Arztlohn

KBV eröffnet mit 28.000 Euro die Honorarrunde

Ein höherer kalkulatorischer Arztlohn und bessere Arbeitsbedingungen für Ärzte: Der erste Aufschlag der KBV zur Honorarrunde 2015 stößt auf Widerspruch bei den Kassen.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Wirbel ums Geld. Die Honorarverhandlungen stehen bevor.

Wirbel ums Geld. Die Honorarverhandlungen stehen bevor.

© vege / Fotolia.com

BERLIN Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und Ärzteverbände haben gut sichtbare Pflöcke für die Honorarrunde 2015 eingeschlagen. Die Vertragsärzte fordern drei Milliarden Euro mehr an Honoraren, feste Preise für ärztliche Leistungen sowie eine Verringerung ihrer wöchentlichen Pflichtstunden. Die Gespräche sollen Mitte August starten.

Den Honorarzuwachs will KBV-Chef Dr. Andreas Gassen durch eine Anpassung des kalkulatorischen Arztlohnes von 105.000 auf 133.000 Euro im Jahr erreichen. In dieser Größenordnung ist das durchschnittliche Gehalt eines Oberarztes im Krankenhaus nach mehreren Tarifrunden in den vergangenen Jahren inzwischen gelandet.

Bei Verhandlungen über die Höhe der Arzthonorare orientieren sich die KBV und der GKV-Spitzenverband unter anderem an der Oberarztvergütung. 2013 haben die gesetzlichen Krankenversicherer für die ambulante Versorgung rund 36 Milliarden Euro ausgegeben.

"Es besteht erheblicher Nachholbedarf, den wir einfordern werden", machte Gassen deutlich. Ihm sei klar, dass es nicht in einem Schritt gelingen könne, das Honorar um die anvisierte Summe anzuheben.

Weitere Punkte in den anstehenden Verhandlungen sind die steigenden Praxiskosten sowie die Morbiditätsentwicklung der Bevölkerung.

Der Konter der Kassenseite folgte prompt: Die Erhöhung der theoretischen Bezugsgröße Oberarztgehalt würde in der Realität nichts ändern. Bereits heute lägen die echten durchschnittlichen Arzthonorare mehrere 10.000 Euro über dem kalkulatorischen Arztlohn, hieß es aus dem GKV-Spitzenverband.

"Es ist erstaunlich, mit welchen rhetorischen Kniffen die KBV Jahr für Jahr versucht, die Arzthonorare in immer neue Höhen zu treiben", sagte Verbandssprecher Florian Lanz der "Ärzte Zeitung".

Die Verdienstmöglichkeiten für Praxisärzte müssten attraktiver werden, um den ambulanten Sektor in der Konkurrenz um Fachkräfte mit den Kliniken zu stärken, unterstrich der Vorsitzende des NAV-Virchow-Bundes, Dr. Dirk Heinrich. Wenn die Krankenkassen die berechtigten Forderungen als "rhetorischen Kniff" bezeichneten, zeige das, wie weit sich die Kassen-Oberen von der Versorgungsrealität entfernt hätten.

Den Ärzten gehe es nicht nur ums Geld, betonte Heinrich. Auch die Arbeitszeit pro Arzt müsse den Realitäten angepasst werden. "Statt weit über 50 Stunden geht der Trend auch für Ärzte hin zur 40-Stunden-Woche", sagte Heinrich.

Eine weitere Vergleichsgröße bringt Dr. Wolfgang Wesiack ins Spiel. "Beim niedergelassenen Arzt als selbstständigem Unternehmer ist von einem Arbeitgeber-Bruttoentgelt auszugehen, sagte der Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Internisten (BDI) am Mittwoch der "Ärzte Zeitung". Das betrage derzeit rund 150.000 Euro.

Nach wie vergüteten die Kassen rund 25 bis 30 Prozent der von Ärzten erbrachten Leistungen nicht, sagte Wesiack. Gespräche über ein Ende der Budgetierung und Pauschalierung seien daher genauso wichtig ein Honorarplus.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Scheinargumente ums Geld

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 17.07.201417:58 Uhr

Brutto für Netto oder einfach "Bretto"?

Gut sichtbare Pflöcke für die Honorarrunde 2015 einzuschlagen, sieht doch eigentlich anders aus, liebe Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und Ärzteverbände.

Zur Erinnerung: Im Jahr 2012 wedelte Freiherr Johann-Magnus von Stackelberg als GKV-Spitzenverbands-Kassenvertreter (Spibu) mit einem völlig untauglichen Schweizer PROGNOS-Gutachten und verlangte eine K ü r z u n g des bundesweiten Orientierungspunktwertes um M i n u s 7 Prozent bei allen Vertragsärzten und -Psychotherapeuten. Im krassen Gegensatz zu dieser GKV-Kassen-"Expertise" stand damals eine betriebswirtschaftlich begründete Forderung nach E r h ö h u n g von P l u s 11 Prozent beim Orientierungspunktwert seitens der KBV - In BWL-Klartext bedeutete dies bei durchschnittlichen 50 Prozent Kosten in den Vertragspraxen für jede/n Vertragsarzt/-ärztin plus 5,5 Prozent als Mehreinnahmen - Der Schiedsspruch des damaligen "unabhängigen" Vorsitzenden und Gesundheitsökonomen Prof. Jürgen Wasem von der Universität Duisburg/Essen war dann jedoch eine marginale plus 0,9 Prozent Steigerung des Orientierungspunktwertes.

2013 wiederholte sich eine ähnliche Geschichte: Bei einer von der KBV fantasievoll angenommenen "Preissteigerungsrate" von 0,08 Prozent (!) lag die KBV-Forderung bei lächerlichen plus 2,6 Prozent (vgl. http://www.springermedizin.de/wie-der-orientierungswert-schoen-gerechnet-wird/4692630.html ).

Die Spitzenkräfte im GKV-Spitzenverband Bund (SpiBu) der gesetzlichen Krankenkassen haben in ihren wohltemperierten, nach Feng-Shui ausgerichteten Büroetagen und einem vertraglich abgesicherten Dienstverhältnis als Leitende Angestellte keinen blassen Schimmer von der grundsätzlich anderen Welt der selbstständig ("selbst und ständig") niedergelassenen Vertragsärzteschaft als Haus-, Fach- und Spezialärzte.

Beim berühmt-berüchtigten Oberarztgehalt "vergisst" aber auch die KBV mit schönster Regelmäßigkeit, dass Klinik-Arbeitgeber dabei einen Lohn- und Nebenkostenanteil von 30-35 Tausend Euro pro Jahr zusätzlich einkalkulieren müssen, die ein selbständiger Praxisinhaber selbstverständlich a l l e i n e extra aufbringen muss, um auf ein äquivalentes Gehaltsniveau zu kommen. Deshalb macht die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) eine "Milchmädchen"-Rechnung auf: Der fiktive "kalkulatorische Arztlohn" als durchschnittliches Klinik-Oberarztgehalt von 105.000 Euro, der aus dem Jahr 2008 stammt, und jetzt lt. KBV bei derzeit durchschnittlich 133.000 Euro per annum liegen (Quelle: http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/59383) soll, verwechselt erneut Brutto- mit Nettogehalt.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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