Hintergrund

Pharmakotherapie und Prävention im Fokus von Solinger Ärzten und der Barmer

Ein neuer IV-Vertrag zwischen einem Arztnetz, einigen Kliniken und der Barmer ist nicht an eine bestimmte Diagnose gebunden. Es geht um die Vollversorgung der Versicherten der Kasse in der Region.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

Der Solinger Gesundheitsverbund "Solimed - Unternehmen Gesundheit" hat mit der Barmer eine zweite Großkasse als Vertragspartner gewonnen. Wie schon die AOK Rheinland/Hamburg hat auch die Barmer mit den Ärzten und Kliniken einen Integrationsvertrag zur Vollversorgung ihrer Versicherten abgeschlossen. Sie setzt dabei aber andere Schwerpunkte.

Kommanditgesellschaft aus 75 Ärzten und drei Kliniken

Aus dem Solinger Ärzteverein Solimed mit 145 Mitgliedern hat sich eine Kommanditgesellschaft gebildet, an der zurzeit 75 niedergelassene Ärzte und drei Kliniken beteiligt sind. Die Gesellschafter sind elektronisch vernetzt und arbeiten mit einer dezentralen, arztgeführten elektronischen Patientenakte. "Die zukünftige Grundlage für neue Modelle der medizinischen Versorgung wird unserer Einschätzung nach die vollständige Vernetzung der Akteure sein", schreiben die Solimed-Ärzte in einer Selbstdarstellung. "Durch die Optimierung der Kommunikation und des Informationsaustausches lassen sich die Behandlungsqualität steigern, unerwünschte Nachteile in der Patientenversorgung vermindern und ökonomische Effizienzen erzielen, von denen alle profitieren."

Für die Verbesserung der Patientenversorgung haben sich die Mediziner auf verbindliche Regeln der Zusammenarbeit verständigt, darunter den Einsatz von gemeinsam entwickelten klinischen Behandlungspfaden, etwa für Diabetes und KHK. Die gemeinsam erarbeiteten Pfade definieren unter anderem die Schnittstellen zwischen Haus-, Fach- und Klinikarzt. Langfristig wollen die Solimed-Akteure anhand von definierten Qualitätsindikatoren den Erfolg der Behandlung im Netz messen.

"Bemerkenswert ist die Koordination und Vernetzung dieser großen Anzahl von Ärzten und der Kliniken über alle Krankheitsbilder hinweg", sagt Bernd Kuss, Landesgeschäftsführer der Barmer in Nordrhein-Westfalen. Ein Vorteil des Vertrags sei, dass er nicht an eine bestimmte Diagnose gebunden ist, sondern für jeden Barmer-Versicherten in Solingen und Umgebung offen ist.

Während im Vertrag mit der AOK Rheinland/Hamburg die Behebung der Schnittstellenprobleme und die gesteuerte Behandlung der Versicherten im Mittelpunkt des Integrationsvertrags stehen, liegt ein Schwerpunkt bei der Barmer in der Absprache über die Medikation, berichtet Solimed-Geschäftsführer Dr. Stephan Kochen. "Es geht darum, Probleme zu verhindern, die durch die unabgestimmte Arzneimittelgabe entstehen können", sagt er.

Die Ärzte wollen den Datenaustausch über die verordnete Medikation, bekannte Diagnosen sowie Allergien verbessern und mit strukturierten, sektorübergreifenden Empfehlungen zur medikamentösen Therapie arbeiten. Die Ärzte erhalten dafür von der Barmer eine Betreuungspauschale zur Pharmakotherapie. "Wenn wir durch unsere Bemühungen Einsparungen erzielen, investiert die Barmer sie zum Teil wieder in Solimed", berichtet Kochen.

Ein weiterer Fokus des neuen Vertrags liegt auf der Prävention. Kochen lobt, dass die Barmer Ersatzkasse trotz der neuen Bedingungen des Gesundheitsfonds und der schwierigen wirtschaftlichen Lage für diesen Bereich Geld in die Hand nimmt. "Sie setzt nicht nur auf die optimierte Behandlung der bereits Erkrankten, sondern auch darauf, bei den noch Gesunden frühzeitig zu intervenieren." Die Kasse bietet den in Solimed eingeschriebenen Versicherten statt des üblichen zweijährigen Intervalls einen jährlichen Gesundheitscheck, der auch den Procam-Test zur Bestimmung des Herzinfarkt- und Schlaganfallrisikos und den PSA-Test zur Früherkennung von Prostatakrebs umfasst.

Zur Motivation der Versicherten werden die Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen von einem Bonussystem flankiert. Dafür vereinbaren Arzt und Patient konkrete Ziele, die individuell auf die einzelnen Patienten abgestimmt sind, sagt Kochen. "Über den Einsatz des Bonussystems können wir selbst entscheiden."

Mehr als 10 000 Patienten sind schon eingeschrieben

Die elektronische Vernetzung der Solimed-Ärzte und -Kliniken habe sich bewährt, berichtet Kochen. "Wir können inzwischen eine Menge über die EDV abbilden." Dazu gehören die klinischen Behandlungspfade und der Interaktionscheck für die Arzneimittel. In das Solimed-Netz haben sich inzwischen mehr als 10 000 Patienten eingeschrieben - das Netz steht auch Patienten offen, die nicht an den Integrationsverträgen der Barmer und der AOK Rheinland/Hamburg teilnehmen.

Besserer Datenaustausch ist eines der Hauptziele.

Wer sich ins Netz einschreibt, muss eine Einverständniserklärung über die Weitergabe der Daten zwischen den Behandlern unterschreiben. Die Ärzte stünden im ständigen Austausch mit den Landesdatenschutzbeauftragten, berichtet Kochen.

Solimed

In Solingen haben sich 75 niedergelassene Ärzte und drei Krankenhäuser zur Kommanditgesellschaft "Solimed - Unternehmen Gesundheit GmbH & Co. KG" zusammengeschlossen. Sie alle arbeiten mit dem EDV-System MCS Isynet und der Vernetzungssoftware comdoXX. Patienten, die sich ins Netz einschreiben, stellen sich aus den teilnehmenden Ärzten ein "persönliches Gesundheitsteam" zusammen. Innerhalb dieses Teams werden medizinische Daten und behandlungsrelevante Informationen ausgetauscht. In die elektronische Vernetzung haben die Gesellschafter nach eigenen Angaben rund 700 000 Euro investiert. Die EDV-Struktur war die Basis für den Abschluss von zwei Integrationsverträgen zur Vollversorgung mit der AOK Rheinland/Hamburg und der Barmer.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Vorleistung zahlt sich aus

Ihr Newsletter zum Thema
Lesen sie auch
Mehr zum Thema

Reform des Bereitschaftsdienstes

Neues Fahrdienst-Modell geht in Nordrhein live

Gesundheitspolitischer Wunschzettel

vfa-Chef Han Steutel: „Es lohnt, allen Stakeholdern gut zuzuhören“

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

© DG FotoStock / shutterstock

Update

Neue Podcast-Folgen

Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Herz mit aufgemalter Spritze neben Arm

© Ratana21 / shutterstock

Studie im Fokus

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Prävention durch Influenzaimpfung?

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Junge Frau spricht mit einer Freundin im Bus

© skynesher | E+ | Geytty Images

Update

Impflücken bei Chronikern

Chronisch krank? Grippeimpfung kann Leben retten

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Kommentare
Dr. Nabil Deeb 31.05.200922:00 Uhr

Umfangreiche Recherchen bezüglich der Pathophysiologie , Pharmako - Kinetik , Pharmakodynamik und Genetik-Untersuchungen und genaueren klinischen Untersuchungen der Patienten sind gravierend erforderlich.

Nabil DEEB
Arzt – Physician – Doctor
PMI-Ärzteverein e.V.

Umfangreiche Recherchen bezüglich der Pathophysiologie , Pharmako - Kinetik , Pharmakodynamik und Genetik-Untersuchungen und genaueren klinischen Untersuchungen der Patienten sind gravierend erforderlich.

Viele Menschen nehmen langfristig Acetyl Salicylsäure
(ASS) zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen
ein. sind bereits niedrige Dosierungen für die Langzeitprävention ausreichend ???.
JAMA
Auch wenn ASS im Allgemeinen gut vertragen wird, so kann
das Medikament doch zu erheblichen Nebenwirkungen führen,
die meist dosisabhängig sind. Gerade bei einem Medikament,
das so häufig verordnet wird wie ASS, ist es deshalb sehr wichtig,
die optimale Dosis zu definieren, um den maximalen Nutzen
aus der Behandlung zu ziehen und gleichzeitig die Risiken
so gering wie möglich zu halten.
Um herauszufinden, welche Zusammenhänge zwischen der
ASS-Dosierung und der Wirksamkeit und Sicherheit des Medikaments
bestehen, sind e umfangreiche Recherchen bezüglich der Pathophysiologie , Pharmako - Kinetik , Pharmakodynamik und Genetik-Untersuchungen und genaueren klinischen Untersuchungen der Patienten.

ASS-Wirkmechanismus

Sowohl die günstigen als auch die ungünstigen ASS-Effekte
können in erster Linie auf die Inhibition der Prostanoid-Biosynthese
zurückgeführt werden, insbesondere auf die Hemmung
von Thromboxan A2 (TXA2) und Prostaglandinen (z.B. PGE2
und PGI2). ASS inhibiert irreversibel die Cyclooxygenase 1
(COX-1) der Thrombozyten, dadurch sind die Blutplättchen
ausserstande, Prostaglandin H2 zu synthetisieren, das unter
normalen Umständen in TXA2 umgewandelt wird. Die COX-1-
Inhibition durch ASS hält während der gesamten acht- bis
zehntägigen Lebensdauer der Thrombozyten an.
COX-1 erfüllt verschiedene Aufgaben ausser der TXA2-Pro -
duktion in Blutplättchen. Von besonderer Bedeutung ist die
Synthese zytoprotektiver Prostaglandine in Zellen der Magenschleimhaut.
Wird COX-1 durch ASS gehemmt, können diese
Zellen erst nach einigen Stunden wieder magenschützende
Pros taglandine bilden.

Pharmakokinetik und Pharmakodynamik:-

Oral verabreichte ASS wird im Magen und oberen Gastrointes -
tinaltrakt rasch absorbiert, innerhalb von 30 Minuten werden
maximale Plasmaspiegel erreicht. Die systemische Bioverfügbarkeit
von ASS beträgt bei oralen Einzeldosen von 20 bis 1300 mg
etwa 50 Prozent. Es wurden unterschiedliche Methoden zur
Bestimmung der thrombozytenhemmenden Wirkung von ASS
untersucht, doch gibt es derzeit keinen Goldstandard zur Messung
der ASS-Pharmakodynamik.
In verschiedenen Studien wurde untersucht, wie man in der
Akutsituation mit ASS möglichst rasch eine maximale Thrombozytenfunktionshemmung
erreicht. Dabei zeigte sich, dass
man innerhalb von 15 Minuten maximale ASS-Wirkungen erzielen
kann, wenn man mindestens 162 mg (oder 324 mg) ASS
kaut oder auflöst und dann erst schluckt.


ASS – Nebenwirkungen :-

ASS geht – wie andere nichtsteroidale antiinflammatorische
Medikamente (NSAID) auch – mit einem erhöhten Blutungsrisiko
einher. Am häufigsten kommt es zu Blutungen im Magen-
Darm-Trakt. Eine aktuelle Untersuchung von Patienten, die mit
Ulkusblutungen hospitalisiert wurden, ergab, dass die niedrig
dosierte ASS-Therapie so häufig zu Ulkusblutungen führte wie
alle anderen NSAID zusammengenommen.
Durch die Inhibition von COX-1 in der Magenschleimhaut
reduziert ASS die Bildung zytoprotektiver Prostaglandine. Der
Einfluss von ASS auf die Prostaglandinspiegel im Magen ist
dosisabhängig, wobei schon eine Tagesdosis von 30 mg zu einer
fast 50-prozentigen Inhibition führt. Bei etwa 1300 mg ASS pro
Tag kommt es zu einer maximalen Inhibition. In Übereinstimmung
mit diesen Daten gehen alle konventionellen ASS-Dosierun

Sonderberichte zum Thema
SCD-PROTECT-Studie-- Frühe Phase nach Diagnose einer Herzinsuffizienz – deutlich höheres Risiko für den plötzlichen Herztod als in der chronischen Phase.

© Zoll CMS

SCD-Schutz in früher HF-Phase

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: ZOLL CMS GmbH, Köln
Abb. 1: Risikoreduktion durch Bempedoinsäure gegenüber Placebo in der CLEAR-Outcomes-Studie für den primären 4-Komponenten-Endpunkt (A) und den sekundären 3-Komponenten-Endpunkt (B) stratifiziert nach Diabetes-Status

© Springer Medizin Verlag

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Abb. 1: Studie DECLARE-TIMI 58: primärer Endpunkt „kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz“ in der Gesamtkohorte

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [4]

Diabetes mellitus Typ 2

Diabetes mellitus Typ 2 Präventiv statt reaktiv: Bei Typ-2-Diabetes mit Risikokonstellation Folgeerkrankungen verhindern

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Kopfschmerzen

Migräne: Welche Therapie bei älteren Patienten möglich ist

10 Fragen, 10 Antworten

Ausgeschlafen trotz Schichtdienst: Wie das klappen kann

Lesetipps
Stethoskop auf Geldmünzen

© oppoh / stock.adobe.com / Generated by AI

EBM-Abrechnung 2026

Vorhaltepauschale 2.0: Bei 10 Kriterien ist für jeden was dabei

Großer Andrang am Quartalsanfang? Mit der Ersatzbescheinigung könnten sich vor allem Menschen mit chronischen Erkrankungen den Weg in die Praxis sparen.

© Picture-Factory / stock.adobe.com

Neues Verfahren mit Potenzial

Das bringt die elektronische Ersatzbescheinigung den Praxen