Berlin

Kinderschutz-Ambulanzen unterstützen Pädiater

In fünf Kliniken werden in der Hauptstadt Kinderschutzambulanzen etabliert. Sie sind Ansprechpartner für Pädiater und Mitarbeiter in der Jugendhilfe und sollen bei der Abklärung von Verdachtsfällen helfen.

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:

BERLIN. Der Senat von Berlin verstärkt das Netzwerk Kinderschutz. Er hat jetzt mit fünf Kliniken die Einrichtung von regionalen Kinderschutzambulanzen vereinbart.

Die Kinderschutzambulanzen sollen unter anderem ambulant tätige Kinderärzte unterstützen, wenn es um die Beurteilung von Kindesmisshandlungen und die Sicherung gerichtsfester Beweisunterlagen geht.

Sie wenden sich an alle Fachkräfte, die mit Kindern und Jugendlichen beruflich zu tun haben. Dazu zählt der Senat neben den Kinderärzten und den Mitarbeitern im Sozialwesen explizit auch Mitarbeiter in den Kinder- und Jugendpsychiatrien, Kinder- und Jugendgesundheitsdiensten sowie den Kinder- und Jugendpsychiatrischen Diensten.

Zusätzliche Stelle für Koordinierung

Die Kinderschutzambulanzen mit Senatsförderung entstehen an den Kliniken Charité Campus Virchow, DRK Berlin-Westend, Helios Berlin-Buch und Vivantes Neukölln. Das St. Joseph Krankenhaus Tempelhof wirkt überwiegend auf der Basis einer Drittmittelförderung mit.

Die Ärzte der Kinderschutzambulanzen helfen bei der Klärung von Verdachtsfällen auf alle Formen von Kindeswohlgefährdung, wie etwa Misshandlung oder Vernachlässigung.

Die Kliniken, an denen die Ambulanzen entstehen, verfügen - wie drei weitere Krankenhäuser in Berlin - bereits über interdisziplinäre Kinderschutzgruppen im Rahmen des 2007 gegründeten Netzwerks Kinderschutz. Für die Kinderschutzambulanz wird jeweils zusätzlich eine im Kinderschutz erfahrene Kinderkrankenpflegekraft zur Koordinierung eingestellt.

Der Berliner Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) begrüßt die Einrichtung der Ambulanzen. "Wir sind überzeugt, dass die Kinderschutzambulanzen ein wichtiger Baustein sind. Das zeigen die Erfahrungen aus anderen Bundesländern", sagte Verbandssprecher Jakob Maske.

Er kritisierte jedoch die fehlende Finanzierung für Kinderschutzaufgaben in der ambulanten Versorgung. "In der ambulanten Medizin ist der Kinderschutz nicht bezahlt. Gemacht wird er trotzdem - dank des Engagements der niedergelassenen Kinderärzte", sagte Maske.

1,2 Millionen Euro für zwei Jahre

Die Einrichtung der Ambulanzen ist im Haushaltsplan der Landesregierung mit 1,2 Millionen Euro für 2016 und 2017 veranschlagt. Das Projekt wird ressortübergreifend von den Senatsverwaltungen für Gesundheit und Soziales, für Bildung, Jugend und Wissenschaft und für Justiz betreut. Die grundlegende Rahmenvereinbarung zwischen dem Land Berlin und den ausgewählten Kliniken ist Mitte Januar unterzeichnet worden.

"Der Kinderschutz in Berlin ist mit den fünf Kinderschutzambulanzen seit heute ein großes Stück vorangekommen", so Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) bei der Unterzeichnung.

Mit den Ambulanzen werde eine unverzichtbare ärztliche Expertise zum medizinischen Kinderschutz zur Verfügung gestellt. Czaja hofft auch, dass dadurch Kinder- und Jugendhilfe mit dem Gesundheitssystem noch enger verknüpft werden.

Berlins Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD) sagte: "Mit den Kinderschutzambulanzen entsprechen wir einer wichtigen Forderung von Fachleuten, das Gesundheitssystem stärker in den Kinderschutz einzubinden." Sie zeigte sich überzeugt, dass die Ambulanzen dazu beitragen, dass Misshandlungen und Vernachlässigungen von Kindern künftig noch früher erkannt werden können.

Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) erhofft vor allem Fortschritte für die gerichtsfeste Dokumentation von Kindesmisshandlungen. "Das hilft nicht nur den Jugendämtern und Familiengerichten bei der Einschätzung des Falles, sondern auch bei der Überführung mutmaßlicher Straftäter", sagte Heilmann.

Mehr als 6000 Kinder in Berlin waren im Jahr 2014 laut Statistik der Gefahr von Misshandlungen ausgesetzt. Insgesamt prüften die Behörden in Berlin über 11.000 Verdachtsfälle von Kindeswohlgefährdungen in der Hauptstadt.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Staatsanwaltschaft ermittelt auch gegen Praxisinhaberin

Verdacht auf Kindesmissbrauch gegen falschen Therapeuten

Kommentar

Nina Warkens Gesellenstück in symbolischer Politik

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Rett-Syndrom: früh diagnostizieren, Betroffene bestmöglich fördern und Familien entlasten

© Olia / Generated with AI / stock.adobe.com

Neurologische Entwicklungsstörung

Rett-Syndrom: früh diagnostizieren, Betroffene bestmöglich fördern und Familien entlasten

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Acadia Pharmaceuticals (Germany) GmbH, München
Abb. 1: Phenylketonurie – Phenylalanin-Zielwerte und Monitoring während der Lebensphasen

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [2, 3]

Enzymersatztherapie der Phenylketonurie

Pegvaliase: anhaltendes Ansprechen, flexiblere Ernährung

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: BioMarin Deutschland GmbH, Kronberg am Taunus
Abb. 1: Studie VISION-DMD: motorische Funktion TTSTAND-Geschwindigkeit unter Vamorolon 6mg/kg/Tag im Vergleich zu Placebo (erstellt nach [13])

© [M] Springer Medizin Verlag GmbH; Santhera Germany GmbH

Therapie der Duchenne-Muskeldystrophie mit Kortikosteroiden über alle Altersstufen

Grundlagen und Real-World-Erfahrungen mit Vamorolon

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Santhera Germany GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Willkommenskultur

Neu im Team? Was Praxen beim Onboarding beachten sollten

Lesetipps
Arzt untersuch das Knie eines Patienten

© gilaxia / Getty Images / iStock

Interview mit Leitlinien-Koordinator

Gonarthrose-Therapie: „Nur wenige Maßnahmen wirken“

Menschen laufen am Strand

© KOTO - stock.adobe.com

Nicht-medikamentöse Behandlung

Sport bei Kniegelenksarthrose? Move it or loose it!