Betäubungsmittelrecht

Machtlos im Kampf gegen "Legal Highs"

Das geltende Betäubungsmittelrecht versagt im Kampf gegen die als "Legal Highs" bezeichneten psychoaktiven Substanzen. Die Folge ist ein blühender Internet-Handel - und ein hohes Risikopotenzial für Jugendliche.

Raimund SchmidVon Raimund Schmid Veröffentlicht:
Designer-Droge Ecstasy beim Bundeskriminalamt: Der Kampf gegen "Legal Highs" ist schwierig, weil immer neue Varianten auftreten.

Designer-Droge Ecstasy beim Bundeskriminalamt: Der Kampf gegen "Legal Highs" ist schwierig, weil immer neue Varianten auftreten.

© Oliver Stratmann / dpa

WEIMAR. Die Zahl neu gemeldeter psychoaktiv wirkender Substanzen (NPS) erklimmt neue Rekordhöhen. Zwischen 2005 und 2013 sind 317 neue Substanzen identifiziert wurden - davon 81 Substanzen allein im Jahr 2013.

Auf diesen Trend hat Ralf Wischnewski, Suchtexperte bei der Drogenhilfe Köln, beim Kongress für Jugendmedizin in Weimar hingewiesen.

Der Konsum von NPS, die auch als "Legal Highs" oder "Research Chemicals" bezeichnet werden, ist mit erheblichen Gesundheitsrisiken verbunden.

Laut Wischnewski wurden bereits einige Fälle bekannt, bei denen nach dem Konsum von "Legal Highs" schwere, lebensgefährliche Vergiftungen aufgetreten sind.

Das Spektrum der Krankheitsbilder ist weit gefächert und umfasst primär die kardiovaskulären, neurologischen und psychiatrischen Bereiche.

Hier kann es zu Kreislaufversagen, Ohnmacht, Psychosen, Wahnvorstellungen, Muskelzerfall bis hin zu drohendem Nierenversagen kommen.

Als "Badesalze" getarnt

Ärzte sollten bei Auftreten solcher Symptome oder Erkrankungen immer auch den Konsum psychoaktiver Substanzen im Fokus haben, empfahl der Experte für Suchtprävention.

Die Vorgehensweise, "Legal Highs" auf den Markt zu bringen, sei immer die Gleiche: Bereits aus dem Drogenmarkt oder aus der medizinischen Forschung bekannte synthetische psychoaktive Substanzen werden in ihrer chemischen Struktur leicht verändert, um der Gesetzgebung zu entgehen.

Sie werden als "Badesalze", Räuchermischungen oder "Dünger" über das Internet in bunten und professionell gestalteten Tütchen vertrieben.

Das Centre for Drug Research der Uni Frankfurt (CDR) fand in einer Schülerbefragung 2012 heraus, dass in der Altersgruppe der 15- bis 18-jährigen Schüler bereits sechs Prozent mindestens einmal eine neue psychoaktive Substanz aus der Gruppe der Räuchermischungen (cannabisähnliche Wirkung) konsumiert haben.

Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) erfasst Substanzen allerdings nur dann, wenn deren genaue molekulare Strukturformel im Gesetz aufgenommen ist.

Sobald eine Substanz auf dem Markt auftaucht, die in ihrer molekularen Struktur nur kleinste Änderungen aufweist, unterliegt diese Substanz zunächst nicht dem Gesetz.

Regulierung über das AMG versagt

Herstellung, Besitz und Weitergabe sind somit nicht unter Strafe gestellt. Auch der Versuch, den Vertrieb über das Arzneimittelgesetz (AMG) zu regulieren, ist laut Wischnewski bislang nicht geglückt.

Der Europäische Gerichtshof hat im Juli 2014 entschieden, dass NPS nicht generell dem Arzneimittelbegriff des AMG unterliegen. Aktuell kann der Gesetzgeber so dem Handel über das Internet nur wenig entgegen setzen.

Ärzte und Drogenberater sind mit immer neuen Substanzmischungen und anderen Wirkpotenzen konfrontiert.

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Kommentare
Dr. Wolfgang P. Bayerl 12.03.201515:20 Uhr

Mir scheint, der Staat versagt hier, die Lücke ist schon lange bekannt!!!

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