Netzwerk "Kein Täter werden":

Kindesmissbrauch erfolgreich verhindern

Die Zwischenbilanz ist beeindruckend: Ein Netzwerk zur Prävention von Kindesmissbrauch leistet erfolgreich Hilfe für Pädophile, die unter ihrer sexuellen Störung leiden.

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:
Kind und Mann in Gefahr: Gefragt ist Prävention.

Kind und Mann in Gefahr: Gefragt ist Prävention.

© kalligrafie / stock.adobe.com

BERLIN. Das Netzwerk "Kein Täter werden" zur Prävention von Kindesmissbrauch durch Therapie von Menschen mit pädophilen Störungen entwickelt sich zu einem internationalen Leuchtturmprojekt.

Knapp zwölf Jahre nach seinem Start ist es in der GKV angekommen und bietet ein englischsprachiges Beratungsportal.

Das Netzwerk versteht sich als Anlaufstelle für Pädophile aus dem Dunkelfeld, die unter ihrer sexuellen Störung leiden. Insgesamt stand es seit der Gründung 2011 mehr als 9500 Hilfesuchenden als Ansprechpartner zur Verfügung.

Langfristig wirksame Therapie

Wie wirksam das Angebot auch langfristig ist, zeigt eine neue Studie. Dafür wurden 69 ehemalige Patienten des Netzwerks sechs Jahre nach ihrer Behandlung kontaktiert.

"Bei nahezu allen der 56 befragten Therapieteilnehmer (98 Prozent) konnte nachhaltig eine Verhaltenskontrolle erreicht und damit maßgeblich sexueller Kindesmissbrauch verhindert werden", so Initiator, Netzwerksprecher und Sexualtherapeut Professor Klaus M. Beier von der Berliner Uniklinik Charité.

Seit Jahresbeginn übernimmt der GKV-Spitzenverband die Finanzierung im Rahmen eines Modellprojektes. Der stellvertretende Netzwerksprecher Professor Tilmann Krüger von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) zeigte sich vor allem erfreut, dass die Behandlung von Menschen mit Pädophilie nun im SGB V als Gesundheitsleistung verankert ist.

Das sei ein wichtiges Signal für die Betroffenen. "Damit wird unser Behandlungsangebot offiziell als Gesundheitsleistung anerkannt", so Krüger.

Wie groß der Behandlungsbedarf von Menschen mit einer pädophilen Störung ist, erforscht Krüger derzeit in der sogenannten Nemup-Studie.

"Unsere Untersuchungen zeigen, dass pädophile Menschen oftmals ernst zunehmende psychische Begleiterkrankungen haben: Die Raten an Depressionen und Angsterkrankungen sind doppelt so hoch wie in der Allgemeinbevölkerung und auch eigene Erfahrungen von Missbrauch und Vernachlässigung finden sich häufiger", so Krüger.

Soziale Isolation und Stigmatisierung treten ebenfalls extrem häufig auf und sind bekannte Risikofaktoren.

Bundesweit nur 40 Spezialisten

Doch es gibt nicht viele Therapeuten und Ärzte, die Menschen mit Pädophilie vorurteilsfrei behandeln.

Im Gegenteil: Der neugegründete wissenschaftliche Beirat des Netzwerks verweist auf Studien, wonach die Stigmatisierung von Seiten der Therapeuten fast genau so hoch sei wie in der Bevölkerung.

Netzwerksprecher appellieren deshalb an Ärzte und Therapeuten, Betroffene nicht einfach wegzuschicken, sondern auf das Netzwerk zu verweisen. Nötig sei mehr Weiter- und Fortbildung zu dem Thema. In Präventionszentren arbeiten rund 40 Therapeuten, die für die Arbeit mit Pädophilen ausgebildet sind.

Dabei wächst das Angebot des Netzwerks, zuletzt um das englischsprachige internetbasierte Online-Selbsthilfeprogramm "Troubled Desire".

Es verzeichnet seit Oktober 2017 bereits 700 Anfragen aus 40 Ländern. Angebote in weiteren Sprachen sollen folgen.

Weitere Informationen: www.kein-taeter-werden.de/

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Glosse

Großer Bruder, kleine Uhren

Das könnte Sie auch interessieren
Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Was die MS-Behandlung auszeichnet

© Suphansa Subruayying | iStock

Lebensqualität

Was die MS-Behandlung auszeichnet

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

© AscentXmedia | iStock

Lebensqualität

Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema

ADHS im Erwachsenenalter

Wechseljahre und ADHS: Einfluss hormoneller Veränderungen auf Symptomatik und Diagnose

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MEDICE Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG, Iserlohn
Neue Ansätze zur Behandlung seltener Krankheitsbilder

© Dr_Microbe / stock.adobe.com

Entwicklungen in der Therapie neuromuskulärer Erkrankungen

Neue Ansätze zur Behandlung seltener Krankheitsbilder

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen
Abb. 1: a) Verlauf einer Gruppe unbehandelter Personen, b) 5-Jahres-Daten der SUNFISH-Studie Teil1, c) Teil2

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [3]

Therapie der 5q-assoziierten SMA

Risdiplam-Filmtabletten: flexiblere Anwendung im Alltag

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Lungensurfactant

Warum Seufzen der Atmung gut tut

Lesetipps
Der Rücken eines Mannes mit Gürtelrose zeigt Vesikel.

© Chinamon / stock.adobe.com

Alter für Indikationsimpfung herabgesetzt

STIKO ändert Empfehlung zur Herpes zoster-Impfung

Mammografie-Screening bei einer Patientin

© pixelfit / Getty Images / iStock

Prävention

Mammografie-Screening: Das sind Hindernisse und Motivatoren