DKFZ

Corona-Pandemie bremst Krebs-Früherkennung und Nachsorge aus

2021 hat sich der Abwärtstrend bei der Inanspruchnahme von Krebsscreenings noch einmal verstärkt. Aber auch bei der Krebsnachsorge sehen Mediziner eine bedenkliche Entwicklung wegen COVID-19.

Veröffentlicht:
Hautkrebsscreening: Aus Angst vor einer Corona-Infektion mieden viele Patienten in den vergangenen zwei Jahren die Früherkennungsuntersuchung.

Hautkrebsscreening: Aus Angst vor einer Corona-Infektion mieden viele Patienten in den vergangenen zwei Jahren die Früherkennungsuntersuchung.

© 35007 / getty images / iStock

Heidelberg. Die Corona-Pandemie beeinträchtigt nicht nur die akute Versorgung von Krebspatienten, sondern hinterlässt auch Defizite in der Früherkennung und Nachsorge. „Da werden wir in ein, zwei Jahren noch eine schwierige Situation erleben“, meint Susanne Weg-Remers vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg. „Wir werden es in den kommenden Jahren mit mehr fortgeschrittenen Krebserkrankungen zu tun haben“, ist die Medizinerin sicher.

Aus Angst vor Ansteckung nähmen etliche Menschen die Krebsfrüherkennung nicht wahr, berichtet sie. So würden Mammografie und Darmspiegelungen deutlich weniger genutzt als vor der Pandemie.

Vor allem aufs Hautkrebsscreening wird verzichtet

Viele Deutsche nehmen ohnehin Angebote zur Früherkennung nicht wahr. Laut AOK ist ein relevanter Teil ihrer anspruchsberechtigten Versicherten über einen Zeitraum von zehn Jahren von der Krebs-Früherkennung noch nicht oder nur begrenzt erreicht worden. Und während der Pandemie kam es laut der Krankenkasse zu Einbrüchen bei der Krebsfrüherkennung, die gesundheitliche Folgen befürchten ließen. Besonders starke Rückgänge um fast 20 Prozent waren 2020 bei der Früherkennung von Hautkrebs zu verzeichnen, bei Anfang 2021 weiter rückläufigem Trend. Rückgänge der Teilnahmequoten im Vergleich zu 2019 von je 8,1 Prozent wurden beim Mammografie-Screening und bei der Prostatakrebs-Früherkennung festgestellt. Bei der Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs waren es minus 5,5 Prozent.

Die Barmer bestätigt einen ähnlichen Trend: Operative Eingriffe bei Krebs gingen laut der Krankenkasse 2020 um 26,3 Prozent zurück. Strahlentherapien verzeichneten ein Minus von 28 Prozent. Auch 2021 sei der Stand vor Corona nicht wieder erreicht worden, meint Ursula Marschall, leitende Medizinerin der Barmer. In Bezug auf die Früherkennung geht sie davon aus, dass 71.000 Menschen in Deutschland keine oder eine verspätete Krebsdiagnose erhielten, darunter 11.000 Brustkrebspatientinnen und 9000 Menschen mit Melanomen. Marschall resümiert: „Wir gehen davon aus, dass die Krebssterblichkeit dadurch deutlich steigt.“

Patienten wollen Gesundheitssystem nicht zusätzlich belasten

Auch der Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG), Thomas Seufferlein, verweist auf die gesunkene Früherkennung: „Menschen meiden nicht nur aus Angst vor Corona-Infektionen die Krebsvorsorge, sondern weil sie das Gesundheitssystem nicht zusätzlich belasten wollen.“ Gerade bei häufigen Krebsarten wie Brust-, Darm- und Eierstockkrebs sei die Inanspruchnahme von Früherkennung am Anfang der Pandemie verringert gewesen.

Aber auch bei der Krebsnachsorge laufe es nicht rund, sagt Seufferlein, ärztlicher Direktor Innere Medizin der Uniklinik Ulm. „In den Gipfeln der Pandemie ist auch die Zahl der Nachsorge-Patienten um 30 Prozent gesunken.“ Laut Weg-Remers wurden bei den Krebszentren der Unikliniken in Deutschland im Dezember 2021 ein Viertel weniger Krebsnachsorge-Termine ausgemacht als vor der Pandemie. (dpa)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Datenbankstudie

Schützt der Erholungsschlaf am Wochenende vor Demenz?

Cochrane Review

RSV-Impfung: Risiko schwer zu erkranken sinkt für Senioren

Das könnte Sie auch interessieren
Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Schematische Wirkprinzipien verschiedener immuntherapeutischer Ansätze beim Multiplen Myelom

© Johnson & Johnson

Therapie des Multiplen Myeloms

Ebnet die Präzisionsmedizin den Weg zur funktionellen Heilung dieser Neoplasie?

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Janssen-Cilag GmbH, Neuss
Abb. 1: APPULSE-PNH-Studie: Hämoglobin-Werte und ARC während des 24-wöchigen Studienzeitraums

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [8]

Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie (PNH)

Nach Umstellung auf Iptacopan: Hämoglobin-Wert klinisch relevant verbessert

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg
Tab. 1: Im Rahmen des Ringversuchs eingesetzte Anti-Claudin-18.2-Antikörperklone: Erfolgsraten und Problemanalyse. Berücksichtigt wurden Antikörper, die in 2 Laboren verwendet wurden

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [8]

Adenokarzinom des Magens/gastroösophagealen Übergangs

Claudin-18.2-Testung – wichtige Aspekte in der Praxis

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Astellas Pharma GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Medikamenten Rezept auf dem Schreibtisch einer Arzt Praxis

© Henrik Dolle / stock.adobe.com

Langfinger unterwegs

KV Sachsen warnt vor Rezeptdiebstählen in Arztpraxen

Ein Vorteil bei ärztlichen Patientinnen und Patienten: Die Kommunikation läuft direkter. (Motiv mit Fotomodellen)

© contrastwerkstatt / stock.adobe.com

Berufsrecht

Kollegen als Patienten? Was das fürs Honorar bedeutet