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Corona-Pandemie bremst Krebs-Früherkennung und Nachsorge aus

2021 hat sich der Abwärtstrend bei der Inanspruchnahme von Krebsscreenings noch einmal verstärkt. Aber auch bei der Krebsnachsorge sehen Mediziner eine bedenkliche Entwicklung wegen COVID-19.

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Hautkrebsscreening: Aus Angst vor einer Corona-Infektion mieden viele Patienten in den vergangenen zwei Jahren die Früherkennungsuntersuchung.

Hautkrebsscreening: Aus Angst vor einer Corona-Infektion mieden viele Patienten in den vergangenen zwei Jahren die Früherkennungsuntersuchung.

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Heidelberg. Die Corona-Pandemie beeinträchtigt nicht nur die akute Versorgung von Krebspatienten, sondern hinterlässt auch Defizite in der Früherkennung und Nachsorge. „Da werden wir in ein, zwei Jahren noch eine schwierige Situation erleben“, meint Susanne Weg-Remers vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg. „Wir werden es in den kommenden Jahren mit mehr fortgeschrittenen Krebserkrankungen zu tun haben“, ist die Medizinerin sicher.

Aus Angst vor Ansteckung nähmen etliche Menschen die Krebsfrüherkennung nicht wahr, berichtet sie. So würden Mammografie und Darmspiegelungen deutlich weniger genutzt als vor der Pandemie.

Vor allem aufs Hautkrebsscreening wird verzichtet

Viele Deutsche nehmen ohnehin Angebote zur Früherkennung nicht wahr. Laut AOK ist ein relevanter Teil ihrer anspruchsberechtigten Versicherten über einen Zeitraum von zehn Jahren von der Krebs-Früherkennung noch nicht oder nur begrenzt erreicht worden. Und während der Pandemie kam es laut der Krankenkasse zu Einbrüchen bei der Krebsfrüherkennung, die gesundheitliche Folgen befürchten ließen. Besonders starke Rückgänge um fast 20 Prozent waren 2020 bei der Früherkennung von Hautkrebs zu verzeichnen, bei Anfang 2021 weiter rückläufigem Trend. Rückgänge der Teilnahmequoten im Vergleich zu 2019 von je 8,1 Prozent wurden beim Mammografie-Screening und bei der Prostatakrebs-Früherkennung festgestellt. Bei der Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs waren es minus 5,5 Prozent.

Die Barmer bestätigt einen ähnlichen Trend: Operative Eingriffe bei Krebs gingen laut der Krankenkasse 2020 um 26,3 Prozent zurück. Strahlentherapien verzeichneten ein Minus von 28 Prozent. Auch 2021 sei der Stand vor Corona nicht wieder erreicht worden, meint Ursula Marschall, leitende Medizinerin der Barmer. In Bezug auf die Früherkennung geht sie davon aus, dass 71.000 Menschen in Deutschland keine oder eine verspätete Krebsdiagnose erhielten, darunter 11.000 Brustkrebspatientinnen und 9000 Menschen mit Melanomen. Marschall resümiert: „Wir gehen davon aus, dass die Krebssterblichkeit dadurch deutlich steigt.“

Patienten wollen Gesundheitssystem nicht zusätzlich belasten

Auch der Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG), Thomas Seufferlein, verweist auf die gesunkene Früherkennung: „Menschen meiden nicht nur aus Angst vor Corona-Infektionen die Krebsvorsorge, sondern weil sie das Gesundheitssystem nicht zusätzlich belasten wollen.“ Gerade bei häufigen Krebsarten wie Brust-, Darm- und Eierstockkrebs sei die Inanspruchnahme von Früherkennung am Anfang der Pandemie verringert gewesen.

Aber auch bei der Krebsnachsorge laufe es nicht rund, sagt Seufferlein, ärztlicher Direktor Innere Medizin der Uniklinik Ulm. „In den Gipfeln der Pandemie ist auch die Zahl der Nachsorge-Patienten um 30 Prozent gesunken.“ Laut Weg-Remers wurden bei den Krebszentren der Unikliniken in Deutschland im Dezember 2021 ein Viertel weniger Krebsnachsorge-Termine ausgemacht als vor der Pandemie. (dpa)

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