Gewappnet für die Erkältungssaison

Gedämpftes Echo auf Spahns neuen Vorstoß zu Fieberambulanzen

Gesundheitsminister Jens Spahn will die Grippewelle in Corona-Zeiten mit Fieberambulanzen abreiten lassen. KBV und Hausärzte sind skeptisch.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht: | aktualisiert:
Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ist bereits in einer Fieberambulanz getestet worden (Archivbild). Mit solchen Einrichtungen und besonderen Schutzvorkehrungen für Risikogruppen will Spahn das Land für den befürchteten Anstieg der Corona-Infektionszahlen in der kühleren Jahreszeit wappnen.

Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ist bereits in einer Fieberambulanz getestet worden (Archivbild). Mit solchen Einrichtungen und besonderen Schutzvorkehrungen für Risikogruppen will Spahn das Land für den befürchteten Anstieg der Corona-Infektionszahlen in der kühleren Jahreszeit wappnen.

© Roland Weihrauch/dpa

Berlin. Die Ärzteschaft sieht sich gut vorbereitet auf das Infektionsgeschehen im Spätjahr, in dem es gleichzeitig verstärkt zu Erkältungen, grippalen Infekten und COVID-19-Infektionen kommen kann. „Infekte können selbstverständlich in den Praxen behandelt werden. Dafür gibt es beispielsweise die Fiebersprechstunden“, sagte KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister am Montag. Hausärzte, Kinder- und Jugendärzte sowie Fachärzte könnten dieses Verfahren, das es zu Hochzeiten der Pandemie bereits gab, wieder aufleben lassen.

Die KBV-Spitze reagierte damit auf Äußerungen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vom Wochenende. Spahn hatte im Interview mit der „Rheinischen Post“ gefordert, „im Herbst regional und lokal sogenannte Fieberambulanzen“ flächendeckend einzurichten, an die sich Patienten mit klassischen Atemwegssymptomen wie „Corona und Grippe“ wenden könnten. Er setze dabei auf die KVen.

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„Es geht darum, eine Infrastruktur zu haben, die sicherstellt, dass sich die Menschen im Wartezimmer nicht untereinander anstecken“, konkretisierte Spahn in einem Statement für die TV-Kameras am Montagnachmittag seine Aussage. Dafür kämen Schwerpunktsprechstunden, Schwerpunktpraxen und „regionale Fieberambulanzen“ infrage.

Spahn ordnete die Überlegung in die Corona-Gesamtstrategie der Bundesregierung ein. Die setzt inzwischen auf gezielte Tests in Risikogruppen, den Einsatz von Antigentests und ab Mitte Oktober auch auf eine Änderung des Quarantäneregimes.

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KV-Ebene reagiert überrascht

Überrascht reagierte die Vorstandsetage der KV Bayerns. Es habe im Vorfeld keine Informationen aus dem Gesundheitsministerium gegeben. Das Ministerium habe dazu auch keine Daten abgefragt, hieß es am Montag. Nachdem der Katastrophenfall in Bayern für beendet erklärt worden sei, sei die Versorgung symptomatischer Patienten wieder in die Regelversorgung übergegangen. Sie könne von den Praxen der niedergelassenen Haus- und Fachärzte gewährleistet werden.

Gleichwohl gebe es bei der KV Bayern Planungen, in Hotspots mit hohen Neuinfektionsraten Schwerpunktpraxen in den Strukturen der Regelversorgung einzurichten.

KBV: Regionen sollen entscheiden

Der Aufbau eigenständiger COVID-19-Einrichtungen sollte jeweils regional entschieden werden, hieß es bei der KBV. „Diese Einrichtungen könnten in Abstimmung mit dem Öffentlichen Gesundheitsdienst auf freiwilliger Basis auch von Vertragsärzten oder KVen betrieben werden“, sagte KBV-Chef Dr. Andreas Gassen.

Geklärt sein müsse im Vorfeld allerdings die Finanzierung und die Versorgung mit Schutzausrüstung. Im Frühjahr waren etwa 500 solcher Infektzentren und Fieberambulanzen in die ambulante Versorgung eingebunden gewesen, um die Patientenströme zu trennen.

Hausärzte sind skeptisch

Bei den Hausärzten hält sich die Begeisterung in Grenzen, erneut COVID-Behandlungszentren und Fieberambulanzen einzurichten. „Ziel ist es, die Patientenversorgung in der kommenden Saison in den Praxen zu lassen“, sagte die Vorsitzende des Hausärzteverbands Westfalen-Lippe, Anke Richter-Scheer, beim 41. Deutschen Hausärztetag in Berlin. Im Nachhinein habe sich herausgestellt, dass die Patienten in diesen Zentren nicht optimal versorgt worden seien. Die Hausärzte hätten einen höheren Anspruch an die Patientenversorgung als nur Abstriche zu machen.

„Damit die geplanten zentralen Fieberambulanzen, die die Kassenärztlichen Vereinigungen aufbauen sollen, tatsächlich funktionieren, braucht es klare politische Vorgaben zu Öffnungszeiten und Erreichbarkeit und ausreichende Kapazitäten“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Linke-Bundestagsfraktion, Achim Kessler, am Montag. Andernfalls würden sie zur Enttäuschung für eine effektive Pandemie-Bekämpfung.

Kinderärzte kritisieren Spahns Vorstoß, Lob vom MB

Unglücklich mit dem Vorschlag Spahns zeigt sich auch der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). In Ambulanzen würden Kinder und Jugendliche von fachfremdem Personal „wie am Fließband behandelt“, sagte BVKJ-Präsident Dr. Thomas Fischbach. Wichtiger wäre eine „auf pädiatrische Belange zugeschnittene und risikoadjustierte Teststrategie“ des Robert Koch-Instituts. Aber auf die „müssen wir leider weiterhin warten“.

Dagegen unterstützte der Marburger Bund die Idee der Fieberambulanzen. Dies sei sinnvoll, sagte die MB-Vorsitzende Dr. Susanne Johna der „Passauer Neuen Presse“. Es müsse vermieden werden, dass Patienten mit anderen Erkrankungen aus Angst vor COVID-19 den Arztbesuch scheuen.

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