Arzneimittelpolitik

Industrieverband vfa proklamiert erfolgsabhängige Arzneimittel-Vergütung

Seit Jahr und Tag sprechen forschende Pharmaunternehmen von Pay for Performance. Ohne dass sich viel getan hätte. Doch jetzt geht deren Interessenverband in die Offensive. „Wir brauchen eine Erstattung“, heißt es, „die das Risiko mangelnden Therapieerfolges fair teilt“.

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Arzneimittelkosten im Griff behalten durch outcomebasierte Erstattung? Die Innovationskomponente hat offenkundig soviel Fahrt aufgenommen, dass daran forschende Hersteller jetzt stärker interessiert sind.

Arzneimittelkosten im Griff behalten durch outcomebasierte Erstattung? Die Innovationskomponente hat offenkundig soviel Fahrt aufgenommen, dass daran forschende Hersteller jetzt stärker interessiert sind.

© peterschreiber.media / stock.adobe.com

Berlin. Besonders hochpreisige Arzneimittelinnovationen für vergleichsweise kleine Patientengruppen kommen häufig ohne umfassende Phase-III-Evidenz in den Markt. Ein Ausgleichsmechanismus zugunsten der Kostenträger könnte in Erstattungsmodellen nach dem Prinzip Pay for Performance (P4P) bestehen. Verordner hätten danach ein geringeres Regressrisiko, weil Hersteller für den Therapieerfolg und damit die Wirtschaftlichkeit einstehen. Im Gespräch ist diese outcomebasierte Innovationsvergütung schon lange – in der Praxis steckt sie jedoch nach wie vor in den Kinderschuhen.

Nun nimmt der Industrieverband vfa mit einem Positionspapier Anlauf, P4P-Modellen zum Durchbruch zu verhelfen. Im Rahmen regulärer Erstattungsbetragsverhandlungen seien sie zwar „rechtlich möglich“, betont der vfa, hätten bis dato aber „nur vereinzelt Einzug in das Erstattungssystem innovativer Arzneimittel gehalten“. Meistens würden sie nur auf selektivvertraglicher Ebene geschlossen, „also als nachgelagerte Verträge zwischen einzelnen Krankenkassen und pharmazeutischem Unternehmer“. Offenkundig will man das ändern.

Fehlanreize des RSA-Risikopools

2022 berichtete das Bundesamt für soziale Sicherung (BAS) in einem eigenen Gutachten zu Pay for Performance von bundesweit lediglich „85 Verträgen mit erfolgsabhängigen Vergütungsmodellen“. Die Behörde schätzte „das Finanzvolumen, das über solche P4P-Verträge abgerechnet wird, auf einen Betrag im mittleren dreistelligen Millionenbereich“. Noch viel Luft nach oben angesichts jährlicher Arzneimittelausgaben in der GKV von zuletzt weit über 50 Milliarden Euro.

„Wir brauchen eine Erstattung, die medizinischen Fortschritt aufnimmt und das Risiko mangelnden Therapieerfolges fair teilt“, so vfa-Präsident Han Steutel. Der damit auch zum Ausdruck bringt, dass bei andernfalls aus dem Ruder laufenden Ausgaben, etwa für neuartige Gen- und Zelltherapien, allgemein aufgesetzte Kostendämpfungsmaßnahmen die Branche insgesamt und unterschiedslos empfindlich treffen könnten.

Verantwortlich dafür, dass sich P4P-Modelle bislang nicht breiter haben durchsetzen können, macht Steutel – wie zuvor schon in seinem Gutachten das BAS – Fehlanreize durch den Risikopool des Risikostrukturausgleichs (§ 268 SGB V). Danach wird Kassen, deren Leistungsausgaben für einen Patienten den Schwellenwert von 100.000 Euro übersteigen, 80 Prozent der Mehrausgaben durch die Kassengemeinschaft ausgeglichen.

Dadurch würden P4P-Modelle begünstigt, bei denen der Kostenträger im Fall eines Therapieversagens eine hohe Rückerstattung erhält: da anlässlich der initialen Zahlung womöglich der Schwellenwert überschritten wurde und ein Kostenausgleich durch den Risikopool stattfindet, während etwaige Rückzahlungen eines Pharma-Partners nicht wiederum an den Pool abzuführen seien.

BAS soll saldieren

Zugleich würden P4P-Ratenzahlungsmodelle benachteiligt, da hier ein Kostenträger mit kleineren Beträgen einsteigt – „oft unter dem jährlichen Schwellenwert“, wie der vfa versichert – und weitere Erstattungstranchen erst abhängig vom Therapieverlauf fällig werden. Ausgleichszahlungen durch den Risikopool kommen dann nicht in Betracht.

Um diese Unwucht der RSA-Systematik zu beseitigen, müsse das BAS „über Jahre jeden Versicherten, der ein Arzneimittel mit P4P-Vertrag erhält“ anhand einer Fall-ID sowie umfangreicher Datenmeldungen der Kassen beobachten und danach Zuweisungen des Risikopools mit Rückzahlungen des Pharmaunternehmens verrechnen.

Darüber hinaus fordert der vfa eine Ergänzung der Regularien zur Vereinbarung von Erstattungsbeträgen. Im einschlägigen Paragrafen 130b SGB V solle ausdrücklich festgehalten werden, „dass sich die Erstattung alternativ an messbaren Therapieerfolgen orientieren kann und die Vereinbarung ratenbasierter Erstattungsmodelle möglich ist“. (cw)

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