Seltene Erkrankungen

Fortschritte bei der Versorgung

Etwa 3000 Gendefekte können mittlerweile mit neuen Diagnoseverfahren ermittelt werden.

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BERLIN. In den vergangenen Jahren hat die Forschung zu und Versorgung von Menschen mit seltenen Erkrankungen große Fortschritte gemacht.

"Jetzt sind wir in einer Übergangszeit, in der sich vor allem bei der Finanzierung viel tun muss", sagte Professor Heiko Krude vom Berliner Centrum für Seltene Erkrankungen an der Charité bei einer Veranstaltung der Uni Klinik, die gemeinsam mit dem Patientenverband Achse und dem Pharma-Unternehmen Pfizer organisiert wurde.

Besonders bei der Versorgung von erwachsenen Menschen mit einer Seltenen Erkrankung müsse noch an den Rahmenbedingungen gearbeitet werden. Momentan gäbe es beispielsweise an der Charité ein hoch spezialisiertes Zentrum, das bislang nur Kinder versorgt. Deutschlandweit gibt es allerdings elf Zentren, die auch Erwachsene mit Verdacht auf eine seltene Erkrankung untersuchen.

Jahrzehntelange Odyssee von Arzt zu Arzt

Vor allem Erwachsene leiden oft unter einer jahrzehntelangen Odyssee von Arzt zu Arzt. Diesen Patienten will auch die Patientenorganisation Achse mit Rat und Tat zur Seite stehen. "Wir sind die, die andere begleiten", sagte Lisa Biehl, stellvertretende Geschäftsführerin bei Achse.

Sie setzt vor allem auf eine bessere Aus- und Weiterbildung der Ärzte zum Thema Seltene Erkrankungen. Auch lobte sie den vom Bundeskabinett verabschiedeten Nationalen Aktionsplan für Menschen mit seltenen Erkrankungen (NAMSE), bei denen sich 28 Akteure, darunter auch die Bundesregierung, verpflichtet haben, sich mehr für Menschen mit Seltenen Erkrankungen einzusetzen.

Professor Frank Buttgereit von der Klinik für Rheumatologie und Innere Medizin an der Charité nahm seine Kollegen in Schutz: "Ärzte denken nicht jeden Tag daran, dass ein Patient, der unerklärliche Symptome hat, an einer seltenen Krankheit leiden könnte." Daher habe sich in der Diagnostik ein Stufenmodell entwickelt, bei der sich Verdachtsdiagnosen, die dazugehörigen Therapien und ständige Evaluation und möglicherweise Veränderung der Therapieform die Waage halten.

Dafür gäbe es in der stationären Versorgung an immer mehr Zentren Fallkonferenzen, an denen Ärzte aus unterschiedlichen Fächern teilnähmen.

Grundlage für eine bessere Versorgung ist die Erforschung seltener Krankheiten. Und hier macht Professor Stefan Mundlos vom Berliner Zentrum für Seltene Erkrankungen an der Charité Mut: "Rund 3000 Gendefekte können wir mit moderner Medizin bereits testen", sagte er.

"Müssen Puzzlestücke zusammensetzen"

Die Zukunftsvision sei daher, einen Test zu entwickeln, der mit einem Verfahren möglichst viele Krankheiten ausschließen kann. "Wir müssen versuchen, die Puzzlestücke zusammenzusetzen", so Mundlos. Allerdings sei es gerade bei Seltenen Erkrankungen schwierig, ein valides Studiendesign zu entwickeln.

Auch Pharma-Unternehmen wie Pfizer unterstützen die Forschung an solchen Test. "Die Studien sind allerdings kompliziert, da die Patienten oft über die ganze Welt verstreut sind", erklärte Dr. Peter-Andreas Löschmann von Pfizer. Die Forscher setzten auch auf genetische Untersuchungen, um Krankheiten zu entdecken.

 Allerdings müsse man bei der Genanalyse die ethischen Probleme beachten. "Die Ergebnisse stehen dann in der Krankenakte, sie werden dem Patienten nur auf ausdrücklichen Wunsch gesagt", so Mundlos. (bee)

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