Neue BÄK-Richtlinie

Bei Blutspenden bleibt für Risikogruppen eine Wartefrist

Bei sexuell riskantem Verhalten unterscheidet die Bundesärztekammer künftig nicht mehr zwischen den Geschlechtern. Das sieht die neue Blutspende-Richtlinie vor.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Blutspender gesucht: Die Bundesärztekammer hat ihre Richtlinie aktualisiert.

Blutspender gesucht: Die Bundesärztekammer hat ihre Richtlinie aktualisiert.

© Jonas Walzberg / dpa / picture alliance

Berlin. Sexuelles Risikoverhalten wird beim Blutspenden künftig geschlechtsneutral eingeordnet. Die Bundesärztekammer hat am Freitag im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut ihre Hämotherapie-Richtlinie aktualisiert.

Darin heißt es nun, dass eine Zulassung zur Spende vier Monate nach Beendigung eines sexuellen Risikoverhaltens das Risiko für die Empfänger nicht erhöht. Infektionen mit Hepatitis B und C beziehungsweise HIV über das Spenderblut könnten dann sicher ausgeschlossen werden. Bislang galt für homosexuelle Männer eine Wartefrist von zwölf Monaten.

Zeitlich befristete Ausschlüsse gibt es weiterhin. Die Spanne reicht von einem Tag nach einer zahnärztlichen Behandlung bis vier Jahre nach dem sechsmonatigen Aufenthalt in einem Malaria-Endemiegebiet.

Turnusgemäße Aktualisierung

Anlass für die Neufassung des mehr als 100 Seiten starken Regelwerks war die alle zwei Jahre anstehende Aktualitätsprüfung. Zuvor hatte eine Arbeitsgruppe von Ärzten, wissenschaftlichen Fachgesellschaften, Patiententenvertretern, Blutspendediensten, Bundesoberbehörden und Bundesgesundheitsministerium sich mit dem Thema auseinandergesetzt.

Die Experten haben sich dabei gegen eine völlige Aufhebung der Wartefrist aufgrund der sexuellen Orientierung entschieden. Epidemiologische Daten aus Deutschland zeigten, dass sexuelles Risikoverhalten mit dem Erwerb von transfusionsrelevanten Erregern assoziiert seien.

Angesprochen sind damit zum Beispiel Männer, die mit einem neuen Partner Sex haben sowie für alle, die häufig wechselnde Sexualpartner haben, also auch Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter.

Reinhardt warnt vor Diskriminierung

„Keinesfalls darf die medizinisch-wissenschaftliche Risikostratifizierung aus ihrem Regelungskontext gerissen und als Gradmesser für gesellschaftliche Akzeptanz oder Diskriminierung herangezogen werden“, ordnete Bundesärztekammerpräsident Dr. Klaus Reinhardt die Neufassung der Richtlinie ein. Eine Bewertung der sexuellen Orientierung hätten die damit befassten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ausdrücklich nicht vorgenommen.

Die Bundesregierung hält in diesem Zusammenhang Hinweise auf Männer, die mit Männern Sex haben (MSM), für gerechtfertigt. Das geht aus einer Antwort der Regierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion hervor, die das Datum des 13. September trägt.

Von MSM als Hauptbetroffenengruppe für sexuell übertragbare und transfusionsrelevante Infektionskrankheiten gingen bei der Blutspende erhöhte Risiken aus, heißt es darin. Im Jahr 2019 seien 61,5 Prozent der sexuell erworbenen HIV-Infektionen beim Sexualverkehr zwischen Männern erfolgt. Bei Syphilis-Infektionen betrage dieser Wert 85,9 Prozent.

Bei der Versorgung mit Blutkonserven und Blutkomponenten zur Transfusion sieht die Regierung keinen „signifikanten Versorgungsnotstand“. Gleichwohl bereite die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) eine Kampagne vor, um eine „Kultur der Blut- und Plasmaspende“ in der Gesellschaft zu etablieren.

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