DDG warnt

Auf Diabetes-Welle kaum vorbereitet

Fehlender fachärztlicher Nachwuchs, zu wenig spezialisierte Klinikstationen: Die Deutsche Diabetes Gesellschaft warnt vor Engpässen in der Versorgung. Die könnten sich aufgrund der steigenden Zahl von Patienten in den kommenden Jahren erheblich zuspitzen.

Von Thomas Hommel Veröffentlicht:
Da kommt etwas auf Deutschland zu in den nächsten Jahren: Bis 2040 könnte die Zahl der Diabetiker auf über zwölf Millionen steigen.

Da kommt etwas auf Deutschland zu in den nächsten Jahren: Bis 2040 könnte die Zahl der Diabetiker auf über zwölf Millionen steigen.

© Halfpoint / stock.adobe.com

Berlin. Deutschland ist nach Ansicht von Ärzten und medizinischen Fachkräften nur unzureichend auf eine wachsende Zahl von Menschen mit Diabetes vorbereitet. „Mit der steigenden Zahl an Diabeteserkrankungen wird auch der Bedarf an fachspezifischer Versorgung wachsen. Im Moment zeichnet sich hier jedoch eine deutlich gegenläufige Tendenz ab“, gibt die Präsidentin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), Professor Monika Kellerer, zu bedenken.

Derzeit sind in Deutschland mehr als sieben Millionen Menschen an Diabetes erkrankt – das Gros leidet an Diabetes Typ 2. Nach Schätzungen des Berliner Robert Koch-Instituts könnte die Zahl der Patienten bis 2040 auf bis zu 12,3 Millionen hochschnellen. Dass für die „Volkskrankheit“ Diabetes dann ausreichend viele qualifizierte Ärzte und Diabetesberaterinnen wie stationäre Behandlungskapazitäten bereitstehen, wird massiv angezweifelt.

DDG-Präsidentin Kellerer verweist auf Krankenhausbetten im Schwerpunkt Endokrinologie und Diabetologie. Aus Daten des Statistischen Bundesamtes lasse sich gut ablesen, dass sich die Zahl der entsprechenden Klinikbetten im Gegensatz zu nahezu allen anderen internistischen Schwerpunkten in den vergangenen zwei Jahrzehnten fast halbiert habe, rechnet die Ärztliche Direktorin des Zentrums für Innere Medizin I am Marienhospital Stuttgart vor.

Bettenkapazitäten zuletzt massiv zugelegt

In der Gastroenterologie, Kardiologie und Onkologie dagegen hätten die Bettenkapazitäten zuletzt um das Zwei- bis Dreifache zugelegt. „Das zeigt die Schieflage in der Versorgung.“ Für Diabetes-Patienten sei das keine gute Nachricht. Seien beispielsweise nicht genügend Betten auf Klinikstationen mit Schwerpunkt Endokrinologie und Diabetologie vorhanden, landeten Diabetiker in anderen Fachbereichen und würden womöglich wieder nach Hause geschickt, weil Spezialisten für die Behandlung fehlten.

Hinzu komme, so Kellerer, dass eine „geringe klinische Präsenz“ der Diabetologie erhebliche negative Auswirkungen auf die Medizinerausbildung habe. „Die Universitäten sind die Garanten für den klinischen und wissenschaftlichen Nachwuchs von morgen.“ Der aber bleibe aus, wenn nicht genügend Lehrstühle vorhanden seien. Deutschlandweit gebe es derzeit lediglich acht klinische Lehrstühle für Diabetologie an 36 staatlichen Medizinischen Fakultäten, berichtet die DDG-Präsidentin. Auch an den neu geschaffenen medizinischen Fakultäten seien entsprechende Lehrstühle nicht vorgesehen. „Das ist für eine adäquate Patientenversorgung katastrophal.“

Würden Politik und Krankenhausleitungen der „Marginalisierung“ der klinischen Diabetologie an den Universitäten nicht entgegentreten, würden Studierende der Medizin kaum mehr dem Fach Endokrinologie/Diabetologie begegnen und als Folge auch keine klinische und wissenschaftliche Kompetenz für das Fach entwickeln können, warnte Kellerer.

Die DDG fordert deshalb, dass an jeder medizinischen Fakultät ein klinischer Lehrstuhl für Endokrinologie und Diabetologie eingerichtet ist. Die Bildungsminister der Länder könnten in diesem Sinne auf die Hochschulen einwirken, betonte DDG-Präsidentin Kellerer. Mithilfe gezielter Fördersysteme ließe sich hier etwas bewegen.

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