Prävention
Kassen weiten Aktivitäten zur Krebsfrüherkennung aus
Die Krankenkassen setzen auf Digitalisierung sowie einen Selektivvertrag, um mehr Versicherte für die Krebsfrüherkennung zu gewinnen. Ärzteverbände begrüßen das explizit.
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Einen Anspruch auf Auflichtmikroskopie im Zuge des Hautkrebsscreenings haben im Zuge eines Selektivvertrages von nun an auch Versicherte bestimmter Betriebskrankenkassen ab 15 Jahren.
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Berlin. Gesetzlich verbriefter Anspruch auf Krebsfrüherkennung? Viele Versicherte interessierte das bisher nicht. Immer mehr Krankenkassen wollen nicht warten, bis bestimmte Segmente ihrer Versicherten eine Altersschwelle erreicht haben, die zur Inanspruchnahme einer Krebsfrüherkennung auf Kasse berechtigt, und drücken aufs Tempo. Denn alarmierend gering sind zum Beispiel die Teilnahmeraten am organisierten Darmkrebsscreening.
Die Barmer weitet zum Beispiel ihr Programm zur Früherkennung von Darmkrebs aus und bietet dafür nach eigenen Angaben erstmals einen Test für zu Hause an – im Rahmen der „Digitalen Darmkrebsfrüherkennung“.
Dabei werden Anspruchsberechtigte über die Barmer-App benachrichtigt und zur Früherkennung eingeladen. Über einen Link könne ein immunologischer Stuhltest für zu Hause angefordert werden, der anschließend kostenlos zur Auswertung in ein Labor verschickt werden kann.
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Den Test können Barmer-Versicherte bereits im Alter ab 40 Jahren durchführen. Gesetzlich ist er erst ab 50 Jahren vorgesehen. „Mit unserer Online-Einladung zur Darmkrebsfrüherkennung schaffen wir ein niedrigschwelliges Angebot, um die Teilnehmerzahl möglichst zu verdreifachen. Das wird Leben retten“, ist sich Barmer-Chef Christoph Straub sicher.
Die Kasse verweist darauf, dass in Deutschland jedes Jahr rund 33.000 Männer und etwa 26.000 Frauen an Darmkrebs erkrankten und rund 25.000 Patienten dieser onkologischen Erkrankung erlägen.
Diese Werte könnten durch einen erleichterten Zugang zur Darmkrebsfrüherkennung signifikant gesenkt werden. Schließlich hätten im Jahr 2019 nur 5,9 Prozent der anspruchsberechtigten Frauen und 3,6 Prozent der Männer zum Beispiel einen Stuhltest vornehmen lassen.
Lob für den Schritt der Barmer kommt von mehreren Seiten. „Das Online-Angebot der Barmer ist ein wichtiger ergänzender Baustein. Es gestaltet den Zugang zur Krebsfrüherkennung noch einfacher und nimmt den Betroffenen gerade auch in Corona-Zeiten mögliche Ängste, selbst wenn diese sich als unbegründet herausstellten“, kommentiert zum Beispiel Professor Jürgen Riemann, Vorstandsvorsitzender der Stiftung LebensBlicke, die sich seit Jahren für die Darmkrebsfrüherkennung einsetzt.
„Besonders freut uns, dass die Barmer ihre Versicherten bereits im Alter ab 40 Jahren anspricht. Damit trägt sie dem Stand der medizinischen Kenntnisse Rechnung und bezieht von vornherein wichtige Risikogruppen mit ein“, betont Dr. Petra Jessen, Sprecherin des Berufsverbandes Niedergelassener Gastroenterologen Deutschlands. Über die Barmer-App würden ab sofort bis zu 25 .000 Personen pro Woche zur Darmkrebsfrüherkennung eingeladen, ergänzt Barmer-Chef Straub.
Hautkrebsscreening bereits ab 15
In puncto Hautkrebsscreening haben derweil die Vertragsarbeitsgemeinschaft der Betriebskrankenkassen in Bayern (BKK VAG Bayern), zu der derzeit 68 Betriebskrankenkassen mit rund 1,6 Millionen Versicherten zählen, und der Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) gemeinsam mit der Versorgungsgesellschaft der Fachärzte für Dermatologie, der Ärztlichen Vertragsgemeinschaft Deutschland und der Sanakey Contract zum 1. April auf einen bundesweit einheitlichen Vertrag zur Hautkrebsfrüherkennung geschlossen.
Der Vertrag gehe „weit über die Regelversorgung hinaus und wird digital unterstützt“, heißt es von den Vertragspartnern. Versicherte der Betriebskrankenkassen könnten demnach schon ab 15 Jahren aufwärts ihre Haut von einer Dermatologin oder einem Dermatologen auf Hautveränderungen untersuchen lassen.
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Die fachkundige Untersuchung der Haut beinhalte eine gründliche Ganzkörperuntersuchung von Kopf bis Fuß. Tumorverdächtige Hautveränderungen würden mittels Auflichtmikroskopie weitergehend analysiert. Würden Auffälligkeiten diagnostiziert, folge eine weitergehende Diagnostik in Form der histopathologischen Abklärung des Verdachts.
Entsprechend dem jeweiligen Risikoprofil des Versicherten seien die Präventionsmaßnahmen und die Beratung ausgelegt. So würden die BKK Versicherten in der dermatologischen Fachpraxis über ihr individuelles Risikopotenzial aufgeklärt und erhielten Tipps, wie sich die Haut schützen lässt. Der Einschreibeprozess wurde sowohl für die Versicherten als auch für die teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte vollständig digitalisiert.
„Eine Reduzierung und Vereinfachung bei Einschreibung und Abrechnung in einem modernen Vertrag muss papierlos erfolgen und auf das nichtärztliche Personal delegierbar sein“, bringt es BVDD-Präsident Dr. Ralph von Kiedrowski auf den Punkt.