Krankenhausreport der Barmer

Hohe Operations-Fallzahl rettet Leben

Erfahrene OP-Teams erzielen bessere Ergebnisse. Ein längerer Anfahrtsweg kann sich lohnen.

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Vor allem komplizierte planbare Operationen sollten in Kliniken vorgenommen werden, wo aufgrund höherer Fallzahlen eingespielte interdisziplinäre Teams bei hoher Prozess- und Strukturqualität Erfahrung aufbauen konnten, fordert die Barmer.

Vor allem komplizierte planbare Operationen sollten in Kliniken vorgenommen werden, wo aufgrund höherer Fallzahlen eingespielte interdisziplinäre Teams bei hoher Prozess- und Strukturqualität Erfahrung aufbauen konnten, fordert die Barmer.

© sturti / Getty Images / iStock

Berlin. 380 Todesfälle im Jahr nach Operationen an Bauchspeicheldrüse oder Darm könnten verhindert werden, wenn die Operateure mehr Erfahrung hätten. Diese Zahl stellt der am Donnerstag veröffentlichte „Barmer-Krankenhausreport“ in den Raum. Insgesamt sterben in Deutschland demnach rund 100.000 Menschen pro Jahr nach Operationen im Krankenhaus.

Den Ergebnissen des Reports zufolge spielt die Fallzahl pro Jahr bei der Ergebnisqualität eine Rolle. Bei örtlichen Entfernungen von Darmtumoren könne eine doppelt so hohe Fallzahl die Sterblichkeit und die Rate an spezifischen Komplikationen deutlich senken, betonte der Autor des Reports Professor Boris Augurzky. Bei Darmkrebs-Operationen liege die durchschnittliche 30-Tages-Sterblichkeit bei 4,4 Prozent. Eine Verdopplung der Fallzahlen führe zu einer Abnahme der 30-Tage-Sterblichkeit um 0,8 Prozentpunkte.

Eingespielte Teams mit hoher Prozess- und Strukturqualität

Vor allem komplizierte planbare Operationen müssten in Kliniken vorgenommen werden, wo aufgrund höherer Fallzahlen eingespielte interdisziplinäre Teams bei hoher Prozess- und Strukturqualität Erfahrung aufgebaut hätten, forderte Barmer-Chef Professor Christoph Straub. Anfahrtswege sollten dafür kein Hindernis darstellen.

Eine große Mehrheit erreiche ein Krankenhaus mit hoher Fallzahl binnen 60 Minuten. Der Königsweg zu mehr Qualität im Krankenhaus sei damit noch nicht gefunden. Bei Operationen an der Wirbelsäule zum Beispiel gebe es keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen Behandlungsqualität und Fallzahl, sagte Straub. Ausweislich des Reports gilt dies auch für die Operation von Bauchaortenaneurysmen ohne Ruptur, wohl aber für bariatrische Operationen in der Folge einer Adipositaserkrankung.

Weniger als fünf Operationen pro Jahr

Dem Report zufolge gibt es immer noch Krankenhäuser, die fünf oder weniger Operationen im Jahr bei Pankreaskrebs vornehmen. Dort liegt die 30-Tage-Sterblichkeit um 6,4 Prozent höher als in Häusern, die 40 oder mehr solcher Operationen im Jahr ausführen.

Die Mindestmengenvorgabe des Gemeinsamen Bundesausschusses steht bei dieser Indikation bei zehn. Insgesamt gibt es Mindestmengenvorgaben für sieben Leistungen.

Autor Augurzky und Barmer-Chef Straub forderten einen zügigen Ausbau klinischer Register, um die Datenbasis für die Forschung und damit die Entscheidungsgrundlagen für den Bundesausschuss zu verbreitern. Die Messbarkeit von tatsächlicher Behandlungsqualität anhand von Abrechnungsdaten der Kassen stoße an ihre Grenzen.

DKG: „unseriös und irreführend“

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) reagierte reserviert auf die Aussagen des Reports. Die Barmer entwerfe ein Zerrbild der Wirklichkeit, indem sie suggeriere, dass von den 100.000 nach Operationen verstorbenen Menschen viele durch Mindestmengen hätten gerettet werden können. Das sei „unseriös und irreführend“, sagte DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum. Mindestmengen seien durchaus geeignete Instrumente zur Qualitätsverbesserung. Für vier der fünf im Report behandelten Indikationen, Ausnahme sind die Pankreas-Operationen, habe der GKV-Spitzenverband noch keine Anträge an den GBA gerichtet, eine Mindestmengenregelung zu erlassen. (af)

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