Eckpunktepapier

Primärarztsystem: AOK setzt auf Teampraxis

Der AOK-Bundesverband skizziert Ideen für die ambulante Patientensteuerung: Für die hausärztliche Versorgung sollen bundeseinheitliche Standards gelten, Patienten Überweisungen zum Facharzt benötigen. Die Pflicht zu HzV-Verträgen soll abgeschafft werden.

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Wo geht's lang: Die AOK hat jetzt eigene Vorschläge für das heiß debattierte Thema Patientensteuerung vorgelegt.

Ersteinschätzungen zur Patientensteuerung sollen nach Vorstellungen des AOK-Bundesverbands in Primärversorgungspraxen und flankierend bei den Leit- und Terminservice-Stellen der Kassenärztlichen Vereinigungen erfolgen.

© primopiano / stock.adobe.com

Berlin. Mit einem eigenen Eckpunktepapier schaltet sich der AOK-Bundesverband in die Debatte um das Thema Primärversorgung ein. Unter dem Titel „Von Anfang an gut versorgt“ hat der AOK-Bundesverband am Mittwoch ein entsprechendes Papier vorgelegt. Mit ihren konzeptionellen Ideen will die AOK einen „bedarfsgerechten Zugang zur Versorgung“ für Patientinnen und Patienten und „mehr Effizienz im System“ durch gezielte Steuerung erreichen, heißt es darin.

Dabei fokussiert die AOK auf zwei Instrumente: Die hausärztliche Versorgung soll zu einem „teambasierten Primärversorgungssystem“ weiterentwickelt werden. Und um die Patienten schneller und zielgenauer in die richtige Versorgungsebene zu steuern, soll eine schnelle Ersteinschätzung über die Dringlichkeit entscheiden.

Die notwendigen Ersteinschätzungen zur Patientensteuerung sollen in Primärversorgungspraxen und flankierend bei den Leit- und Terminservice-Stellen der Kassenärztlichen Vereinigungen erfolgen.

Qualifizierte Überweisung für Facharztbesuche

„Wir brauchen eine stabile Grundversorgung, damit die Bevölkerung das Vertrauen in ihre gesundheitliche Absicherung nicht verliert“, sagte die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Carola Reimann. Anstelle der tradierten Einzelpraxis setzt Reimann dafür auf eine „teambasierte Aufstellung der bisherigen hausärztlichen Versorgung“.

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Für die Patientinnen und Patienten soll es nach AOK-Vorstellungen weiterhin eine freie Wahl der Fachärzte geben. Für den Besuch soll der Hausarzt künftig aber eine „qualifizierte Überweisung“ ausstellen. Ohne diesen Überweisungsvorbehalt sollen nur Kinder- und Jugendärzte und Gynäkologen aufgesucht werden dürfen. Auch für chronisch erkrankte Menschen und für Früherkennungsuntersuchungen soll es Ausnahmen geben.

Selbstzahlerleistungen nur noch in Spezial-Sprechstunden

Insgesamt verfolgt die AOK damit auch das Ziel, die langen Wartezeiten für GKV-Versicherte zu reduzieren. Damit GKV-Versicherte schneller Termine bei Fachärztinnen und -ärzten erhalten, sollen Selbstzahlerleistungen künftig nur noch in ausgewiesenen Sprechstunden angeboten werden dürfen, heißt es.

AOK fordert übergreifende Versorgungsplanung

  • Als wichtigen Baustein für die Weiterentwicklung zu einem Primärarztsystem plädiert die AOK für Ersteinschätzungsverfahren, die etwa bei den Leitstellen der KVen angesiedelt sind.
  • Um an die passenden Ärztinnen und Ärzte geleitet zu werden, soll die Behandlungsbedürftigkeit und -dringlichkeit der Patientinnen und Patienten etwa über die 116 117 eingeschätzt werden.
  • Als Ziel formuliert die AOK eine „sektorenunabhängige ambulante regionale Versorgungsplanung“, die übergreifend die Ressourcen der primärärztlichen sowie fachärztlichen Versorgung, ambulantes Operieren und auch ambulante Leistungen des Krankenhausektors beplant.

Mit ihren Ideen für eine Primärversorgung will die AOK „bundeseinheitliche Mindeststandards“ setzen und in die bestehende Bedarfsplanung eingreifen. Demnach soll der Gemeinsame Bundesausschuss Mindeststandards für einen neuen Versorgungsauftrag definieren. Auf dieser Basis soll künftig die ambulante Bedarfsplanung erfolgen.

Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes

Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes

© Jürgen Heinrich / SZ Photo / picture alliance

Hausärzte, die sich neu niederlassen, müssen dann die neuen Anforderungen erfüllen. Für bestehende Praxen stellt sich die AOK Übergangsregelungen vor. Für das Zielbild einer interprofessionell aufgestellten Teampraxis fordert die AOK neue Vergütungsregelungen.

Hausarztzentrierte Versorgung keine Kassen-Pflicht mehr

Im föderal organisierten System der Allgemeinen Ortskrankenkassen sollen regional gewachsene Strukturen aber weiterhin eine Zukunft haben. „Vor dem Hintergrund der sehr unterschiedlichen Voraussetzungen in Ballungsräumen und in der Fläche müssen aber regionale Spielräume ermöglicht werden“, umschreibt Reimann.

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Regionale Angebote, etwa wie die von der AOK Baden-Württemberg vorangetriebene HzV-Strukturen sollen auf freiwilliger Basis „weiter möglich bleiben“. Laut Konzept sollen die gesetzlichen Krankenkassen aber von der Pflicht befreit werden, eine hausarztzentrierte Versorgung (HzV) anzubieten.

Die AOK ist nicht der erste Kassenverband, der Vorschläge für die Ausgestaltung eines Primärarztsystems vorlegt. Der Verband der Ersatzkassen hat im März dazu bereits ein Papier vorgelegt. (gab)

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