Appell an Bund

Gesundheitsminister der Länder: Nur vollständig funktionsfähige Anwendungen sollen in Praxen

Die Gesundheitsministerkonferenz sieht den bisherigen Digitalisierungskurs mit Skepsis. In Praxen dürften ausschließlich qualitätsgesicherte und komplett funktionsfähige Anwendungen landen, fordern die Länder-Minister.

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Die Gesundheitsminister der Länder mit Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) bei ihrem Treffen in Magdeburg.

Die Gesundheitsminister der Länder mit Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) bei ihrem Treffen in Magdeburg.

© Jens Schlueter/Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt

Magdeburg/Berlin. Die Gesundheitsminister der Länder haben an den Bund appelliert, bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen das Ruder herumzureißen: „Ausschließlich vollständig funktionsfähige, ausreichend leistungsfähige und qualitätsgesicherte Anwendungen dürfen in einem flächendeckenden Roll-out-Prozess die Praxen erreichen“, heißt es in einem Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) vom Donnerstag.

Angezeigt sei eine gemeinsam von Bund, Ländern und Selbstverwaltung erarbeitete E-Health-Strategie, mit der die Rahmenbedingungen für eine digitale Transformation des deutschen Gesundheitswesens definiert werden sollten. Die Telematikinfrastruktur und ihre Anwendungen müssten „besser auf die Versorgung und die Perspektive der Nutzer“ ausgerichtet werden.

Zwingend sei es in diesem Prozess auch, die digitale Gesundheitskompetenz der Bürger und Patienten zu stärken. Dafür müssten diese mehr „in die Kommunikation eingebunden und deutlich intensiver über die bestehenden digitalen Gesundheitsanwendungen informiert werden“, erklären die Gesundheitsminister.

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Verbot von investorengetragenen Zahnärzte-MVZ gefordert

Die Zügel anziehen wollen die Länderminister im Umgang mit Fremdinvestoren in MVZ und haben sich als Präzedenzfall dafür Zahnärzte herausgepickt. Den Bund fordern die Länder auf, unter Einschluss des Beruferechts Regelungen zu erlassen, um Investoren „mit ausschließlichen Kapitalinteressen von der Gründung und dem Betrieb Zahnärztlicher medizinischer Versorgungszentren auszuschließen“.

In einem weiteren Schritt soll das BMG dann prüfen, ob eine vergleichbare Regelung auch für die ärztliche Versorgung getroffen werden kann, die dann in der Bundesärzteordnung verankert werden könnte. In Paragrafen 95 Absatz 1b SGB V solle zudem ein Passus eingefügt werden, der die Neugründung von MVZ auf den KV-Bezirk begrenzt, in dem das jeweilige Krankenhaus seinen Standort hat.

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„Wir drehen uns im Kreis“

Der Bundesverband der Betreiber medizinischer Versorgungszentren (BBMV) kritisierte diesen Beschluss. „Mit den Beschlüssen der GMK drehen wir uns weiter im Kreis“, sagte die BBMV-Vorsitzende Sibylle Stauch-Eckmann. Diese Forderung sei vom Bundesrat bereits 2018 erhoben und dann wieder verworfen worden – Gutachten unter anderem des BMG hätten gezeigt, dass eine solche Einschränkung die Patientenversorgung in der Fläche verschlechtern würde, erinnerte der BBMV.

Hingegen begrüßte der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands (SpiFa) den Vorstoß der Länderminister. „Investorengetragene MVZ sind kein Einzelfall mehr und keine Stilblüte der zahnärztlichen Versorgung. Tatsächlich überwiegt ihr Anteil bereits über viele Facharztgruppen hinweg – mit steigender Tendenz“, heißt es in einer Mitteilung von Freitag.

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SpiFa: Nur Vertragsärzte sollten zur MVZ-Leitung befugt sein

Die Forderungen des SpiFa gehen allerdings weiter als die der GMK. So spricht er sich beispielsweise dafür aus, dass die Leitung eines MVZ stets einem zugelassenen Vertragsarzt obliegen sollte. Dadurch könnte „zumindest im Ansatz sichergestellt werden, dass unternehmerische Entscheidungen aufgrund von medizinischen und nicht rein ökonomischen Prinzipien getroffen werden“, meint der SpiFa-Vorsitzende Dr. Dirk Heinrich.

In einem weiteren Beschluss drängen die Länderminister angesichts steigender Energie- und Sachkosten darauf, im Krankenhausentgeltgesetz und in der Bundespflegesatzverordnung einen Inflationsausgleich vorzusehen. Dieser sollte für Krankenhäuser, Reha- und Vorsorgeeinrichtungen sowie Pflegeheime gelten. Nötig sei ein kurzfristiger finanzieller Ausgleich für die nicht refinanzierten Kostensteigerungen, der bereits ab 1. Juli greifen sollte. (fst)

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