Gemeinsame Aktion
KVen: Digitalisierung braucht Mehrwert und keine Strafandrohungen
Mit der Digitalisierung in den Praxen hakt es häufig noch. Das koste viel Zeit und Geld, kritisieren Kassenärztliche Vereinigungen. Eine Quartalspauschale könne zumindest manches finanzielle Problem lösen.
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Digitalisierung ja bitte, aber möglichst ohne technische Probleme: Das wünschen sich Praxisteams.
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Neu-Isenburg. Zeitfresser statt Erleichterung bei der Praxisarbeit: So empfinden viele Ärztinnen und Ärzte die vorgeschriebene Einführung neuer digitaler Anwendungen in Praxen. Weil die digitalen Lösungen technisch oft nur unbefriedigend funktionierten, koste deren Anwendung nicht nur Nerven und Zeit, sondern auch Geld. Das beklagten am Montag bundesweit alle 17 Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen).
Bisher seien digitale Anwendungen wie Stammdatenabgleich oder elektronische Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung (eAU) Zeitfresser in den Praxen und hätten nur bei Krankenkassen und Arbeitgebern für effizientere Verwaltungsabläufe und damit zu Einsparungen in Millionenhöhe geführt, heißt es in den Pressemitteilungen der KVen.
Der Mehraufwand in den Praxen gehe zulasten der medizinischen Versorgung. Anders als vorgesehen, deckten die Pauschalen für die Finanzierung der IT die Kosten nur teilweise.
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Keine Experimente im laufenden Betrieb
Nicht berücksichtigt würden zum Beispiel Ausfälle bei technischen Störungen und notwendige Schulungen der Teams, kritisiert der Vorstand der KV Thüringen, Dr. Thomas Schröter. Statt Digitalisierungsexperimente mit Strafandrohung im laufenden Betrieb durchzupeitschen, müssten die Anwendungen vor Markteinführung umfassend getestet werden, fordert die KV Thüringen. „Wenn Digitalisierung funktioniert, schaffen Praxen die Technik aus freien Stücken an. Fördern statt fordern, lautet die Devise“, so Schröter.
Der Gesetzgeber dürfe bei noch anfälliger Technik nicht mit Sanktionen drohen, fordert auch der IT-Vorstand der KV Brandenburg, Holger Rostek. Ziel der Politik müsse es sein, Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten als Verfechter und Multiplikatoren der Digitalisierung zu gewinnen, sagt Rostek.
Zudem müsse die Refinanzierung der notwendigen Hard- und Software für die Praxen kostendeckend und unbürokratsich erfolgen. Statt einer bürokratischen Einzelvergütung der vielen notwendigen Komponenten schlage die KVBB deshalb eine Quartalspauschale in Höhe von 8.000 bis 10.000 Euro für alle Praxen vor.
Ruf nach Quartalspauschale von 8.000 bis 10.000 Euro
„Diese Pauschale deckt alle Kosten für die Technik sowie auch das speziell zu qualifizierende Personal in den Praxen ab“, so Rostek. Finanziert werden könnte die Pauschale aus den Einsparpotenzialen, die die Digitalisierung im Gesundheitswesen eröffne. Eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey beziffere diese auf 42 Milliarden Euro pro Jahr. Der Forderung nach einer Quartalspauschale von 8.000 bis 10.000 Euro haben sich mehrere KVen angeschlossen.
Bewertungsausschuss
Honorarverhandlungen erneut vertagt
Mit ihrer gemeinsamen Aktion wollen die KVen auf die nach ihrer Auffassung akut gefährdete Situation der ambulanten Versorgung aufmerksam machen. Zurzeit laufen die Finanzierungsverhandlungen für die Praxen zwischen der KBV und den gesetzlichen Krankenkassen. Bislang liegen die Positionen weit auseinander. (chb)