Corona-Pandemie

Die Schwierigkeiten, die Welt zu impfen

In Afrika landen immer wieder Corona-Impfdosen auf dem Müll – weil sie zu spät angeliefert wurden und die Haltbarkeit abgelaufen ist. Wie sich für Entwicklungsländer ein besserer Zugang zu Impfstoffen ermöglichen lässt, wurde in einem Ausschuss des EU-Parlaments diskutiert.

Von Katrin Pribyl Veröffentlicht:
Mobile Impfstation in Harare, der Hauptstadt Simbabwes. Afrika verzeichnet bislang eine sehr geringe Impfquote gegen SARS-CoV-2.

Mobile Impfstation in Harare, der Hauptstadt Simbabwes. Afrika verzeichnet bislang eine sehr geringe Impfquote gegen SARS-CoV-2.

© Tafadzwa Ufumeli/ZUMAPRESS.com/picture alliance

Brüssel. Es waren verstörende Bilder, die im Dezember aus Nigeria in den Nachrichten auftauchten. Rund eine Million Impfdosen, verpackt in etlichen braunen Paketen, landeten auf der Müllkippe. Der Grund: Die Haltbarkeit der Vakzine war abgelaufen.

Doch Nigeria stellt keinesfalls einen Einzelfall dar bezüglich der Probleme auf dem afrikanischen Kontinent, die Menschen gegen das Coronavirus zu impfen. Das führten Donnerstag Covax-Experten während einer Sitzung des Ausschusses für Entwicklung (DEVE) des Europäischen Parlaments aus. Dessen Vorsitzender, der Europaabgeordnete Tomas Tobé, beklagte zunächst eine „erschreckend geringe“ Impfquote in Afrika. Diese werfe Schatten auf die Bemühungen der Staatengemeinschaft – und den anstehenden EU-Afrika-Gipfel im Februar.

Der schwedische Konservative forderte angesichts des dringenden Bedarfs, „die Fortschritte zu beschleunigen“, um einen gleichberechtigten Zugang zu Impfstoffen zu ermöglichen und die Herstellung in weniger entwickelten Ländern zu fördern. Doch auch wenn die griechische Europaparlamentarierin Chrysoula Zacharopoulou die „historische Führungsrolle“ der EU beim Kampf gegen die Pandemie pries, gestand die Co-Vorsitzende des Covax-Gremiums, das die 27 Mitgliedstaaten vertritt, ein, dass das Programm nicht so funktioniert habe, wie „es hätte funktionieren müssen“.

Kurze Haltbarkeitsdauer

Besonders frustriert zeigten sich einige der Anwesenden unter anderem über eine Zahl: Allein letzten Monat lehnten ärmere Länder mehr als 100 Millionen Dosen ab, die vom globalen Programm Covax verteilt wurden. Der Grund dafür lag meistens an der kurzen Haltbarkeitsdauer, wie Etleva Kadilli, Chefin der Unicef-Versorgungsabteilung, vor den Abgeordneten erklärte.

Von den 15 Millionen abgelehnter Dosen, die aus der EU stammten, hätten drei Viertel der AstraZeneca-Mittel eine Haltbarkeit von weniger als zehn Wochen nach geplanter Auslieferung gehabt. Es mangele laut Kadilli zudem an Kapazitäten in den Aufnahme-Ländern, weshalb sie gezwungen wären, Lieferungen zu verschieben. So fehlten in manchen Staaten schlichtweg Kühlschränke für die Aufbewahrung. Auch zu wenig medizinisches Personal, eine nicht ausgebaute Infrastruktur oder Verzögerungen bei der regulatorischen Zulassung gehören zu den Problemen auf dem Kontinent.

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Zahlreiche Verzögerungen

Die Initiative Covax setzt sich für einen gerechten Zugang zu Vakzinen weltweit ein. Doch die aktuellen Zahlen zeigen die Schwierigkeiten, die Welt zu impfen. Zwar sei man kurz davor, eine Milliarde Dosen in fast 150 Länder zu versenden, was „eine Riesenleistung“ sei, wie Marie-Ange Saraka-Yao von der Impfallianz GAVI, die viele Lieferverträge aushandelt, lobte.

Es habe aber auch viel länger als erwartet gedauert, was unter anderem am Export-Stopp von Seiten Indiens letzten April lag. Saraka-Yao lobte dennoch das Programm und erinnerte daran, dass es geschaffen wurde, „um eine Rettungslinie zu schaffen für 92 geringer entwickelte Volkswirtschaften, damit sie Zugang zu Impfstoff bekommen“.

Obwohl einige gespendete Vakzine in Afrika wie auch anderen Kontinenten ungenutzt blieben: Über Covax wurden GAVI zufolge inzwischen 989 Millionen Impfdosen in 144 teilnehmende Länder geliefert, so Saraka-Yao. Team Europa habe vorne gestanden bei der globalen Solidarität im Kampf gegen die Pandemie. Von den 440 Millionen, die bis Ende 2021 geliefert worden wären, seien laut Saraka-Yao 217 Millionen vom Team Europa, also der EU und ihren Mitgliedstaaten, gekommen.

Unterschied zwischen Reich und Arm

Der Unterschied zwischen reichen und ärmeren Ländern ist bis heute gravierend. So waren im Januar laut UN-Weltgesundheitsbehörde WHO in reichen Staaten 67 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft. Gleichzeitig haben in weniger wohlhabenden Staaten demnach erst acht Prozent ihre erste Immunisierung erhalten. Die EU hatte schon vor Wochen zugesichert, 700 Millionen Dosen bis Mitte 2022 zu spenden, um ihr Ziel, 70 Prozent der Weltbevölkerung zu impfen, zu erreichen.

Bilder wie jene im Dezember aus Nigeria soll es künftig jedenfalls nicht mehr geben. So beschlossen die Gesundheitsbehörden in dem westafrikanischen Land, keine bald ablaufenden Impfstoff-Spenden mehr anzunehmen.

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