Tarifverhandlungen

Hohe Beteiligung an Warnstreiks der Uniklinik-Ärzte

Schlechte Arbeitsbedingungen haben tausende von Uniärzten auf die Straße getrieben. Viele Überstunden und Bereitschaftsdienste belasten die Ärzte am meisten.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
 Ärzte von Unikliniken bei einem Warnstreik vor dem Hauptbahnhof in Hannover: Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund hatte rund 20.000 Ärzte von 23 Universitätskliniken dazu aufgerufen.

Ärzte von Unikliniken bei einem Warnstreik vor dem Hauptbahnhof in Hannover: Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund hatte rund 20.000 Ärzte von 23 Universitätskliniken dazu aufgerufen.

© Julian Stratenschulte/dpa

Hannover. Triller-Pfeifen, Sirenen, Plakate und Transparente: Mehr als 3500 Ärztinnen und Ärzte aus 23 deutschen Universitätsklinika haben am Dienstag auf dem Opernplatz in Hannover lautstark für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Lohn demonstriert. Aufgerufen zu dem Protest hatte der Marburger Bund (MB). Anlass des Protests sind die feststeckenden Verhandlungen, die der MB seit November mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TDL) führt. Am Dienstag startete die dritte Verhandlungsrunde in Hannover.

„The working dead“, schrieben die Demonstranten auf ihre Plakate. „Wer später schläft ist länger wach!“ oder: „Nachts mach´ ich´s fast umsonst!“ Die Normalstationen sind oft so schlecht besetzt, dass wir die Stationsarbeit in der Regelarbeitszeit nicht geschafft kriegen“, sagte Luca Bettac, im fünften Jahr Assistent an der Uniklinik Ulm auf der Demonstration zur „Ärzte Zeitung“. Viele Kollegen müssen früher kommen und sind abends bis 20 Uhr da, um ihre Stationen überhaupt am Laufen zu halten. Und von der Klinikleitung kommt weder Anerkennung noch Unterstützung!“

Zahl der Bereitschaftsdienste soll begrenzt werden

„Bei der TdL ist keine Bewegung zu erkennen“, rief Hans Martin Wollenberg, Vorsitzender des Landesverbandes Niedersachsen des MB, vom Podium herunter. „Da gibt es nur eine Antwort: Nicht mit uns! Wir setzen uns zur Wehr!“ Auch die neue Bundesvorsitzendes des MB, Dr. Susanne Johna, sagte: „Wir fordern eine bessere Vergütung und substanzielle Verbesserung der Arbeitsbedingungen!“

Die Gewerkschaft fordert, dass monatlich nur noch zwei Wochenenddienste angeordnet werden dürfen, sei es Arbeit, Rufbereitschaft oder Bereitschaftsdienst. Denn Ärzte an Uniklinken seien durch Versorgung, Forschung und Lehre besonders beansprucht, so der MB. Außerdem sollen die Bereitschaftsdienste generell begrenzt werden, und zwar auf durchschnittlich vier und maximal sechs Dienste im Quartal.

Ebenfalls immer wieder auf der Agenda: die manipulationsfreie Erfassung der Arbeitszeiten. Das nachträgliche Kappen der Arbeitszeit durch den Arbeitgeber müsse endlich aufhören, hieß es auf der Ärzte-Demo. Die Zeiterfassung gehöre automatisiert. Auch die Dienstpläne sollen rechtzeitig vorliegen, und zwar sechs Wochen vor Beginn des betreffenden Planungszeitraumes. Darüber hinaus fordert der MB sechs Prozent mehr Gehalt mit einjähriger Laufzeit und die die Neuregelung des Zusatzurlaubes bei Nachtarbeit.

Warnstreiks auch in Hessen

„Wir brennen für die Medizin. Aber wir lassen und nicht verheizen!“, rief Johna. „Die TDL hat sich taub gestellt. Offenbar müssen wir lauter werden!“ Am Nachmittag liefen die Verhandlungen mit der TdL weiter, auch der Mittwoch ist als weiterer Verhandlungstag vorgesehen.

Auch in Marburg gingen etwa 600 der rund 2200 an den Unikliniken Frankfurt und Gießen/Marburg beschäftigten Ärzte auf die Straße. In Hessen verhandelt der MB gesondert mit dem Land, da Hessen nicht der TdL angehört. Hier fordert die Ärztegewerkschaft unter anderem 6,9 Prozent mehr Lohn. Hier werden die Tarifverhandlungen am 27. Februar fortgesetzt.

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