Sperre in gut versorgten Gebieten

Frankreich schafft die Niederlassungsfreiheit für Ärzte teilweise ab

Frankreichs Ärzte können sich nicht mehr überall frei niederlassen. Die Nationalversammlung beschloss eine Regelung, nach der dicht versorgte Gebiete erst einmal grundsätzlich gesperrt sind.

Denis Durand de BousingenVon Denis Durand de Bousingen Veröffentlicht:
Protestplakat an einer Straße

Viele Gemeinden in Frankreich suchen händeringend nach Ärzten. Neue Niederlassungsregeln sollen für eine bessere Verteilung der Praxen im Land sorgen.

© Mathieu Thomasset / Hans Lucas / picture alliance

Paris. Mit einer breiten Mehrheit hat die französische Nationalversammlung die bisher umfängliche Niederlassungsfreiheit für Ärztinnen und Ärzte nach langen Debatten in der Nacht zum Donnerstag eingeschränkt. Auf diese Massnahme reagierten die Mediziner empört. Auch Gesundheitsminister Dr Yannick Neuder hatte sich kurz vor der Abstimmung gegen die Abschaffung ausgeprochen.

Seit Jahren fordert der Sozialist Guillaume Garot, der im Parlament das westfranzösische ländliche Département Mayenne vertritt, die Streichung der Niederlassungsfreiheit. Er argumentiert, dass dies im Interesse der Patienten sei, da diese immer öfter in ihren Dörfer und Städtchen ohne Ärzte auskommen müssten, weil die Mediziner sich lieber in grösseren Städten niederlassen.

Gesundheitsausschuss noch dagegen

Deswegen stellte Garot, dessen Département besonders vom Arztmangel betroffen ist, 2024 einen sogenannten überparteilichen Antrag. Obwohl der Sozial-und Gesundheitssausschuss der Nationalversammlung, in dem viele Ärzte als Abgeordneten sitzen, diesen Antrag am 26. März mit knapper Mehrheit kippte, wurde er im Plenarsitzung wieder eingeführt, und diesmal mit 155 Ja-Stimmen gegen 83 Nein-Stimmen klar angenommen.

Darüber hinaus wird sich das Parlament Anfang Mai erneut mit dem Thema beschäftigen, um weitere Vorschläge Garots zu diskutieren. Darunter befindet sich etwa die Pflicht für alle Hausärzte, eine jährliche Mindestanzahl von Nacht- und Notdiensten zu gewährleisten. Diese Pflicht, die jahrzehntelang galt, wurde 2003 abgeschafft, jedoch unter der Bedingung, dass die Ärzte und Ärztinnen innerhalb ihren Stadt- oder Verwaltungskreise selbst einen Bereitschaftsdienst organisieren. In vielen Regionen funktioniert das nur lückenhaft.

Ende der Wüstenei?

Mit ihren Antrag hoffen Garot und seine Kollegen, endlich einen wirkungsvollen Beitrag gegen die sogenannten Ärztewüsten zu leisten. Die neue Regel besagt, dass Ärzte und Ärztinnen, die sich in unterversorgten Gebieten niederlassen wollen, dies natürlich weiterhin frei tun können. Mediziner, die aber in einem dichter versorgten Raum praktizieren wollen, werden warten müssen, bis einer der der dort tätigen Ärzte die Praxis aufgibt. Sonst gibt es keine behördliche Erlaubnis.

Nach Angaben der Gesundheitsbehörde wird nur 13 Prozent der Landesfläche so für die freie Niederlassung gesperrt. 87 Prozent des Landes seien dagegen nicht von der neuen Regelung betroffen.

Junge Kollegen wollen protestieren

Kritisiert werden die Maßnahmen von fast allen Ärzteverbänden und vor allem von jungen Ärztinnen und Ärzten, die schon an Protestaktionen denken. Sie wollen die Niederlassungsfreiheit als ihr Grundrecht erhalten. Niemand, so das Argument, dürfe entscheiden, wie und vor allem wo sie ihr Berufsleben verbringen wollen.

Die Verbände fürchten zudem, dass die Einschränkung der Niederlassungsfreiheit viele junge Leute von einem Medizinstudium abhalten könnte, so dass sich auf lange Sicht der Ärztemängel noch verschärft. Nur verbessertenArbeitsbedingungen einschliesslich eine angepasste Vergütung könnten Mediziner und Medizinerinnen in die dünn besiedelten Gebiete locken.

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