Immer da, immer nah: Wie Patienten in Hausarztverträgen ihre Versorgung beurteilen

Für KBV-Chef Dr. Andreas Köhler stehen Vollversorgungsverträge des Hausärzteverbands für die Zerschlagung der ambulanten Versorgung. Patienten dagegen fühlen sich im Hausarztprogramm gut aufgehoben, zeigt eine Umfrage.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:

Die Vergütungspauschale: ein Unding, bei dem Hausärzte am Ende noch drauflegen müssen. Die eingeschriebenen Hausärzte: Kontrollierte Angestellte ihrer Vertragskasse. Das Bild, das KBV-Chef Dr. Andreas Köhler am Montag bei der Vertreterversammlung in Dresden von Selektivverträgen gemalt hat, war düster.

Befragt man Patienten in Vollversorgungsverträgen nach ihren Eindrücken, dann ergibt sich ein anderes Bild. Das Prognos-Institut hat dies im Januar dieses Jahres bei 500 zufällig ausgewählten Versicherten in Baden-Württemberg getan, die seit dem vierten Quartal 2008 im AOK-Hausarztvertrag eingeschrieben sind. Das Durchschnittsalter der telefonisch Befragten lag bei 62 Jahren, 54,4 Prozent waren Frauen.

Für die meisten befragten AOK-Versicherten ist ihr Hausarzt eine feste Instanz. Zweidrittel sind seit zehn Jahren oder länger beim selben Hausarzt - sie können die Behandlung vor und nach der Einschreibung in den Hausarztvertrag vergleichen. Fast jeder Zweite (48,4 Prozent) stimmt "voll und ganz" oder "überwiegend" der Aussage zu, der Hausarzt behandele den Versicherten "seit Teilnahme am Hausarzt-Programm noch genauer". Knapp 13 Prozent stimmen dem "teilweise zu", für etwa 39 Prozent trifft das "eher nicht" oder "gar nicht" zu.

Sag‘ es weiter: Die befragten AOK-Versicherten zeigen sich zufrieden mit dem Programm.

Zu den Verpflichtungen der teilnehmenden Hausärzte zählt, dass sie für geringe Wartezeiten der eingeschriebenen Patienten sorgen. Das kommt auch bei den befragten AOK-Versicherten an. Mehr als zwei von drei Befragen (68,4 Prozent) äußern, sie erhielten "schneller und problemloser" einen Termin beim Hausarzt. Für 11,6 Prozent der Versicherten gilt diese Aussage teilweise, 20 Prozent sehen keine Veränderung im Vergleich zur Regelversorgung. Vier von fünf Versicherten berichten, sie hätten weniger als 30 Minuten warten müssen.

Auch das Überweisungsverhalten der Hausärzte an fachärztliche Kollegen wird von den Befragten sehr positiv bewertet. 94,9 Prozent urteilen, dies geschehe "rechtzeitig", lediglich vier Prozent schließen sich der Aussage nur mit Einschränkungen an, ein Prozent schließt sich dieser Aussage "eher nicht" oder "gar nicht" an.

Als harter Indikator für die Zufriedenheit gilt die Frage, ob Versicherte das Hausarztprogramm weiterempfehlen würden. 93,8 Prozent haben dies mit "ja, auf jeden Fall" oder "vielleicht" beantwortet. 6,2 Prozent dagegen würden das "eher nicht" oder "auf keinen Fall" tun.

Interessant ist die Motivation der überwiegend älteren Versicherten, warum sie am Hausarztprogramm teilnehmen. 65 Prozent nannten als einen Grund die zusätzlichen Angebote im Hausarztprogramm. Dazu gehören etwa zusätzliche Check-ups, die sonst nicht GKV-Regelleistung sind. Auch die Abendsprechstunde, die teilnehmende Hausärzte anbieten müssen, findet Anklang. 29 Prozent der erwerbstätigen Versicherten haben sie bereits wahrgenommen, berichtet Prognos.

Der KBV-Chef spricht mit Blick auf die vielen Schiedsverfahren zu Hausarztverträgen nicht mehr nur vom regionalen "Experiment einer großen Kasse", sondern von einem "Flächenbrand". Die Patienten scheinen die Versorgung im Hausarztvertrag anders wahrzunehmen: als mehrheitlich besser bewertete Alternative zur Regelversorgung.

Lesen Sie dazu auch: Immer da, immer nah: Wie Patienten in Hausarztverträgen ihre Versorgung beurteilen Patienten - feste Bank für Hausärzte KBV-Kritik lässt Hausärzteverband kalt

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Kommentare
Helmut Karsch 11.05.201016:39 Uhr

Was für eine bemerkenswerte Umfrage

Genau so könnte man fragen, ob die Bürger mit der Feuerwehr zufrieden sind. Entscheidend ist, ob es "Messwert" im Zustand vor Einführung der Vollversorgerveträge oder einen Wert nach Einführung. Diese Werte gibt es nicht, daher ist auch kein Benefit messbar, der ja bei einer höheren Honorierung entstehen müsste. Wenn also quasi "deklaratorisch- semantisch" ein "Mehrwert" entsteht ist das nicht mehr wert als eine "Luftbuchung" Also Herr Staeck, Umfragen kritisch hinterfragen und ein Vorher-Nachher Vergleich. Alles andere ist "heiße Luft"

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