Rheinland-Pfalz
Ein hü und hott bei Kliniken
Dass die rheinland-pfälzische Landesregierung kleine Kliniken erhalten will, stößt dem vdek in Rheinland-Pfalz sauer auf.
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Bettenabbau ist unpopulär: Frauen demonstrierten in Mainz Ende September gegen die Schließung von Geburtshilfestationen.
© Ines Klose/dpa
Mainz. Es gibt zu viele Kliniken in Rheinland-Pfalz, die wirtschaftlich nicht tragfähig sind, unter Investitionsstaus leiden und damit auf Dauer den Anforderungen an Qualität und Wirtschaftlichkeit nicht gerecht werden können, so Martin Schneider, Leiter der rheinland-pfälzischen Landesvertretung des Verbands der Ersatzkassen (vdek) in Mainz.
Dennoch gibt es immer wieder hitzige Diskussionen um Standorte, wenn es um eine Veränderung dieser Strukturen geht. Am Ende bleiben die Kliniken bestehen, auch wenn vieles dagegen spricht.
Mindestmengen auf Bundesebene
Je häufiger Ärzte eine bestimmte Operation durchführen, desto geringer sei die Wahrscheinlichkeit von Komplikationen und die Sterberate, erklärt Schneider gegenüber der „Ärzte Zeitung“. Das hätten Studien belegt. Dazu wurden auf Bundesebene Mindestmengen für durchgeführte Operationen festgelegt.
Wenn die Landesregierungen die jetzige Mindestmengenregelung dann auch noch untergraben würden, indem sie finanziell nicht tragfähige Kliniken weiter unterstützten, sei das eindeutig kontraproduktiv und ginge auf Kosten der Qualität, so Schneider weiter.
Jüngstes Beispiel: Bei einem finanziellen Defizit können Kliniken nach Vorgabe des Gemeinsamen Bundesausschusses einen Sicherstellungszuschlag erhalten. Weil einige kleine Kliniken in Rheinland-Pfalz hier aus dem bundesweiten Raster fallen würden, hat das rheinland-pfälzische Kabinett eine neue Landesverordnung erlassen.
Ab 1. Januar 2020 können demnach Kliniken in Nastätten, Kirn, Simmern, Wittlich, Altenkirchen/Hachenburg, Hermeskeil, Saarburg, Kusel diese Sicherstellungszuschläge aushandeln.
„Geburtshilfestärkungsgesetz“ angestoßen
Kürzlich hatte Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Gesundheitsministerin in Rheinland-Pfalz, außerdem eine Initiative für ein „Geburtshilfestärkungsgesetz“ auf Bundesebene auf den Weg gebracht. Mit diesem soll verhindert werden, dass Geburtshilfestationen im ländlichen Raum geschlossen werden.
„Der Abbau beziehungsweise die Umwidmung von Kapazitäten dürfen kein Tabu mehr darstellen“, so Schneider. Kleine, nicht bedarfsnotwendige Kliniken könnten in Gesundheitszentren umgewandelt werden, die die haus- und fachärztliche Versorgung in der Region abdecken könnten, so die Idee des vdek.
Gleichzeitig sollten Kliniken auf mehr Spezialisierung setzen. Heute schon würden insbesondere aufgeklärte Patienten weite Wege in Kauf nehmen, um etwa in einer spezialisierten Klinik behandelt zu werden, die Erfahrung, Technik und Ausstattung für die jeweilige Erkrankung nachweisen kann, meint Schneider.
Sektorübergreifende Versorgungsplanung
Generell sei es aber wichtig, bei derartigen Umstrukturierungen von Anfang an auch die Bevölkerung einzubinden und deren Sorgen und Befürchtungen ernst zu nehmen. „Wenn wir die Gründe für eine Krankenhausschließung oder –Umwidmung ausführlich erläutern und die Alternativen plausibel aufzeigen, werden wir die Bevölkerung auch auf unserer Seite haben“, ist sich Schneider sicher.
Optimal sei eine sektorenübergreifende Versorgungsplanung für die Gesundheitsversorgung, in der in einer konzertierten Aktion Vertreter von Kliniken, KVen, Kassen und Land bestehende Strukturen auf den Prüfstand stellen und eine neue ambulant-stationär verzahnte Versorgung aufbauen, so Schneiders Vision.
„Eine stärkere Verzahnung der Versorgungsbereiche fordern wir schon seit vielen Jahren. Angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen kommen wir da nicht mehr umhin!“, sagt Schneider. Hierfür sei aber zukünftig eine stärkere Professionalisierung der Planungs- und Entscheidungsebenen auf Landesebene notwendig, das §90a-Gremium könne diese Aufgabe nicht leisten.