KSVPsych-Richtlinie

Richtlinie ermöglicht psychisch Kranken eine neue Versorgung

Schwer psychisch Kranke erhalten künftig ein individuelles vernetztes Versorgungs- und Betreuungsangebot aus einer Hand. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss beschlossen. Neue medizinische Leistungen sind damit nicht verbunden.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Die KSVPsych-Richtlinie soll die Versorgung von psychisch kranken Menschen verbessern.

Die KSVPsych-Richtlinie soll die Versorgung von psychisch kranken Menschen verbessern.

© Microgen / stock.adobe.com

Neu-Isenburg. Der Titel ist ähnlich kompliziert wie der Inhalt der „Richtlinie über die berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit komplexem psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf (KSVPsych-RL)“.

In mehr als 30 Arbeitssitzungen hat der Gemeinsame Bundesausschuss die Richtlinie erarbeitet und jüngst beschlossen. Danach werden spezialisierte ambulante Ärzteverbünde den betroffenen Patienten ein individuelles Leistungspaket aus einer Hand schnüren, insbesondere um Hospitalisierung zu vermeiden oder zu verkürzen.

„Die Beratungen für diese Richtlinie waren nicht einfach, denn bei den berechtigterweise hohen Ansprüchen an die Netzverbünde mussten wir als GBA im Auge behalten, dass diese Ansprüche nicht zu Hürden werden, die eine Etablierung gänzlich verhindern“, so der GBA-Vorsitzende Professor Josef Hecken .

Ansprüche an Netzverbünde sind hoch

Zielgruppe der Richtlinie sind Patienten mit schweren psychischen Erkrankungen, betroffen sind rund 162 000 Menschen.

Das Herzstück der Versorgung sind – teils noch zu gründende – berufsgruppen- und sektorenübergreifend arbeitende Netzverbünde niedergelassener Fachärzte der Psychiatrie, Neurologie oder Nervenheilkunde sowie Psychotherapeuten (siehe Schema Versorgungsablauf).

Die Ansprüche an die Netzverbünde sind hoch: Ihnen müssen mindestens zehn Ärzte/Psychotherapeuten angehören, die einen Vollversorgungsauftrag haben. Der Netzverbund muss einen Kooperationsvertrag mit einem psychiatrischen Krankenhaus und ferner mit einem Leistungserbringer der Ergo- oder Physiotherapie und der psychiatrischen häuslichen Krankenpflege haben.

Eingebunden werden sollen sozialpsychiatrische Dienste, Kriseninterventionsdienste, Angebote der Eingliederungshilfe, Suchtberatungsstellen, Traumaambulanzen sowie Selbsthilfeorganisationen für Menschen mit psychischen Erkrankungen. Das Leistungsspektrum, das aus dem Netzverbund heraus organisiert wird, reicht dabei über den Rechtskreis des SGB V hinaus.

Zugang zum Netzverbund und dessen koordinierter Leistung erhält der betroffene Patient durch die Überweisung eines Vertragsarztes oder eine Empfehlung, etwa im Rahmen des Entlassmanagements eines Krankenhauses. Voraussetzung ist das Vorliegen einer Diagnose nach F10 bis F99 des ICD-10.

Bezugsarzt hat zentrale Funktion

Eine zentrale Funktion im Netzverbund hat der Bezugsarzt/Bezugspsychotherapeut. Er ist der Ansprechpartner für den Patienten. Er erstellt auf der Basis einer Eingangsuntersuchung einen Gesamtbehandlungsplan und kontrolliert die Erreichung der Therapieziele. Die organisatorische Arbeit der Versorgung obliegt einer nichtärztlichen Person; dies können Sozio- oder Ergotherapeuten, MFA, psychiatrische Krankenpflegekräfte, Sozialarbeiter oder Sozialpädagogen sein. Sie müssen eine mindestens zweijährige Erfahrung in der Versorgung von Patienten mit psychischen Krankheiten haben.

Es muss sichergestellt sein, dass bei Patienten jederzeit eine Krisenintervention möglich ist, auch durch Kooperation mit dem Bereitschaftdienst oder einer Klinik. Mindestens zweimal im Quartal sollen mit dem Patienten Fallgespräche unter Einbeziehung der an der Behandlung beteiligten Leistungserbringer stattfinden. Zur Beratung und Behandlung sind auch telemedizinische Verfahren möglich.

Nach einem halben Jahr müssen die Voraussetzungen zur Teilnahme an der Netzversorgung durch den Bezugsarzt überprüft werden. Sind die Therapieziele nachhaltig erreicht, soll eine Überleitung in die fachärztliche oder psychotherapeutische Regelversorgung erfolgen. Eine erneute Aufnahme in den Netzverbund ist möglich.

Lesen sie auch
Mehr zum Thema

Beratungsverfahren eingeleitet

G-BA: Zwei neue Datenerhebungen zu Orphans

Innovationsfonds-Projekt

Die „kurzstationäre Allgemeinmedizin“ geht live

Das könnte Sie auch interessieren
Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

© Aleksandr | colourbox.de

Fatal verkannt

Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

© polkadot - stock.adobe.com

Vitamin-B12-Mangel

Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

B12-Mangel durch PPI & Metformin

© Pixel-Shot - stock.adobe.com

Achtung Vitamin-Falle

B12-Mangel durch PPI & Metformin

Stigmatisierung von Depressionen

© Getty Images/iStockphoto

Häufige Vorurteile

Stigmatisierung von Depressionen

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Tierexperiment: Neuer Signalweg identifiziert

Essen in Sicht? Die Leber ist schon aktiv!

Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer