Kommission will Ärzte aus der Grauzone holen

Substituierende Ärzte fühlen sich oft mit einem Bein im Gefängnis. In Niedersachsen arbeitet seit einem halben Jahr eine Kommission, die Mediziner bei Fragen der Substitution von Opiatabhängigen berät.

Veröffentlicht:
Suchtberatung und Methadon-Substitution: Damit kann einigen Patienten der Ausstieg aus der Drogen-Abhängigkeit geebnet werden.

Suchtberatung und Methadon-Substitution: Damit kann einigen Patienten der Ausstieg aus der Drogen-Abhängigkeit geebnet werden.

© Klaus Rose

HANNOVER (cben). Niedersachsens Beratungskommission für substituierende Ärzte verzeichnete im ersten Arbeits-Halbjahr nach ihrer Gründung "einen Schwall von Anfragen".

Das sagte Kommissionsmitglied und Justiziar der Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN), Dr. Carsten Scholz, der "Ärzte Zeitung". Die Kommission hat sich im November letzten Jahres konstituiert.

Sie diskutiert und berät den Vorstand der Kammer in grundsätzlichen Fragen der Substitution von Opiatabhängigen und organisiert Fortbildungen. Oberstes Ziel sei aber, "das Angebot an alle substituierenden Ärzte, sich zu schwierigen Problemen in diesem Behandlungsfeld beraten zu lassen", hieß es.

Das Land zählt laut KV 260 substituierende Ärzte. "Wir haben bisher 415 Anfragen verzeichnet", erklärt Scholz. "Rund ein Viertel der substituierenden Ärzte haben unsere Fortbildungen besucht."

Die Beratung sei aus Datenschutzgründen keine Fallberatung, sondern eine generelle thematische Beratung, um Patienten und Ärzte zu schützen, sagt Kai Bogs, in der Kammer zuständig für die Kommission.

Zudem biete das Kammergesetz keine Rechtsgrundlage für eine Übermittlung von Patientendaten an die ÄKN.

Von Familien und Nordseeinseln

Neben der Beratung befasst sich die Kommission auch mit systematischen Problemen der Opiatsubstitution.

Dabei geht es um "Schnittstellenprobleme bei Haftantritt und Haftentlassung", so die ÄKN, um die korrekte Verwendung der Substitutionsmittel oder um die umstrittene Take-Home-Regelung, bei der stabile Patienten mehrere Dosen Methadon zu nach Hause eigenständig einnehmen können.

"Die Vorkommnisse in Bremen und Hamburg haben uns sensibilisiert", erklärt Scholz die Gründung der Kommission.

In Bremen waren im Haar von Kindern substituierter Eltern Drogenrückstände entdeckt worden. In Hamburg ist im Januar ein Kind nach der Einnahme von Methadon gestorben.

"Für uns ist natürlich auch die Frage, inwieweit Ärzte Einblick in die Familien haben und eine Gefährdung des Kindeswohls verhindern können", sagt Scholz. Die Frage sei auch, was Ärzte tun können, dass die Substitionsmittel nicht in Hände dritter oder der Kinder gelangen können.

Aber auch ganz pragmatische Fragen beschäftigen die substituierenden Ärzte und die Kommission. "Wie kann zum Beispiel auf den Nordseeinseln die Urlaubs-Vertretung geregelt werden?"

Die Initiative in Niedersachsen wurde auch mit Hintergrund von Verstößen des Betäubungsmittelgesetzes durch Ärzte eingerichtet. Im Jahr 2008 hatte die KV nach einer Überprüfung 104 Verstöße durch Ärzte gegen das Betäubungsmittelgesetz festgestellt. Auch die Krankenkassen hatten vier Ärzte wegen Verstößen angezeigt.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Einsichten, die nicht allen schmecken

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Nutzenbewertung

IQWiG erkennt keinen Zusatznutzen für Alzheimer-Antikörper Lecanemab

Das könnte Sie auch interessieren
Was die MS-Behandlung auszeichnet

© Suphansa Subruayying | iStock

Lebensqualität

Was die MS-Behandlung auszeichnet

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

© AscentXmedia | iStock

Lebensqualität

Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Prognostizierbares Therapieansprechen?

© Stockbyte | gettyimages (Symbolbild mit Fotomodellen)

Antidepressiva

Prognostizierbares Therapieansprechen?

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Depression und Schmerz gehen häufig Hand in Hand

© brizmaker | iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Depressionsscreening

Depression und Schmerz gehen häufig Hand in Hand

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema

Ist das AMNOG bereit für HIV-Innovationen?

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Gilead Sciences GmbH, Martinsried
Arzneiforschung: Von Innovationen profitieren nicht nur Patienten, sondern immer auch die Gesellschaft als Ganzes.

© HockleyMedia24 / peopleimages.com / stock.adobe.com

Nutzenbewertung

Arznei-Innovationen: Investition mit doppeltem Nutzen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa)
7-Jahres-Daten belegen günstiges Nutzen-Risiko-Profil von Ofatumumab

© Vink Fan / stock.adobe.com

Aktive schubförmige Multiple Sklerose

7-Jahres-Daten belegen günstiges Nutzen-Risiko-Profil von Ofatumumab

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

ARE in Grafiken

RKI: Grippewelle deutet sich an

Lesetipps
Fünf Menschen im Wartezimmer.

© Tyler Olson / stock.adobe.com

Einteilung in fünf Gruppen

Diabetes:: Risiken für Komorbiditäten vom Subtyp abhängig

Im Krankenhaus wird der Patient unter Aufsicht eines Radiologen einer CT-Untersuchung unterzogen.

© Valerii Apetroaiei / stock.adobe.com

Vereinfachter Diagnose-Algorithmus

Lungenembolie mit weniger Bildgebung sicher ausschließen