aufgehoben werden, wenn die Inzidenz drei Tage in Folge unter 200 gesunken sei. Aktuell gelten diese Regeln vor allem für Stadt und Kreis Offenbach und den Main-Kinzig-Kreis.

Kein Alkohol im öffentlichen Raum

In der Stufe Schwarz gilt eine nächtliche Ausgangssperre von 21 Uhr bis 5 Uhr. Das Verlassen der eigenen Wohnung ist während dieser Zeit nur aus gewichtigen Gründen wie beruflichen oder medizinischen Erfordernissen gestattet. Auch werde der Konsum von Alkohol im öffentlichen Raum und die Abgabe zum Sofortverzehr ganztags untersagt. Auch schulspezifische Maßnahmen ab Jahrgangsstufe8 könnten in Betrachtkommen.

Wann die Ministerpräsidenten erneut mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu Beratungen über mögliche Verschärfungen zusammenkommen, ist unklar. Nachdem Merkel an diesem Donnerstag und Freitag beim EU-Gipfel in Brüssel gebunden ist, war zwischenzeitlich auch ein Termin am kommenden Sonntag im Gespräch. Möglich wäre nach wie vor allerdings auch ein Treffen im Laufe der kommenden Woche. (dpa/bar)

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