Patientendaten-Gesetz

Kabinett beschließt Regeln für die Patientenakte

E-Rezept, digitale Überweisung, Zugriffsberechtigungen auf Inhalte der elektronischen Patientenakte: Die Bundesregierung macht Tempo bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens. Jetzt hat der Bundestag das Wort.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Die Regierung geht davon aus, dass im ersten Jahr nach Einführung rund 20 Prozent der etwa 72 Millionen GKV-Versicherten die elektronische Patientenakte nutzen werden.

Die Regierung geht davon aus, dass im ersten Jahr nach Einführung rund 20 Prozent der etwa 72 Millionen GKV-Versicherten die elektronische Patientenakte nutzen werden.

© momius / stock.adobe.com

Berlin. Das Bundeskabinett hat am Mittwochvormittag den Entwurf eines Patientendatenschutzgesetzes (PDSG) an den Bundestag weitergereicht.

Mit dem Gesetz soll der Einsatz digitaler medizinischer Anwendungen vorangetrieben werden. Ziel der Regierung ist laut Entwurf eine weitestgehende Zusammenarbeit und Vernetzung der Gesundheitsberufe. Mit dem Gesetz sollen die Weichen dafür gestellt werden, die Vorsorge- und Rehakliniken, die Bundeswehrmedizin und die Pflege an die Telematikinfrastruktur anzuschließen. Zugriffsmöglichkeiten sollen auch Hebammen und Physiotherapeuten erhalten. Das Gesetz muss nicht vom Bundesrat abgesegnet werden.

  • Elektronisches Rezept: Ab Januar 2022 soll die elektronische Verordnung von Arzneimitteln Pflicht werden. Eine App auf dem Smartphone soll es dem Patienten ermöglichen, das Rezept in der Apotheke vor Ort oder bei einer Online-Apotheke vorzulegen und einzulösen. Die App soll die Gesellschaft für Telematik (gematik) entwickeln und zur Verfügung stellen.
  • Digitale Überweisung: Überweisungsscheine sollen künftig in elektronischer Form übermittelt werden können. Darauf sollen die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Kassen verpflichtet werden.
  • Elektronische Patientenakte: Mit dem 1. Januar 2021 startet die elektronische Patientenakte. Das Gesetz ist daher von Gesundheitsminister Jens Spahn als „besonders eilbedürftig“ eingestuft worden. Die gesetzlich Versicherten sollen mit dem aktuellen Gesetzentwurf des PDSG klar geregelte Ansprüche gegenüber Vertragsärzten, Krankenhäusern und weiteren Leistungserbringern erhalten, dass alle für ihre Versorgung relevanten Daten in die Akte übertragen werden. Die Nutzung der Akte soll aber freiwillig bleiben.

In einer ersten Umsetzungsstufe werden die zugriffsberechtigten Leistungserbringer alle Daten des Patienten einsehen können, es sei denn er löscht sie. Ab Januar 2022 sollen die Akten ein „feingranulares Berechtigungsmanagement“ ermöglichen. Das bedeutet, dass der Versicherte dann die in der Akte enthaltenen Dokumente jeweils für einzelne Ärzte und weitere Leistungserbringer freischalten kann. Die Versicherten sollen zudem die Möglichkeit erhalten, ihre Daten oder Auszüge daraus der Forschung zur Verfügung zu stellen.

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Um Menschen ohne Smartphone zu ermöglichen, ihre Akten zu führen, sollen die Krankenkassen verpflichtet werden, in ihren Geschäftsstellen Terminals für den Zugang zu den elektronischen Patientenakten aufzustellen. Auf freiwilliger Basis sollen das auch Arztpraxen, Krankenhäuser und Apotheken tun dürfen.

Die Regierung geht davon aus, dass im ersten Jahr rund 20 Prozent der rund 72 Millionen gesetzlich Versicherten die elektronische Patientenakte tatsächlich nutzen werden, die Quote dann aber auf mehr als 50 Prozent steigen wird. Nach fünf Jahren Laufzeit sollen in einer Evaluation sowohl die Zahl der Nutzer als auch der möglicherweise erreichte Mehrwert abgefragt werden.

Bei den Ärzten herrscht Skepsis. „Wir halten es nicht für sinnvoll, dass Versicherte Teile ihrer Akten komplett löschen können“, sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, Professor Ferdinand Gerlach, Ende Februar im Interview mit der „Ärzte Zeitung“. Ärzte könnten dann nicht erkennen, dass in der Akte etwas gestanden habe, was unter Umständen lebenswichtige Informationen enthielt.

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