Bundesregierung hebt die schützende Hand über Apotheken

In ihrem Bericht stellt die Monopolkommission einen erheblichen Reformbedarf für die wettbewerblichen Rahmenbedingungen im Einzelhandel mit Arzneimitteln fest. Die Regierung tritt derweil auf die Wettbewerbsbremse.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Beratungsgespräch in der Apotheke. Expeten wollen den Wettbewerb unter den Apotheken verstärken.

Beratungsgespräch in der Apotheke. Expeten wollen den Wettbewerb unter den Apotheken verstärken.

© Udo Kroener / fotolia.com

BERLIN. Zu viel Wettbewerb hält die liberal-konservative Bundesregierung für schädlich. Unter ihrem besonderen Schutz stehen die Apotheker. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf den Bericht der Monopolkommission hervor. Diese Institution, die regelmäßig in Gutachten die Wettbewerbsbedingungen auf diversen Märkten analysiert, hatte unter anderem erheblichen Reformbedarf für die wettbewerblichen Rahmenbedingungen im Einzelhandel mit Arzneimitteln festgestellt.

Die Empfehlung der Kommission: ein "sanfter" Preiswettbewerb auch bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln dergestalt, dass Patienten auch an den Kosten der Handelsspanne beteiligt werden. Die Bundesregierung will jedoch am einheitlichen Apothekenabgabepreis festhalten.

Auch die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbots, wie dies die Monopolkommission empfiehlt, lehnt die Bundesregierung ab. Diese Aufhebung ist ein rotes Tuch für die Apothekerfunktionäre. Die Bundesregierung stützt sich auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Mai 2009. Danach ist es Sache der europäischen Nationalstaaten, die Arzneimitteldistribution so zu regeln, dass die Gesundheit der Bürger mit einer sicheren Arzneimittelversorgung geschützt werde. "Diese Forderungen erfüllen insbesondere die inhabergeführten Apotheken."

Bedauernd merkt die Bundesregierung an, dass man aus verfassungsrechtlichen Gründen die Pick-up-Stellen nicht habe verbieten können. Man werde aber die Entwicklung der "Pick-up-Stellen besonders aufmerksam beobachten". Deren Verbot war ein wichtiges Anliegen der ABDA im Zuge der jüngsten Gesundheitsreform, konnte aber nicht realisiert werden, weil es nicht gelang, die von Apothekerfunktionären behauptete Gesundheitsgefährdung nachzuweisen.

Die relativ harsche Kritik der Monopolkommission an erheblichen Ineffizienzen im deutschen Gesundheitswesen will die Bundesregierung so nicht teilen. So falle Deutschland trotz hoher Klinikkapazitäten im internationalen Vergleich nicht durch eine besonders kostenträchtige stationäre Versorgung auf, sondern rangiere im unteren Mittelfeld. Die zur Messung der Ergebnisqualität herangezogenen Indikatoren wie Lebenserwartung und Kindersterblichkeit hält die Regierung aufgrund des hohen Aggregationsgrades für ungeeignet, ein Qualitätsurteil über die Gesundheitsversorgung zuzulassen.

In der Tat sind Ausgabenniveaus deutschen Kliniken im internationalen Vergleich nicht sehr hoch, wie Untersuchungen von McKinsey schon vor einiger Zeit bestätigt haben. Ursache dafür ist aber nicht die Effizienz der Kliniken, sondern die im Vergleich schlechte Bezahlung von Ärzten und Pflegekräfte.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Vermehrt Rezeptfälschungen in Umlauf

KVen: Praxen müssen bei Papier-Rezepten mit mehr Rückfragen rechnen

Antidiabetika

Diabetes-Medikation: Welches Inkretin-Mimetikum ist das richtige?

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Neue Leitlinie Myalgien

Das sind die Red Flags bei Muskelschmerz

Lesetipps
Pneumologen hoffen seit Langem, dass man die Entzündung bei COPD endlich in den Griff bekommen und „das Übel an der Wurzel packen“ kann.

© Tahir/Generated with AI/stock.ad

Inflammation in den Griff kriegen

COPD: Welche Neuerungen in der Therapie und Diagnostik stehen an?

Eine Frau hat Schwierigkeiten, ihre Jeans zu schließen, nachdem sie zugenommen hat.

© Alfonso Soler / stock.adobe.com

Adipositas-Medikamente

Rascher Gewichtsanstieg nach Absetzen von Semaglutid & Co.